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Blaubeertage (German Edition)

Blaubeertage (German Edition)

Titel: Blaubeertage (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kasie West
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Ihnen.«
    »Vielen Dank.«
    Ich habe das Gefühl, als würde ich unter Wasser laufen. Meine Beine bewegen sich in Zeitlupe; mein Kopf pocht. Sobald wir im Saal sind, gehe ich rückwärts auf die nächste Wand zu und sie stellt sich neben mich.
    »Dort drüben sitzen sie. Die Frau im türkisen Top. Können Sie sie sehen?«
    Ich folge der Richtung ihres Fingers bis zur Dame in Türkis. »Ja, da ist sie ja. Danke.«
    »Kein Problem.« Die Frau vom Komitee entfernt sich schnell, wahrscheinlich reagiert sie auf die Stimme, die in ihrem Headset brüllt.
    Sie wenden mir den Rücken zu. Die Frau in Türkis hat schulterlange dunkle Haare und die des Mannes neben ihr sind vornehm grau. Ich halte mich am Rande des Saals, taste mich langsam vor und warte auf den Moment, in dem ich ihre Gesichter sehen kann. Endlich habe ich sie vor mir. Ich warte darauf, dass mir ein Licht aufgeht, so etwas wie ein Wiedererkennen, irgendein Gefühl, aber nichts passiert. Der Druck auf meiner Schulter wird ein kleines bisschen weniger.
    Die Frau schaut hoch und unsere Blicke treffen sich. Und das, was ich in ihrem Gesicht lese, verstärkt den Druck auf meinen Schultern sofort wieder, und zwar um zusätzlich zwei weitere Tonnen: Sie erkennt mich. Ihr Mund formt das Wort »Susan.« Das kann ich von der Stelle, an der ich stehe, quer durch den Saal sehen. Mein Gesicht wird heiß, als ich den Namen meiner Mom auf ihren Lippen lese.
    Mrs Dalton ist doch nicht plötzlich senil geworden. Diese Meyers sind meine Großeltern.
    Die Frau greift nach dem Unterarm ihres Mannes und er schaut sie verwirrt an. Was danach kommt, warte ich nicht ab. Ich mache auf dem Absatz kehrt und stürze schnurstracks auf die Tür zu – und laufe dabei Xander direkt in die Arme.
    »Da bist du ja. Sie haben gerade die Vorspeise serviert. Kaviar und Cracker mit irgendeiner Art griechischem Salat. Magst du Kaviar?«
    »Keine Ahnung. Hab ich noch nie probiert.« Was er vorhin gesagt hat – von wegen meine Mom sei krass und die Sache mit dem »Über-dem-Laden-Wohnen« –, fällt mir wieder ein. Er denkt, dass meine Mom das mit Absicht gemacht hat. Um mir zu zeigen, wie die andere Hälfte lebt. Und erst jetzt wird mir klar, dass sie das in gewisser Hinsicht auch getan hat. Meine Mom ist reich aufgewachsen. Das ist der Grund, warum sie so viel mehr darüber weiß, als sie eigentlich sollte. Meine Mom …
    Sie hat mich angelogen. Mein Leben ist eine Lüge. Nein. Ihr Leben ist eine Lüge. Meins ist die Wahrheit. Wir sind pleite. Wir leben von der Hand in den Mund. Ein Brotkrümel zu viel, den wir essen, könnte den Ruin unseres Ladens bedeuten.
    »Was ist los? Was habe ich falsch gemacht?«, fragt Xander.
    Mein Blick muss wohl tödlich sein, so außer mir bin ich vor Zorn. »Du mochtest mich nur, weil du dachtest …« Ich kann den Satz nicht einmal beenden. Ich bin viel zu wütend. Nicht nur auf ihn. Auf alles. Auf meine Mom, die Situation, die Großeltern, die ich nicht einmal kenne. »Ich muss gehen.«
    Ich wirbele genau zum richtigen Zeitpunkt herum, um in ein weiteres vertrautes Gesicht zu blicken. In eines, das ich lieber gar nicht erst sehen möchte. Roberts. Bei seinem Anblick wünschte ich, ich hätte ihm beim letzten Mal doch die Cola ins Gesicht geschüttet.
    Xander packt mich am Arm. »Warte. Lass uns reden.«
    »Ich glaube, ich habe deinen Namen nie richtig mitbekommen«, sagt Robert.
    »Ich habe ihn dir nie gesagt«, knurre ich.
    »Wo ist denn dein Freund heute Abend? Mason, richtig? Er ist echt ein guter Sänger.«
    Xanders Griff wird fester. »Robert, das ist jetzt kein guter Zeitpunkt.«
    »Ich hab sie bloß letzte Woche bei einem Konzert gesehen. Mir war nicht klar, dass sie und Mason zusammen sind.«
    »Sind wir nicht«, sage ich.
    »Was meinst du damit?«, fragt Xander und lässt meinen Arm los.
    »Die haben wild herumgeknutscht.«
    »Nein. Haben wir nicht.« Aus dem Augenwinkel heraus sehe ich, wie meine Großmutter auf uns zusteuert. Sie wird gleich hier sein. »Ich muss los.«
    »Caymen.« Xanders Blick sieht verletzt aus, aber ich bin genauso verletzt. Zu verletzt, um denken zu können. Zu verletzt, um mich gegen Robert, das Arschloch, verteidigen zu können. Ich will einfach nur abhauen.
    Und das tue ich.

37.
    D ie unterschiedlichsten Gefühle toben in mir und versuchen, die Oberhand zu bekommen. Da ist die wahnsinnige Wut auf meine Mom, weil sie mich mein ganzes Leben lang angelogen hat. Aber gleichzeitig möchte ich mit meinem frisch gebrochenen Herzen am

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