Blankes Entsetzen
scheiden lassen?«, fragte Reed.
»Ich weiß keine Einzelheiten«, sagte Novak.
»Aber Ihr Klient ist Scheidungsanwalt?«
»Ja. Aber ich glaube, er nimmt auch andere Fälle an.«
»Glauben Sie.« Reed hielt inne. »Sie sagten, Mrs Patston hätte um Hilfe gebeten.«
»Das hat Mr Allbeury mir erzählt.«
»Und als Sie Mrs Patston persönlich getroffen haben?«, fragte Reed.
»Das war nur, um ein Treffen zu arrangieren«, sagte Novak.
»Warum haben Sie das nicht telefonisch gemacht?«
Novak zuckte mit den Achseln. »Ich war gerade in der Gegend. Es erschien mir einfacher und persönlicher.«
»Und haben Sie nur Mrs Patston gesehen? Oder war ihr Mann auch da?«
»Nur sie. Und ihre kleine Tochter. Das arme Kind.«
»Ja«, sagte Reed. »Sie wissen also nicht, warum die Dame unglücklich war – das ist doch der Ausdruck, den Sie benutzt haben?«
Novak war schon im Begriff, Unwissenheit vorzuschützen, dann aber kehrte die Erinnerung wieder. Die Frau hatte so hübsch ausgesehen, so verletzlich, wie sie die Hemden an die Leine geklammert hatte, und dann war das kleine Mädchen zu ihr gerannt und hatte sich an seine Mutter geschmiegt. Und jetzt war ihre Mutter fort, für immer, und sie würden Tony Patston sowieso entlarven, aber wenn er sie nicht wenigstens auf die richtige Fährte setzte …
»Mir ist lediglich bekannt«, sagte Novak, »dass von Gewalt in der Familie die Rede war. Aber soviel ich weiß, ist das unbewiesen.«
»Gewalt gegen Mrs Patston?« Der wachsame Blick wurde noch schärfer.
»Gegen die kleine Tochter«, sagte Novak.
Er wappnete sich innerlich gegen weitere Fragen, um sowohl Clare als auch Maureen Donnelly nicht als Informationsquelle preisgeben zu müssen – der Gedanke, mit seinem losen Mundwerk eine wohlmeinende Krankenschwester in Schwierigkeiten zu bringen, behagte ihm überhaupt nicht.
Ganz zu schweigen von Robin. Denn dies war schließlich nicht das erste Mal, dass eine seiner Klientinnen ermordet wurde. Und Novak wusste nicht, was er davon halten sollte – wenn überhaupt etwas. Im Augenblick wünschte er sich nichts weiter, als dieses Gespräch hinter sich zu bringen und so schnell wie möglich hier rauszukommen.
»Und wer soll der kleinen Irina gegenüber gewalttätig geworden sein?«, fragte Sergeant Reed.
»Ihr Vater. Der Ehemann«, antwortete Novak. »Deswegen stand ich vor dem Haus. Um die Lage dort im Auge zu behalten.«
»Waren Sie im Haus der Patstons?«
»Noch nie.«
»Wie lange überwachen Sie die Leute schon?«
»Es ist keine richtige Überwachung«, sagte Novak.
»Wie würden Sie es denn bezeichnen?«
»Wie ich schon sagte. Ich habe sie ein wenig im Auge behalten.«
»Wie lange schon?«, wiederholte Reed.
»Seit gestern Morgen«, antwortete Novak.
»Warum gerade da?«
»Weil mein Klient Kontakt zu Mrs Patston aufnehmen wollte und sie nicht zu Hause zu sein schien.« Novak hielt inne. »Weil er sich Sorgen um sie machte.«
»Und um das Kind?«
»Ja.«
»Haben Sie diese angebliche Misshandlung des Kindes schon jemandem gemeldet?«, fragte Reed.
»Noch nicht.«
»Hat Ihr Klient«, Reed warf einen Blick auf seine Notizen, »Mr Allbeury, den Verdacht gemeldet?«
»Das weiß ich nicht«, sagte Novak. »Vielleicht war ja gar nichts dran.«
»Das ist aber nicht sehr wahrscheinlich, oder?«, sagte Reed.
Novak antwortete nicht; er sah wieder Joanne Patston vor sich.
»Wer hat Ihren Klienten auf den Verdacht der Misshandlung aufmerksam gemacht, Mr Novak?«
»Das weiß ich nicht«, sagte Novak, der sich bewusst war, dass dies die erste eindeutige Lüge war, die er von sich gab.
»Sind Sie ganz sicher, Mr Novak?«, fragte Reed.
»Ja«, sagte er. »Tut mir Leid.«
Fall Nr. 7/220770
PIPER WADE, E.
Kenntnisnahme/Prüfung
Schwebend
In Arbeit
Abgeschlossen
59.
»Wie geht es Ihnen?«
Jim Keenan, den Karen Dean aus dem Wohnzimmer gerufen hatte, um ihm von Sergeant Reeds Anruf zu erzählen, hatte zu Tony zurückkehren wollen, aber festgestellt, dass der in den Garten gegangen war. Da er den Moment für geeignet hielt, eine Pause in der Befragung einzulegen, ging er in die Küche, wo Sandra am Tisch saß.
Das Fenster überblickte einen kleinen Garten, der vom Licht aus der Küche recht gut beleuchtet wurde. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Tony Patston versuchte, über den Zaun zu verschwinden, würden sie es sogar jetzt, in der Dämmerung, mit Sicherheit bemerken.
»Ich weiß, das war eine dumme Frage, Mrs Finch«, sagte Keenan
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