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Blaubeertage (German Edition)

Blaubeertage (German Edition)

Titel: Blaubeertage (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kasie West
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Wand getrennt ist.
    »Wirklich?«
    »Ja. Mir geht’s bestens.«
    Ich schnappe mir die Illustrierte und stopfe sie in meine Hosentasche.
    Nachdem sie eine Weile in der Küche herumgeklappert hat, ruft sie rüber: »War’s schön?«
    Ich gehe die viereinhalb Schritte zum Fernseher, schalte ihn aus und warte dann, dass sie sich zu mir aufs Sofa setzt. »Ja. Wir sind bei Skye gewesen und haben ein Grab geschaufelt. War ziemlich schräg.«
    »Das klingt ja großartig. Ich wünschte, du hättest deinen Freund mitgebracht. Ich hätte ihn gerne kennengelernt.«
    Nein, das hättest du nicht. Du hättest es schrecklich gefunden, ihn kennenzulernen. »Er hat eine Puppenphobie. Ein Kindheitstrauma.«
    »Tatsächlich?«
    »Nicht wirklich, Mom.«
    »Ein echter Schenkelklopfer, Caymen.«
    »Dein Sarkasmus wird immer besser.«
    Sie lacht. »Und, ist dieser Schulfreund dein Freund?«
    »Wir sind bloß befreundet.« Aber sind wir das überhaupt noch?
    »Tja, wenn das alles ist, worauf du aus bist, dann pass lieber auf. Du kennst den Unterschied zwischen einem ›Schulfreund‹ und einem ›Freund‹, oder?«
    Ich verdrehe meine Augen und lächele. »Jaja.«
    »Ein bisschen Abstand genügt«, sagt sie. »Brich mir ja keine Herzen.«
    »Du hörst dich wie Sokrates an, Mom.«
    »Ja, nicht wahr?« Ich höre eine Küchenschranktür auf- und zuklappen und denke, dass sie gleich zu mir aufs Sofa kommt, aber sie sagt: »Danke für das Sandwich, Süße. Ich werde es morgen essen. Ich hab schon was gegessen, als ich unterwegs war.«
    »Okay.«
    »Es tut mir leid, hereinzuschneien und dann todmüde zusammenzubrechen, aber ich geh ins Bett.«
    »Um acht Uhr?«
    »War ein langer Tag, erst von morgens bis nachmittags im Laden und dann noch quer durch die Stadt.«
    Ich springe auf und folge ihr durch den Flur. »Warte mal kurz.«
    Sie dreht sich um und schaut mich an. Das Licht im Flur ist aus und wir stehen im Dunklen. »Ja?«
    »Bitte sprich mit mir. Irgendetwas stimmt nicht.« Meine Mom und ich haben uns sonst immer alles erzählt. Die Kluft, die ich zwischen uns spüre, ist meine Schuld, das ist mir klar. All die Geheimnisse, die wir voreinander haben, stehen zwischen uns, aber sie muss mit mir sprechen.
    Sie schaut auf ihre Hände und ihre Schultern heben und senken sich. Sie weicht meinem Blick aus, als sie sagt: »Es ist nichts. Ehrlich.«
    »Bitte, Mom. Nichts sieht anders aus.«
    »Ich hab heute versucht, ein Darlehen bei der Bank aufzunehmen. Es wurde abgelehnt.«
    Ich brauche ihr die Frage eigentlich nicht zu stellen, tue es aber trotzdem: »Wozu ein Darlehen?«
    Endlich schaut sie auf. Ihre Augen sind rot und verheult. »Um ein paar Rechnungen bezahlen zu können, die noch ausstehen.« Sie nimmt meine Hand. »Aber ich möchte nicht, dass du dir deswegen Sorgen machst. Das schaffen wir schon. Wir hinken halt nur ein bisschen hinterher. Das ist nicht das erste Mal. Lass uns auf ein paar gute Monate hoffen. Wir müssen einfach nur ein bisschen vorsichtiger sein.«
    »Vorsichtiger sein?« Wie sollten wir noch vorsichtiger sein? Wir geben doch schon so gut wie gar nichts aus.
    »Mach dir keine Sorgen, okay? Es ist alles bestens.«
    Ich nicke und sie umarmt mich. Sorgen mache ich mir trotzdem.
    Ich schließe meine Zimmertür und spüre den Druck in meiner Brust. Die Zeitschrift gräbt sich in meinen Oberschenkel. Ich reiße sie aus meiner Hosentasche und streiche sie glatt. »Bist du den ganzen Stress überhaupt wert, Xander?«, sage ich zu seinem zerknitterten Gesicht.
    Am Montagmorgen lasse ich mir beim Anziehen Zeit. Ich habe mir das ganze Wochenende lang den Kopf zerbrochen, was ich Xander sagen soll. Ich habe keine Lust mehr auf dieses bedrückende Gefühl in meiner Brust, das sich dort eingenistet zu haben scheint.
    Als ich nach unten gehe, zieht meine Mom gerade den Reißverschluss der grünen Banktasche zu, in der wir das Geld zur Bank bringen, und steckt sie in ihre Handtasche.
    »Ich dachte, du hättest das Geld schon am Samstag zur Bank gebracht.«
    Sie zuckt zusammen. »Hast du mir einen Schreck eingejagt.« Sie lässt ihren Blick an mir hoch- und runterwandern. »Wow, toll siehst du heute aus. Ich hab dich schon seit Ewigkeiten nicht mehr in diesem Pullover gesehen. Er betont deine Augenfarbe. Ist das alles für diesen Jungen in der Schule?«
    Wenn ich meine Mom nicht so sehr lieben würde, würde ich sie jetzt erwürgen. »Nein, Mom, ich hab dir doch gesagt, dass wir bloß befreundet sind.« Und auf meine Schule geht er auch

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