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Blaufeuer

Titel: Blaufeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Kui
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Niemand.«
    Janne kann nicht antworten, weil ein Hustenanfall sie schüttelt. Sie hustet, bis sich ein eisenhaltiger Geschmack in ihrem Mund ausbreitet. Ihre Lunge brennt. Es erstaunt sie, wie sehr der Wirt sich für Birger ins Zeug legt. So leidenschaftlich kennt sie ihn gar nicht. Offensichtlich ist Birger ein gern gesehener Gast im Blaufeuer.
    Johnny verlässt den Raum, um kurz darauf mit zwei Flaschen Bier zurückzukommen. Eine davon reicht er Janne. Das kalte Getränk beruhigt ihren Husten und seine Gemütslage.
    »Wenn du denkst, du bist etwas Besseres als meine anderen Gäste, Janne Flecker, dann irrst du dich gewaltig. Du und dein Vater, ihr habt nichts gemeinsam mit den Jungs vom Nautischen Verein, außer vielleicht das dicke Bankkonto. Landratten. Denkst du allen Ernstes, du könntest mir drohen?«
    »Weißt du, wo Birger steckt?«, fragt Janne zurück.
    »Nö.« Wieder verschränkt er die Arme vor der Brust, in einer Hand die Bierflasche.
    »Glaubst du, er könnte mir oder jemand anderem aus meiner Familie etwas antun?«
    »Der einzige Mensch, dem Birger Harms etwas antun kann, ist Birger Harms«, sagt Johnny.
     
    Janne will ins Bett, nur noch ins Bett und schlafen. Nichts mehr hören, nichts sagen, über nichts nachdenken. Ihren Hals nicht mehr spüren. Als sie die Haustür aufschließt, fährt auf der Straße ein Streifenwagen im Schritttempo vorbei.
    Janne geht ins Haus. Vor der Treppe versperren fünf Koffer und zwei Reisetaschen den Weg.
    Viktoria Flecker kommt ihr mit hochroten Wangen entgegen. »Ach, wie schön, dass du kommst. Würdest du mir eben helfen, das Gepäck ins Auto zu tragen? Ich möchte deswegen ungern den Gärtner herbestellen.« Sie stolpert über eine der Taschen.
    »Das wäre auch reichlich unverfroren, schließlich ist er nicht unser Butler«, bemerkt Janne. »Eigentlich bin ich hundemüde, Mama. Ich wusste gar nicht, dass du verreisen willst. Wohin soll es denn gehen?«
    Seit sie am Vorabend von Helgoland zurückgekehrt ist, hatten sie keine Gelegenheit, miteinander zu sprechen. Nun ist eine ähnliche Situation eingetreten wie zuvor bei Jannes Abfahrt. Mit deutlich mehr Gepäck und umgekehrten Vorzeichen, was Viktoria augenscheinlich genießt.
    »Wenn du mir hilfst, geht es schneller, und wir können alles in Ruhe bei einem Glas Whisky besprechen. Oder Champagner, von mir aus. Warum nicht Champagner?« Viktoria lacht, aber Janne hat ihr Gesicht noch nie so traurig gesehen, nicht einmal auf Eriks Beerdigung. Zu viel Traurigkeit für ein Gesicht.
    »Ich will keinen Champagner, keinen Whisky und kein Gespräch. Ich will schlafen gehen«, sagt Janne leise.
    Ihre Mutter tätschelt ihr flüchtig die Wange. »Jetzt sei doch nicht so stur. Wir haben nur diesen einen Abend, bevor ich weg bin.«
    Mit schmerzender Schulter trägt Janne nacheinander vier Koffer, ihre Mutter einen und die beiden Reisetaschen nach draußen. Während sie im Regen den Geländewagen beladen, patrouilliert die Polizeistreife zweimal am Grundstück vorbei. Viktoria bemerkt es in ihrer Aufbruchstimmung nicht.
    Das Gespräch findet anschließend in der Küche statt. Ohne Getränke. Zwar hat ihre Mutter Kristallgläser aus der Vitrine im Esszimmer geholt und eine Champagnerflasche entkorkt, doch eingeschenkt hat sie ihnen nicht. Sie sitzen einander am Tisch gegenüber und wissen beide nicht, wohin mit ihren Händen. Janne steckt sich einen Finger ins Ohr. Sie hört ein hohes Summen, das sie sehr irritiert. Der Regen rauscht und pocht, als wollte er sich Zutritt zum Haus verschaffen.
    »Für mich ist es auch nicht leicht«, sagt Viktoria.
    Janne nickt. Oder wäre ein Kopfschütteln angemessener? Sie will es schnell hinter sich bringen.
    »Ich würde nicht behaupten, dass unsere Ehe ein einziges Unglück war. Wir hatten uns beide ganz gut darin eingerichtet, jeder mit seinen persönlichen Vorlieben. Als ob man seit zwanzig Jahren in demselben Ort Ferien macht. Natürlich ist es längst kein Abenteuer mehr, man kennt jeden Stein und weiß, in welchem Restaurant man abends beisammen sitzen wird und wie der Wein dort schmeckt, und trotzdem freut man sich auf die Reise. Verstehst du, Janne?«
    Sie nickt und muss dabei niesen. Ihre Nase läuft, und da sie keine Taschentücher mehr hat, steht sie auf, um sich Küchenpapier zu holen.
    »Jetzt lauf nicht weg. Du bist doch diejenige, die dafür plädiert hat, dass wir zu unseren Gefühlen stehen und offen miteinander reden. Also nimm dir bitte die Zeit und hör mir zu.«
    »Ich

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