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Blaubeertage (German Edition)

Blaubeertage (German Edition)

Titel: Blaubeertage (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kasie West
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sind heute zum Graben auf dem Friedhof gewesen.«
    Skye stößt einen kleinen Schrei aus. »Oh, ich hab total vergessen, dass das heute war. Wie war’s denn?«
    Xander ballt seine verbundene Hand zu einer Faust und öffnet sie wieder. »Ganz interessant.«
    Skye lächelt und wirft mir einen vielsagenden Blick zu.
    Mason scheint ein bisschen verwirrt zu sein, aber dann fragt er mich: »Wie geht’s deiner Mom?«
    »Ihr geht’s gut.«
    Im Zimmer herrscht für ein paar Sekunden Stille, bis Xanders Handy klingelt. Ich zucke zusammen. Er entfernt sich ein paar Schritte und nimmt den Anruf mit seiner eiskalten Stimme entgegen, die er für seinen Vater reserviert zu haben scheint.
    »Woher kennst du den Typen?«, fragt Mason.
    »Er ist der Enkel einer Kundin.«
    »Einer reichen Kundin«, fügt Skye hinzu.
    Mason richtet sich auf und hockt sich auf seine Knie. »Was für Zeug futtert ihr hier eigentlich?«
    »Schmeckt gut«, sagt Skye. »Schickimicki-Essen. Probier mal.«
    Xander kommt wieder zurück. »Caymen, ich muss los.«
    »Okay.«
    »War nett, euch alle kennenzulernen.« Erst, als er schon fast an der Tür ist und mich ansieht, wird mir klar, wie unhöflich ich bin. Ich springe auf, um ihn rauszubringen. Auf der Straße stelle ich mich vor sein Auto.
    »Du hast interessante Freunde«, sagt er. Das aufgesetzte Lächeln von vorhin im Restaurant erscheint wieder in seinem Gesicht. Ich mag es nicht.
    »Ja, sie sind toll.« Ich zeige auf seine Hosentasche. »Wer war das?«
    »Mein Dad. Notfall im Hotel.«
    »Was versteht man denn unter einem Hotel-Notfall?«
    »Diesmal hat irgendein Idiot beim Bügeln ein Loch in das Hemd eines Gastes gebrannt. Mein Auftrag ist es, ein Ersatzhemd aufzutreiben, wenn ich Glück hab, hier in der Stadt.« Er spricht mit seiner Geschäftsstimme: knapp und sachlich, als würde er mit einer Kollegin sprechen und nicht mit mir.
    »›Wenn ich Glück hab, hier in der Stadt?‹«
    »Na ja, hängt von der Marke ab. Kann sein, dass ich es in unserer florierenden Metropole nirgends auftreiben kann. Wenn nicht, muss ich nach San Francisco oder sonst wohin. Ich werde erst mal herumtelefonieren.«
    »Und warum seid ihr für irgendeinen Idioten verantwortlich, der sich ein Loch in sein Hemd brennen lässt?«
    Seine Hand steckt in der Hosentasche, er spielt mit seinem Schlüssel. Ist das ein Hinweis, dass er loswill? »Weil der Idiot, der das Loch ins Hemd gebrannt hat, einer unserer Angestellten ist. Äh, war. Ich bin ziemlich sicher, dass er gekündigt wurde.«
    »Gekündigt?«
    Xander braucht einen Moment, bis bei ihm ankommt, warum mich das aus der Fassung bringen könnte. »Er hat das Unternehmen eben einen wichtigen Gast gekostet.«
    Der Wind hat mir eine Haarsträhne ins Gesicht geweht, und als Xander seine Hand ausstreckt, um sie nach hinten zu streichen, trete ich ein paar Schritte zurück und nehme sie selbst aus dem Gesicht. »Viel Spaß bei deinem Notfall.«
    Er schaut auf die Lücke, die ich zwischen uns gelassen habe, schüttelt dann den Kopf und sagt kalt: »Er hat deine Mom kennengelernt?«
    »Was? Wer?«
    »Der Lippenring-Typ.«
    »Mason. Ja, hat er.« Bloß einmal, im Vorübergehen, aber im Moment ist es mir total egal, wenn Xander denkt, dass es mehr war. Ich bin wütend. Ich hatte gedacht, Xander wäre anders, aber der heutige Abend hat mir das Gegenteil bewiesen. Ich wollte nur, dass er anders ist.
    »Deine Mom findet ihn okay und du machst dir Sorgen, dass sie mich nicht okay findet?«
    »Masons Freunde haben mich noch nie ›Straßenköter‹ genannt. Also, ist das so schwer zu glauben?«
    »Was?«
    »Ich hab mitbekommen, was dein Freund gesagt hat.«
    Er lacht auf, kurz und bitter. »Ach, du meinst Robert? Deswegen bist du gegangen? Du hättest noch ein bisschen länger lauschen sollen, weil er damit nämlich mein Hemd gemeint hat. Er nennt Flanell ›Hundefänger-Stoff‹.«
    Meine Brust zieht sich zusammen und ich bin kurz davor, mich zu entschuldigen, aber das ist noch nicht alles, was mich heute Abend gestört hat. »Tja, wie gut, dass du’s nie wieder tragen musst.«
    Er zieht seinen Schlüssel aus der Tasche. »Tschau, Caymen.«
    »Tschau.« Ich blicke mich nicht noch mal um, auch wenn ich das schrecklich gerne tun würde. Ich wünschte, er würde mich aufhalten. Und für diesen Wunsch könnte ich mich ohrfeigen.
    Er tut es nicht.
    Hinten im Lagerraum packt Henry gerade seine Gitarre ein und Skye wickelt einen Schal um ihren Hals.
    Ich möchte nicht allein gelassen werden.

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