Blaubeertage (German Edition)
überreagiere?«
»Das wollte ich damit nicht sagen. Wenn es meine Mom wäre, wäre ich ziemlich durcheinander, das weiß ich genau. Ich möchte dich nur nicht beeinflussen. Sag mir, was dir durch den Kopf geht.«
»Ich bin wütend und verletzt und beschämt – alles gleichzeitig. Ein einziges Gefühlschaos. Unfassbar, dass ihr das noch einmal passiert.« Ich zieh meine Knie auf den Sessel und drehe mich zur Seite, um ihn anzusehen. »Und ich fühle mich schuldig und egoistisch, weil ich mir wünsche, dass jemand gar nicht erst geboren wird. Aber ich möchte diese Veränderung nicht.«
»Du wirst damit klarkommen. Wenn du erst das Baby in den Armen hältst, wirst du nur so dahinschmelzen.«
»Nein, das werde ich nicht. Ich mag keine Kinder und Kinder mögen mich nicht. Diese Vereinbarung haben wir schon vor langer Zeit getroffen.«
Er lächelt. »Na ja, wenigstens hast du Zeit, dich daran zu gewöhnen.«
»Falls es denn stimmt.« Ich seufze und kneife meine Augen zu.
Mit seinem Daumen zieht er kleine Kreise auf meinem Handrücken. »Es ist so schön, dass du hier bist. Bei mir zu Hause. Du solltest jeden Tag kommen.«
Ich lache. »Mich genießt man am besten nur in kleinen Häppchen. Wo wir schon dabei sind, ich sollte wahrscheinlich los. Wir haben morgen Schule.«
»Kommt überhaupt nicht infrage. Du musst mindestens noch eine Stunde bleiben.« Er zieht mich zu sich in seinen Sessel. »Danke, dass du mit mir gesprochen hast. Ich weiß, wie schwer das für dich ist.«
Ich lege meine Stirn an seine. »Danke fürs Zuhören.«
»Bleibt’s immer noch bei morgen Abend?«
Morgen Abend? Ach ja! Berufsinformationsabend. Meine Mom, die angeblich auf das Treffen der Kleinunternehmer will. Völlig ausgeschlossen, dass ich mir das entgehen lasse. »Es bleibt dabei.«
»Und was ist mit heute Abend?«, fragt er und hält mich fest in seinen Armen.
Die Schmetterlinge in meinem Bauch heben wieder einmal ab. »Was soll mit heute Abend sein?«
»Was wollen wir in der nächsten Stunde machen?«
Ich tue so, als ob ich nachdenken würde. »An deiner Homepage arbeiten?«
»Haha.«
Ich versuche, ein ernstes Gesicht zu machen, was mir angesichts der Tatsache, dass sich dort ein permanentes Lächeln einnisten will, schwerfällt. »Nein, im Ernst, du solltest sie fertigstellen.«
Er legt seinen Kopf schief und sieht mich prüfend an. »Meinst du das gerade ernst?«
»Nein«, sage ich an seinen Lippen.
33.
I ch öffne die Ladentür, halte dabei die Ladenglocke fest und zerre Xander hinein.
»Was zum …?«
»Psst.« Ich horche ein paar Sekunden, um sicherzustellen, dass meine Mom nicht durch die Hintertür wieder reingekommen ist. Sie ist gerade eben gegangen … viel später als sonst. Ich habe Xander gesagt, dass er um halb sieben kommen soll, eine ganze halbe Stunde, nachdem sie eigentlich das Haus hätte verlassen müssen, aber als der Zeiger der Uhr immer weiter vorrückte, wurde mir klar, dass es knapp werden würde. Tatsächlich macht es die Verspätung für uns aber einfacher, denn jetzt können wir ihr folgen. Eigentlich hatte ich geplant, sie zu suchen.
Als ich endlich wieder Luft hole und zu Xander hochschaue, starrt er mich an. Meine Hand liegt auf seiner Brust und ich drücke ihn neben der Tür an die Wand. Mein Atem gerät ins Stocken.
Sein Atem, der über mich gleitet, dürfte eigentlich noch gar nicht so vertraut riechen. Ich schließe die Augen. Dann spüre ich, wie seine Lippen meine streifen. Am liebsten würde ich in seinem Kuss versinken, aber ich weiß, dass wir keine Zeit haben.
»Komm.« Ich packe ihn am T-Shirt, ziehe ihn zur Hintertür und öffne sie einen Spalt. Das Luigi befindet sich einen Block weiter und ich sehe, wie meine Mom am Ende des Seitenwegs um die Ecke biegt.
»Caymen«, sagt Xander hinter mir. »Kannst du mich bitte mal einweihen?«
»Ein bisschen Detektivarbeit. Privatdetektiv oder so.« Ich greife hinten in meine Jeans und ziehe die paar Fotos heraus, die ich mit Xanders Kamera von Matthew gemacht habe. Die Qualität ist miserabel, weil unser Drucker uralt ist, aber das Bild ist scharf genug.
»Wer ist das?«
Ich schlüpfe hinaus und er folgt mir. »Ich muss alles über diesen Typen wissen.«
»Okay … was wissen wir denn bis jetzt?«
»Nichts.«
Er räuspert sich. »Miss Wissenschaftsgenie hat keine konkreten Fakten?«
»Ich hab da so ein Gefühl.« Dass ich, falls meine Mom schwanger ist, so viel wie möglich über den potentiellen Vater wissen muss.
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