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Blaulicht

Blaulicht

Titel: Blaulicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nacke
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und hier in meinen eigenen vier Wänden bin ich ja meist allein, wenn ich meine Experimente mache. Man muss die freie Zeit nutzen, sie sinnvoll erleben – carpe diem, nicht wahr – kommen Sie, gehen wir in meine Küche, ich mache uns einen Kaffee, der Sie überraschen wird.«
    Zoe folgt Häckel in die Küche, die Squaw hatte ihr bereits verraten, dass der Pathologe gerade mal wieder einen Berg Überstunden abfeiert und sich wahrscheinlich in eines seiner vielen Privatexperimente stürzt. Wie ein Labor sieht die Küche allerdings nicht aus, von dem Mikroskop neben dem geblümten Brotkasten und einer futuristisch anmutenden Apparatur zwischen Bergen von Papier auf dem Tisch einmal abgesehen. Das ist es aber nicht, was Zoe momentan leicht verunsichert, sondern die Tatsache, dass Häckel ihr etwas angeboten hat. Wie soll sie sich jetzt verhalten?
    »Dr. Häckel, Sie waren doch damals auch mit dem Fall des ertrunkenen Schülers befasst«, beschließt sie in die Offensive zu gehen, »Moritz Rißmann.«
    Sie bekommt keine Antwort, stattdessen füllt Häckel grünlich-braune dicke Körner in die Apparatur und drückt einen Schalter. Die Maschine beginnt zu summen und leicht zu vibrieren, der Tisch darunter gibt ein ächzendes Geräusch von sich.
    »Herr Häckel«, versucht Zoe es erneut, wird aber sofort unterbrochen.
    »Gemach, gemach, meine Liebe, bei einer schönen Tasse Kaffee lässt es sich doch viel besser plaudern.«
    Knappe fünf Minuten später, in denen der seltsame Apparat eine irrwitzige Symphonie aus Summen, Rütteln, Malmen, Stöhnen und Zischen von sich gegeben hat, stehen zwei dampfende Becher auf der einzigen freien Ecke des Küchentisches. Was soll’s, denkt Zoe, mit Kaffee kann man ja wohl keinen Fehler machen, und tatsächlich schmeckt das schwarze Getränk gar nicht übel – wenn auch nur entfernt nach Kaffee. Häckel übersieht ihren fragenden Blick geflissentlich.
    »Moritz Rißmann, hm? Ja, ich erinnere mich. Ein hübscher Junge, sehr feine Knochen, schöne lange Finger, tadelloses Gebiss – eine Leiche zum Anbeißen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Zoe versteht nicht und möchte sich lieber auch nicht vorstellen, wie Häckel in eine Wasserleiche beißt. Deshalb schenkt sie dem Arzt ein möglichst unbefangenes Lächeln und steuert ihr eigentliches Thema wieder an.
    »Frau Hartung hat mir erzählt, dass Sie Zweifel an einem Unfall oder Selbstmord hatten und noch einmal gesonderte Untersuchungen vorgenommen haben, obwohl die damaligen Ermittler das zunächst nicht für nötig befunden hatten. Weshalb hatten Sie Zweifel?«
    »Schmeckt Ihnen mein Kaffee? Später erzähle ich Ihnen mein kleines großes Geheimnis.« Häckel keckert sein berühmtes Eichhörnchenlachen, und Zoe fragt sich für einen Moment, ob man mit Kaffeetrinken wirklich keinen Fehler machen kann, nimmt aber tapfer einen weiteren Schluck.
    »Prima«, sagt sie, »ein sehr ungewöhnlicher Geschmack. Sicher eine sehr seltene Sorte.«
    »Eine sehr seltene Sorte, in der Tat, genau wie dieser junge Mann damals.« Häckel schenkt nach und ignoriert Zoes angedeutetes Kopfschütteln.
    »Und nun zu Ihrer Frage, Zoe. Wissen Sie, im Laufe der Jahre bekommt man in meinem Beruf so etwas wie einen sechsten Sinn, man lernt sehr aufmerksam zu beobachten, man lernt vor allem, auf die Details zu achten, auf die winzigen Kleinigkeiten, die einen manchmal zum Zweifeln bringen – zum Stolpern.«
    »Was waren das für Details? Worüber sind Sie damals gestolpert?« Sie trinkt einen großen Schluck vom frisch eingeschenkten Kaffee und verbrüht sich dabei fast die Lippen.
    »Zum einen«, sagt Häckel und zündet sich ein Zigarillo an, »waren da die Glassplitter, die Sabine unter dem Rastermikroskop gefunden hat – es waren ungewöhnlich viele, das hat sie Ihnen sicher schon selbst erzählt.« Zoe nickt. »Das war schon einmal ein kleiner Stolperer, aber nicht ausschlaggebend. Die Leute schmeißen ja alles Mögliche ins Wasser, warum also keine Fensterscheiben. Dann entdeckte ich, dass der Leichnam an Händen, Fußknöcheln und im Gesicht winzige Schnittwunden aufwies, die er sich, das zeigte die genauere Untersuchung, unmittelbar nach seinem Tod, eventuell aber auch noch zu Lebzeiten zugezogen haben musste.«
    »Und das war dann der Stolperer?«
    »Nein, damit konnte ich den leitenden Ermittler nicht überzeugen – diese Jungs können ja manchmal ganz schöne Sturköpfe sein«, ganz offensichtlich hat Häckel vergessen, dass er gerade mit einer

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