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Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift

Titel: Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt , luebbe digital
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Rufen eher wie ein Krächzen klang, das von der Kaufhausmusik und dem Rauschen der Belüftungsanlage mühelos übertönt wurde.
    Nun wurde er langsam panisch und hastete auf eine Verkäuferin zu, die er in der anderen Abteilung erspäht hatte. Wenn nun jemand seiner Kleinen etwas zuleide tat, es gab zu viele Perverse auf der Welt ... Clarissa!
    Die Verkäuferin telefonierte gerade und winkte ab. Es war seine Schuld, wie hatte er das Kind nur aus den Augen lassen können? Seine Tochter und seine Enkeltochter. Verschwunden! Ihm wurde schwindelig.
    Da sah er sie. Die Erleichterung, Clarissa vor einem Ständer mit Parfümflaschen knien zu sehen, war von einer Woge Übelkeit begleitet. Er atmete einmal tief durch. Dann setzte er dazu an, sie nochmals zu rufen.
    Doch plötzlich stutzte er. Da war eine Frau, die sich zu Clarissa hinunterbeugte und ihr etwas zeigte. Eine ihm unbekannte Frau in einem dunklen Mantel. Er war empört.
    Fremde Kinder anzusprechen, sie vielleicht sogar fortzulocken, ihn in solche Ängste zu stürzen! Er ging entschlossenen Schrittes auf die Frau zu. Frieder Brinkmann räusperte sich geräuschvoll, und Clarissa sah zu ihm auf.
    »Opa, schau mal, wen ich getroffen habe.«
    »Was tun Sie da?«
    Die Frau sah auf. Erst war ihr Blick verständnislos, dann lächelte sie. Clarissa bemerkte nicht, was zwischen den Erwachsenen vor sich ging. Sie stupste die Frau an, um sie auf einen weiteren Flakon aufmerksam zu machen. Die Frau beachtete sie jedoch nicht mehr. Sie fixierte ihn aus hellen Augen und mit einem Blick, der ihm einen Schauder über den verschwitzten Rücken jagte.
    »Kennen wir uns?«, fragte er. Sie kam ihm merkwürdig bekannt vor, aber sein Gedächtnis gab keinerlei Namen oder Zusammenhänge preis. Sie erschreckte ihn mehr, als dem boshaften Ausdruck in ihren Augen angemessen war.
    »Herr Brinkmann. Wie nett. Ich habe Clarissa hier scheinbar ganz allein im Kaufhaus angetroffen. Das ist doch gefährlich, dachte ich, bei allem, was man heutzutage so durch die Medien erfährt.«
    »Wer sind Sie?«
    »Ihr schlechtes Gewissen.« Sie lächelte wieder.
    »Opa, das ist eine Freundin von Mama.« Clarissa zupfte der Frau am Ärmel. »Weißt du, Mama ist nämlich verreist.«
    »Ach ja. Wo ist sie denn?«, fragte die Frau das Kind in interessiertem Tonfall. Frieder hob seine Enkeltochter kurz entschlossen hoch und nahm sie auf den Arm.
    »Wir müssen los, Clarissa. Oma wartet schon.«
 
    »Eine Frechheit«, sagte Friedhold Brinkmann zu Hause in der Küche zu seiner Frau. »Wer mag sie gewesen sein?«
    »Das weißt du nicht? Ich habe sie zwar nicht gesehen, aber nach dem, wie du sie mir beschrieben hast. Die Augen und die Haare ...«
    »Es kann nicht Doro gewesen sein. Sie wohnte in Barsinghausen. Das alles ist viel zu lange her.«
    Inge war damit beschäftigt, den Kaffeetisch abzuräumen. »Warum denn nicht Frieder? Denk an ihre Worte«, sagte sie in den erleuchteten Kühlschrank hinein.
    »Das schlechte Gewissen? Gibt sie etwa mir die Schuld?«
    »Woran?«
    Da kam einiges in Betracht. »An Marlenes Verhalten?«
    »Indirekt haben wir uns vielleicht beide schuldig gemacht. Marlene sollte immer unserem Wunschbild entsprechen, aber das tat sie nun mal nicht. Aus diesem Grunde hast du sie unterdrückt, verleugnet und mit deinem Schweigen aus dem Haus getrieben ...«
    »Mensch, Inge! Das ist verrückt. Ich habe immer zu Marlene gestanden, egal was für Blödsinn sie angestellt hat.«
    »Nach dem Zwischenfall mit Barcelona hast du sie tagelang nicht aus dem Haus gelassen.«
    »Das war eine erzieherische Maßnahme. Was sollte ich denn sonst tun, wenn eine Fünfzehnjährige versucht, allein nach Barcelona zu trampen?«
    »Sie hat es immerhin bis Lyon geschafft.«
    »Ich bin von ihr gedemütigt und belogen worden. Hinter meinem Rücken haben die Leute ihretwegen mit dem Finger auf mich gezeigt ... Was hat sie denn für mich getan?«
    »Sie hat sich manches Mal unserem Willen gefügt. Das hat sie auch eine Menge gekostet, besonders damals. Sie wollte reden, sie hätte reden müssen. Aber dir war ja immer wichtiger, was die Leute über uns sagen.«
    »Immer wieder kommst du mit dieser Geschichte. Wir waren uns doch damals einig, dass es so am besten wäre. Für Marlene und für uns alle.«
    »Sie wollte reden. Ich weiß jetzt, dass wir falsch gehandelt haben«, beharrte seine Frau.
    »Wir wollten, dass sie es vergessen kann. Und sie hat es auch vergessen. Ihre Freundin wurde hinterher von Psychiater zu Psychiater

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