Blaue Wunder
Kerlen rumzuärgern, denen man schon ansehen konnte, dass sie einem nach den ersten drei Monaten wilder Leidenschaft nichts als Stress machen würden. Aber ich bin immer wieder auf die Typen reingefallen. Und seither mag ich nur noch die kleine Minderheit von Männern, denen man nichts Böses zutraut. Im Wesentlichen sind das Johannes B. Kerner und Tom Hanks. Oder fällt dir noch jemand ein?»
«Der Papst?»
Wir kicherten, und ich entspannte mich etwas.
«Was ist mit deinem Typen, Elli? Der hat sich doch wohl auch total mies benommen. Verschweigt dir, dass er verlobt ist, und schießt dich ab, sobald die Alte wieder auftaucht. Nicht gerade die feine Art.»
«Ich weiß.»
«Und? Willst du ihn wirklich immer noch zurückhaben?»
«Ja.»
«Das ist so was von total daneben. - Aber mir würde es nicht anders gehen.»
Wir tauschten einen verständnisvollen Blick, und ich dachte, die Situation könnte eigentlich sehr angenehm sein, wenn nicht die Sache mit der drohenden sexuellen Annäherung im Raum stünde.
Tina stellte ihr Weinglas ab, kroch unter meinen Teil der Decke und legte mir ihren Arm um die Hüften. Also, ja, mir war das alles unangenehm. Ich verfluchte meine missliche Lage, zermarterte mir das Hirn, wie ich mich befreien könnte, und wünschte mir mehr als alles auf der Welt einen Mann ins Bett, irgendeinen Mann, von mir aus sogar Bert. Tina strich mir leicht über meinen Bauch, den ich einzog, obschon ich ihr ja eigentlich gar nicht gefallen wollte. Aber das Baucheinziehen ist bei mir zu einem schier unkontrollierbaren Reflex geworden.
«Du hast total glatte Haut», flüsterte Tina.
«Ich benutze zweimal die Woche ein Körperpeeling der Marke Bio- therm», krächzte ich in der Hoffnung, das Gespräch und somit auch die Stimmung zu entemotionalisieren.
«Dein Bauch ist so schön weiblich. Ich muss mich jeden Tag durch fünfzig Sit-ups quälen, damit ich im Fernsehen nicht rüberkomme wie eine Schwangere, die den Geburtstermin schon überschritten hat.»
Tina streichelte noch immer meinen Bauch. Mir wurde die Sache jetzt wirklich zu belastend. Ich war für die gleichgeschlechtliche Liebe nicht geschaffen, das war mir leider erst jetzt eindeutig klar geworden. Ich schloss die Augen, holte tief Luft und setzte zu einer Erklärung an. Aber Tina kam mir zuvor.
«Du, Elli, ich muss dir was sagen, und du musst mir versprechen, dass du es nicht persönlich nimmst.»
Ich nickte und schaute sie angespannt an. Gefiel ich ihr etwa nicht?
«Ich kann das nicht, Elli.»
Ich war sprachlos. Also, das war ja ungeheuerlich. Erst lockt mich dieses lesbische Luder gegen meinen Willen in ihr Lotterbett, versucht mich betrunken zu machen, lobt meinen Bauch und meine Haut, macht mir Hoffnungen, versucht, mir ihre perversen Neigungen aufzuschwatzen - und lässt mich dann fallen, kurz vor dem Vollzug!
«Es liegt wirklich nicht an dir. Ich finde dich ganz toll, das musst du mir glauben. Du bist genau so, wie ich immer gerne gewesen wäre: total reizend, weiblich, verletzlich, manchmal etwas naiv, eine richtige Frau eben. Aber das Problem ist, dass ich in eine andere Frau verliebt bin, schon seit drei Monaten, aber davon weiß niemand. Carolin hat mich vor drei Tagen verlassen, und als Erdal mir sagte, du suchst Ablenkung, na ja, da dachte ich, dass sich das ja günstig trifft. Es tut mir total Leid, aber ich kann nicht aufhören, an Carolin zu denken.» «Du wolltest mich eigentlich nur benutzen?» Ich war maßlos erleichtert - und ein klitzekleines bisschen beleidigt.
«Mmmh, stimmt, genauso wie du mich.» «Toll, zwei Frauen auf der Suche nach Ablenkung. Das hat ja spitzenmäßig funktioniert.»
Ich musste kichern, es war wirklich zu absurd.
«Aber immerhin habe ich dich vor Bert gerettet.»
«Da hast du Recht. Und jetzt, wo das geklärt ist, können wir ja endlich die wichtigen Dinge des Lebens besprechen: Warum hat Carolin dich verlassen, und findest du wirklich, dass mein Bauch nicht zu dick ist?»
Wir lagen noch bis fünf Uhr morgens im Bett, tranken sehr viel Wein, aßen dazu Negerküsse, und Tina erzählte mir ihre Liebesgeschichte.
Nachdem die beiden drei Monate heimlich ein Paar waren, hatte Carolin darauf bestanden, dass Tina sich zu der Beziehung bekannte. Tina war das noch zu früh gewesen. Schließlich sei sie durch ihre Sendung eine Person öffentlichen Interesses und könne es sich nicht leisten, sich von heute auf morgen als Lesbe zu outen. Carolin hatte daraufhin Schluss gemacht und nicht mehr auf
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