Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift
würde?
»Wenn Sie sich aus irgendeinem Grund bedroht fühlen, Herr Barkau, dann müssen Sie uns das mitteilen«, sagte Schneekluth abschließend, »wenn es sein muss, können wir Personenschutz für Sie veranlassen.«
Schneekluth schien nicht sehr viele Erfahrungen mit derlei Maßnahmen zu haben – Broders und Pia wechselten einen vielsagenden Blick. Aber das Angebot an sich war schon nobel.
13. Kapitel
Z um zweiten Mal in dieser Woche wurde ein Spurensicherungsteam in die Wohnung von Moritz Barkau und Hinnerk Joost beordert. Dieses Mal galt dessen Aufmerksamkeit vor allem den Lebensmittelvorräten. Gabler hoffte natürlich darauf, dass man die restlichen Dosen mit dem Diätpulver sicherstellen würde, die direkt nach dem Einbruch noch nicht beachtet worden waren.
Als Kommissar Schelling am Nachmittag seine Ergebnisse an Kriminalrat Gabler weitergab, knirschte dieser missmutig mit den Zähnen. Das Geräusch verursachte bei dem sonst nicht überempfindlichen Spurensicherungsfachmann eine Gänsehaut auf den Armen.
»Wenn ich etwas verabscheue, dann ist es Gift«, meinte Gabler in vertraulichem Ton zu Schelling, »so heimtückisch und niederträchtig. Keine Tatzeit, kein Alibi, alles hängt in der Luft. Die Opfer ahnen nicht einmal, was los ist, bis es zu spät ist.«
»Der Mann, dessen Wohnung wir durchsucht haben, scheint ja mit einem blauen Auge davongekommen zu sein«, erwiderte Schelling. »Wenn die toxikologischen Untersuchungen des Krankenhauses nicht gewesen wären, hätte man weiterhin an eine akute und heftige Magen-Darm-Grippe denken können. Zumal wir heute nicht die Spur von irgendwelchen Diätpülverchen in der Wohnung entdecken konnten.«
»Sind denn direkt nach dem Einbruch irgendwelche Dosen mit oder ohne Diätpulver bemerkt worden?« »Nein. Weder leere noch volle. Aber wir haben damals natürlich auch nicht gewusst, dass das wichtig werden würde. Es sah alles nach einem Einbruchdiebstahl aus.«
»Tja, nun haben wir allein Moritz Barkaus Wort, dass er am Montagabend nichts als diese zwei Diätgetränke zu sich genommen hat, die Marlene Liebig ihm angeblich zuvor in der Firma geschenkt hatte«, sagte Gabler unzufrieden.
»Broders und Korittki waren vorhin mit Rainer Schneekluth vom K11 bei ihm im Krankenhaus.
Gefällt mir nicht sonderlich, die ganze Geschichte. Jetzt haben wir einen Mord, einen Mordversuch und einen Vermisstenfall am Hals, aber bisher kein plausibles Motiv in Aussicht.«
»An den Proben, die wir aus der Segeljacht geholt haben, sind die im Labor noch dran. Aber wenn die Ergebnisse kommen, wissen wir sicherlich, was sich am vergangenen Wochenende an Bord der Juvenile abspielt hat.« Schelling wollte es aber eigentlich gar nicht so genau wissen.
»Wäre ja auch noch schöner, wenn nicht«, knurrte Gabler. Seitdem er nicht mehr rauchte, lutschte er Lakritzpastillen. Er schob sich zwei in den Mund. Schelling verabschiedete sich von ihm und verließ den Raum. Er war froh, nicht in Gablers Haut zu stecken. Er sicherte die Spuren und konzentrierte sich auf die Fakten. Sein Vorstellungsvermögen strapazierte er bei seiner Arbeit nur bedingt. Das sicherte ihm die meiste Zeit über ruhige Nächte und die Kraft, jeden Tag mit einem gewissen Enthusiasmus mit seiner Arbeit fortzufahren. Wem war damit gedient, wenn er sich in seinem Job kaputtmachte?
Die Konfrontation mit Hinnerk Joost war unausweichlich. Als Pia am Freitagabend von der Arbeit nach Hause kam, stand er vor dem Gang zu ihrem Haus und wartete auf sie. Um zu ihrer Wohnung zu gelangen, musste sie den schmalen Durchgang passieren, der in den engen, üppig begrünten Innenhof mündete. Von dort gingen die Eingänge zu den Hinterhäusern ab, zwei- oder dreistöckig, eng verschachtelt und windschief.
Die Geräuschkulisse war hier in den Wohngängen ähnlich wie die auf einem Campingplatz. Immer schepperte irgendwo ein Radio, die Leute stritten sich, sangen unter der Dusche, und neuerdings hörte man auch ab und zu Kindergeschrei. Pia wohnte gern hier, gab ihr die zentrale, etwas beengte Lage doch das Gefühl, niemals ganz allein zu sein.
Sie stieg vom Rad und begrüßte Hinnerk reserviert. Seit ihrem letzten Telefonat am Donnerstagmorgen hatte sie ihm nur die zwei Sätze auf seine Mobilbox gesprochen. Es war einfach zu viel los gewesen. Die letzte Dienstbesprechung hatte sie einiges an Nerven gekostet, und es war spät geworden. So war das nun mal im K1, keine geregelten Arbeitszeiten, wenig Raum fürs Privatleben. Je
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