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Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I

Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I

Titel: Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gsella
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kostlichen branntweyn vnd ouch zen litter schnappsz, vnd zack! gos eyn jeder sich inclusiv Jesus seyn haubt rappelvol, ehehehe. Von garstigen lidern, von lastig geruch vnd gerylps ward erfüllt das huß dißes paffen, vnd der gannze vereyn samt Jesus kam vnder dem tisch zu ligen. Dißer aber sprach seliglich in im selber: Fürwor sag ich euch, wo diß schnappsz mit solcherley weybern uffgesauffet würt in der welt, da ist alles im lot vnd allzeyt in friden vnd …
    (Anmerkung des Lektors: »Ist das noch Hebräisch? Fragment zweifelhaft.«)

    Bauernregel
    Wenn ein kühler rauher Wind die Blätter von den Bäumen weht und erster Schnee die Wiesen weißt, allmählich taut und jenen grauen Matsch zurücklässt, den steigende Wärme verschluckt, während an den Zweigen grüne Knospen sprießen und es so unerträglich heiß wird, dass man in jene Freibäder springt, die sich leeren, wenn ein kühler rauher Wind die Blätter von den Bäumen weht und erster Schnee die Wiesen weißt, ist relativ exakt ein Jahr vorüber.
    Früher war alles nervöser
    Ein Schuhanzieher ist hilfreich und gut, doch die größte Errungenschaft aller bisherigen Weltgeschichte liegt ohne Zweifel in der stetigen Verkleinerung der Tiermäuler samt sonstiger Angriffsorgane. Im Frankfurter Senckenbergmuseum steht neben allerlei markanten Dinos eine geiergroße Wespe, und der Lehrtext betont, dass die ersten Menschen zu ihren Zeitgenossen zählten. Das Wort von der Gnade der späten Geburt gilt als überzitiert, gewinnt aber neue Evidenz, sobald man sich die grundnervöse Aura damaliger Biergärten vor Augen führt; zumal derer mit Obstkuchenkarte.

E . STOIBER AUF GOMERA
    Ein Urlaubsbericht aus dem Jahre 2001
    »Nichtraucher, Herr … Strauß?«, fragte das Eincheck-Fräulein nach einem Blick auf den Reisepass und schlang den Adressaufkleber um den Griff seines silbernen Samsonite. Dann sah sie ihm ins Gesicht.
    Keine Reaktion.
    Trotzdem musste er schlucken.
    »Nein, bitte Kettenraucher.« Er lächelte bitter. So egal war ihm inzwischen alles. Krebs, Verhaftung, Schande – alles war längst piepegal und wurscht. Gestern morgen, just während seines Krachs mit Narben-Willy, hatte er, der Nichtraucher, sich plötzlich eine herumliegende Havanna gegrabscht und komplett auf Lunge reingepfiffen. Und gleich noch eine; mit diesem völligen Kretin von Ausweisfälscher. Edmund Strauß – darauf konnte nur ein eminenter Blödmann von Totalversager kommen!
    Immerhin schien die Fälschung gut zu sein. Kurz über seinen Kopf fuhr prüfend Stoiber. Die pechschwarze Afro-Look-Perücke hielt.
    Nach seinem zweiten Whiskey tat er’s doch. Im planerischen Reisevorfeld hatte er sich’s verboten; dank steigender Flugangst und alkoholbedingter Lockerung des Seelenlebens griff er etwa über Cordoba denn doch in die Jackettinnentasche und holte Rudi Hurzlmeiers Karikatur hervor samt drangeklebter Stricknadel. Kurz schaute er zum Sitznachbarn. Der schlief. Es folgten vier sehr schnelle Stiche, ins Herz und in die Birne natürlich.
    Er glaubte nicht an Voodoo, war gläubiger Christenmensch, immer gewesen. Doch Merz und Merkel hatte dieses Malschwein verdammt gut getroffen. Tausend Mark Falschgeld hatte er ihm, Hurzlmeier, zugesteckt. Für dieses Bild der zwei Topsuperwichser.
    Erneut stach Stoiber grimmig zu, verpackte dann die Zeichnung, schob einen dritten Whiskey schnaufend nach und schloss die Augen unter seinen Sunglasses. Laut Pilot verließ der Charterflieger nun das spanische Festland.
    »Bitte noch mal tres cervesa, por favore.« Sonnenuntergang nach einer fünfzehnstündigen Flug-, Schiff- und Busreise macht durstig, dachte Stoiber, kritisierte stumm die Zapfgeschwindigkeit an der Theke der Pension Maria, krallte sich das frische Gläsertrio und schritt streng geradeaus zurück zum Calera Beach.

    Der Feuerball versank in einem Panorama erster Klasse. Das Valle Gran Rey, dachte Stoiber, Gomera, aah, scheiß auf die Alpen!, dachte er, stak barfuß schwankend durch den schwarzen Sand und gesellte sich zu einem vielköpfigen Kreisel schulterfreier Blumenmädchen. Na hupp, dachte Stoiber und leerte den ersten lächerlich kleinen Humpen, dagegen war die Alte daheim aber schon ein Kaliber …
    »Grüß Gott!«, schrie er fast heraus, tat seinen rechten Arm um so ein braungebranntes Kind und rülpste kaum unmerklich, »where do you come from, baby?«
    »Hä? We … we are aus Schleswig, Ameland … Und you?«
    »Munich. Stoiber. I am besser als Merz und Merkel«,

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