Blaubeertage (German Edition)
Xander denn niemandem in seiner Familie erzählt, dass ich bettelarm bin? Aber wenn das stimmt, würde er dann jetzt nicht versuchen, die Bemerkung seiner Cousine zu überspielen, anstatt so zu klingen, als würde er ihr zustimmen?
»Wie auch immer, schön, dich kennenzulernen, Caymen, aber Bradley ist gerade eben gekommen und ich muss gehen.«
Wir schauen ihr hinterher und ich warte darauf, dass Xander jetzt, wo sie nicht mehr da ist, ihre Bemerkung ausbügelt. Vielleicht sagt, dass seine Cousine eine hochnäsige Ziege ist (was ja ganz offensichtlich stimmt). Aber er tut es nicht. Er reicht mir seinen Arm und sagt: »Komm, wir setzen uns.«
Er lotst mich direkt auf Lucas zu und ich sage: »Hat Scarlett nicht gesagt, dass wir sie meiden sollen?«
»Wir können ihnen doch nicht den ganzen Abend aus dem Weg gehen. Es gibt Tischkärtchen und ich habe Hunger.«
»Caymen«, sagt Lucas, steht auf und zieht mich mit einem Arm an sich. »Ich hätte nicht gedacht, dass du heute Abend kommst. Hattest du vor, es doch mal mit Langeweile zu versuchen?«
»Ja, na gut …« Ich weiß nicht einmal, was ich darauf erwidern soll. Ich bin immer noch völlig fassungslos, was Xander und Scarlett gerade eben von sich gegeben haben.
Er zeigt auf ein Mädchen zu seiner Rechten. »Das hier ist Leah.« Leah steht nicht auf, aber lächelt mich an.
»Freut mich, dich kennenzulernen.«
Xander zieht einen Stuhl für mich vor und ich lasse mich wie betäubt darauf fallen.
»Wo bleibt Samuel?«, fragt Xander und schaut sich um. Vor den übrigen beiden leeren Plätzen stehen noch zwei Namenskärtchen.
»Er ist auf dem Weg.«
Samuel kommt kurze Zeit später – weniger als fünf Minuten danach – und wie Lucas und Xander auf dem Flughafen umarmen sich auch Xander und Samuel, als hätten sie sich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Lucas gesellt sich dazu. Danach stellt Samuel uns sein Date vor und wir tauschen Höflichkeiten aus.
»Samuel«, sagt Xander und legt seine Hand auf mein Kreuz. »Das ist Caymen Meyers.«
»Die Caymen Meyers?« Er lächelt über das ganze Gesicht und es verblüfft mich, wie unterschiedlich die Brüder aussehen. Xander hat definitiv das dunkle Aussehen seines Dads geerbt, während die beiden anderen nach seiner Mom kommen.
»Ich hab schon viel von dir gehört«, sagt Samuel.
»Das tut mir leid.«
Wir setzen uns alle. Samuel hält sein leeres Glas hoch und gibt einem vorbeigehenden Kellner ein Zeichen, der dann kommt und das Glas füllt. »Caymen, du bist also mit den Meyers der SCM Pharmazeutika verwandt?«
Ich will gerade verneinen, aber Xander ist schneller. »Das sind ihre Großeltern. Sie sind heute Abend auf der Gästeliste.« Er schaut sich um. »Bis jetzt sind sie noch nicht da, aber sobald sie kommen, werde ich Caymen zwingen, mich vorzustellen.«
Samuel fährt fort: »Mein Dad hält große Stücke auf deinen Großvater. Er sagt, dass jeder, dem es gelingt, einen solchen Profit aus stinknormalen Ladenketten zu erwirtschaften, genial sein muss. Ich wäre gern so clever wie er.«
Ich bin zu perplex, um denken zu können. Ist das der Grund, warum Xanders Familie überhaupt keine Probleme mit mir hat? Hat er vorgegeben, ich sei reich?
36.
I ch habe keine Großeltern.«
Lucas und Xander lachen. Dann sagt Lucas: »Sie bringt diese Sprüche, ohne die Miene zu verziehen. Woher weißt du, ob sie einen Scherz macht oder nicht, Xander?«
»Sie macht immer Scherze.«
Samuel lächelt und dann sagt er: »Bis Xander mich aufgeklärt hat, wusste ich gar nicht, dass die Meyers Verwandtschaft hier in der Gegend haben.«
Xander nickt. »Das war mir auch nicht klar. Aber Grammy hat es mir erzählt.«
Nichts davon ergibt irgendeinen Sinn. Mrs Dalton muss verwirrt sein. Wie kommt sie darauf, dass ich mit diesen megareichen Meyers verwandt bin? Bloß, weil wir denselben Nachnamen haben?
Ich schlucke mühsam und lasse meinen Blick über die Tische neben uns gleiten. Dann fasse ich die Tür ins Auge und starre die Leute an, die hereinkommen. Eigentlich sollte das ja ein Witz gewesen sein, von wegen, dass ich keine Großeltern habe. Ich habe Großeltern, auf beiden Seiten. Ich kenne sie bloß nicht. Die Eltern meiner Mom haben sie auf die Straße gesetzt, als sie mit mir schwanger war, und die Eltern meines Dads haben sie mit Schweigegeld abgefunden, damit sie den Mund hält. Ich habe die konservativsten und stursten Großeltern, die man sich vorstellen kann. Meyers ist der Nachname meiner Mutter, aber den
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