Blaubeertage (German Edition)
gibt’s häufig. Meine Mom kann unmöglich mit den Meyers der SCM Pharmazeutika verwandt sein. Das ist bloß ein Zufall. Ich werfe Mrs Dalton quer durch den Saal einen Blick zu. Die liebe Mrs Dalton lächelt mir zu.
Am Tisch sind alle Blicke auf mich gerichtet und mir wird bewusst, dass irgendjemand eine Frage gestellt haben muss. Jemand drückt mit seiner Hand mein Knie und ich zucke zusammen. Ich schaue runter, mein Blick gleitet an Xanders Schulter entlang bis zu seinen Augen. »Alles in Ordnung?«, fragt er.
»Nein … ja … ich muss nur mal kurz auf die Toilette.«
»Dort durch die Tür, sie sind auf der rechten Seite.« Er steht auf, zeigt mir die Richtung und küsst mich dann auf die Wange. »Und hau ja nicht durchs Fenster ab oder so. Wir kommen gleich zu dem superlangweiligen Teil. Den willst du auf keinen Fall verpassen.«
Ich versuche zu lachen, aber es gelingt mir nicht. Die Toiletten sind ein willkommener Ort zum Durchatmen. Ich schließe mich in einer der Kabinen ein und versuche das, was da eben passiert ist, in einen vernünftigen Zusammenhang zu bringen. Xander denkt, dass ich reich bin. Er denkt, dass ich aus einer reichen Familie komme. Das ist der Grund, warum sein Dad kein Problem mit mir hatte, als er meinen Namen gehört hat, und seine Brüder sich so benehmen, als wäre ich ihnen ebenbürtig. Ein Schluchzer entfährt mir und ich ersticke ihn mit der Hand.
»Reiche Typen sind blöd«, sage ich und zwinge mich, wütend zu werden, weil ich mir es im Moment nicht leisten kann, verletzt zu sein. Ich muss irgendwie in Würde hier rauskommen.
Ich will die Toilette verlassen und dabei knallt mir beinahe die Tür ins Gesicht, so schnell geht sie auf, ich schaffe es kaum, zur Seite zu springen.
»Tut mir leid«, sagt das Mädchen und rauscht an mir vorbei. Sie dreht den Wasserhahn an und fängt an, einen Fleck auf ihrer weißen Bluse zu bearbeiten. Als ich ihren schwarzen Rock sehe, wird mir klar, dass sie zu den Bedienungen gehören muss. Sie sieht aus, als sei sie den Tränen nahe.
»Alles in Ordnung?«
»Jemand hat mir Rotwein auf die Bluse gekippt und ich glaube nicht, dass ich den Fleck rausbekomme.« Sie reibt energischer und streckt ihre Hand dann zum Flüssigseifenspender aus. »Mein Chef wird mich zwingen, nach Hause zu gehen.«
»Warte. Nimm nicht die Seife. Hier, ich habe da was.« Ich greife in meine Handtasche und ziehe eine kleine Flasche mit Wasserstoffperoxid heraus. Die Puppen in unserem Laden bekommen nur selten Flecken, aber ab und zu richtet ein kleines Kid mit klebrigen Fingern oder jemand mit einem Becher Kaffee Schaden an. Und dieses Zeug ist ein Wundermittel. Ich träufele ein bisschen auf die Bluse der Frau und tupfe die Stelle dann mit einem Handtuch trocken, das ich mir vom Waschbecken nehme.
»Sieh dir das an. Wie durch Zauberhand.«
Sie inspiziert die Bluse und fällt mir dann um den Hals, um mich dann gleich wieder, rot geworden, von sich zu schieben. Wahrscheinlich ist ihr klar geworden, dass man Gäste nicht anfallen sollte. »Es tut mir leid. Ich wollte nur … Vielen, vielen Dank.«
»Es war bloß ein Fleckenentferner.«
»Ja, aber ich weiß das wirklich zu schätzen.«
»Keine Ursache.«
Sie wirft noch einen letzten Blick auf ihre saubere Bluse. »Dann gehe ich wohl lieber mal wieder zurück.«
»Ja, besser ist das.«
Sie verschwindet und ich lehne mich an die geflieste Wand. Ihre kleine Krise hat mich zwar für einen Moment abgelenkt, aber was mich draußen vor der Tür erwartet, hat sie nicht ungeschehen machen können.
Ich muss hier raus. Ich schaffe es nicht, Xander die Wahrheit ins Gesicht zu sagen. Ich gehe zurück in den Ballsaal und stolpere dabei im Flur beinahe über eine Frau mit Headset, die ein Klemmbrett in der Hand hält.
Ich will schon an ihr vorbeigehen, stoppe dann aber. »Gehören Sie zum Planungskomitee?«
Sie lächelt, wie sie es offenbar in Gegenwart der Gäste tun muss, aber ich kann deutlich den Stress in ihrem Blick erkennen. Wahrscheinlich denkt sie, dass ich mich beschweren will. »Ja. Kann ich Ihnen helfen?«
»Xander Spence meinte, meine Großeltern seien hier, aber ich kann sie nicht finden. Könnten Sie mir sagen, an welchem Tisch sie sitzen? Meyers.« Ich zeige auf ihr Klemmbrett, als wüsste sie nicht selbst, wo sich die Sitzordnung befindet.
»Selbstverständlich.« Sie blättert durch die Seiten, fährt mit dem Finger über eine Seite und sagt dann: »Ah, hier sind sie. Tisch dreißig. Ich zeig’s
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