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Blausäure

Blausäure

Titel: Blausäure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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war unglaublich! Unmöglich!
    Er packte sie beim Arm. Sie versuchte, sich der Härte seines Griffs zu entwinden.
    «Aua, du tust mir weh!»
    «Woher hast du diesen Namen?»
    Seine Stimme klang rau, drohend.
    Sie lachte, entzückt über die Wirkung ihrer Worte. Diese alberne kleine Gans!
    «Wer hat ihn dir verraten?»
    «Jemand, der dich wieder erkannt hat.»
    «Wer war das? Dies ist ernst, Rosemary! Ich muss es wissen.»
    Sie warf ihm einen schnellen Blick von der Seite her zu.
    «Ein unehrenhafter Vetter von mir, Victor Drake.»
    «Ich kenne keinen, der so heißt.»
    «Ich könnte mir vorstellen, dass er zu der Zeit eurer Bekanntschaft auch einen anderen Namen benutzte. Aus Rücksicht auf die Familie.»
    «Ach, so ist das», sagte Anthony langsam. «War es – im Gefängnis?»
    «Ja. Ich habe ihm neulich gründlich die Leviten gelesen – wollte ihm erklären, welche Schande er uns allen bereitet. Das hat ihn natürlich nicht im Geringsten interessiert. Er grinste mich an und sagte: ‹Du nimmst es auch nicht immer so genau, Süße. Neulich sah ich dich mit einem Ex-Sträfling tanzen – einer deiner engsten Freunde übrigens. Nennt sich Anthony Browne, wie ich höre, aber im Kittchen hieß er Tony Morelli.›»
    «Ich muss die Bekanntschaft mit diesem Jugendfreund mal auffrischen», sagte Anthony in leichtem Ton. «Wir alten Galgenvögel müssen unbedingt zusammenhalten.»
    Rosemary schüttelte den Kopf.
    «Zu spät. Man hat ihn nach Südamerika verfrachtet. Er ist gestern abgefahren.»
    «Ah, ja.» Anthony atmete tief ein. «Dann bist du also die Einzige, die mein schuldbeladenes Geheimnis kennt?»
    Sie nickte. «Ich werde dich nicht verraten.»
    «In deinem eigenen Interesse!»
    Seine Stimme wurde ernst.
    «Schau mal, Rosemary, die Sache ist gefährlich. Du möchtest doch nicht, dass man dir dein hübsches Gesicht aufschlitzt? Es gibt Leute, die vor einer solchen Kleinigkeit nicht zurückschrecken würden. Aber manchmal geben sie sich nicht damit zufrieden, dir nur die Schönheit zu ruinieren. Manchmal legen sie dich richtig um. Das passiert nicht nur in Büchern und Filmen. Es kommt auch im realen Leben vor.»
    «Soll das eine Drohung sein, Tony?»
    «Eine Warnung.»
    Würde sie die Warnung ernst nehmen? Erkannte sie, dass er es todernst meinte? Dummes Gänschen! Kein Grips in diesem hübschen leeren Kopf. Man konnte sich nicht darauf verlassen, dass sie dichthielt. Trotzdem musste er es versuchen und ihr seine Botschaft einbläuen.
    «Vergiss, dass du je den Namen Tony Morelli gehört hast, verstehst du!»
    «Aber es macht mir doch gar nichts aus, Tony. Ich bin ziemlich liberal. Ich find’s sogar spannend, einen echten Kriminellen zu kennen. Du brauchst dich doch nicht zu schämen.»
    Dieser absurde kleine Dummkopf! Er sah sie geringschätzig an. In diesem Moment verstand er nicht mehr, wieso er je geglaubt hatte, sich etwas aus ihr zu machen. Idioten hatte er noch nie ertragen – nicht einmal Idioten mit hübschem Gesicht.
    «Vergiss Tony Morelli!», sagte er grimmig. «Ich meine es ernst. Sprich diesen Namen nie wieder aus!»
    Er musste sich absetzen. Das war die einzige Möglichkeit. Auf das Schweigen dieses Mädchens konnte er sich nicht verlassen. Die würde plappern, wann immer ihr danach zu Mute war.
    Sie lächelte ihn an. Es war ein ganz bezauberndes Lächeln, aber es hatte keine Wirkung auf ihn.
    «Sei nicht so wütend! Gehst du nächste Woche mit mir zu dem Ball bei Jarrows?»
    «Ich bin nicht da. Ich fahre weg.»
    «Aber doch nicht vor meinem Geburtstag! Du kannst mich nicht im Stich lassen. Ich rechne mit dir. Sag jetzt nicht nein! Ich war so elend krank, und ich fühle mich immer noch so geschwächt von dieser furchtbaren Grippe. Ich ertrage jetzt keine Ablehnung. Du musst kommen!»
    Er wäre vielleicht standhaft geblieben. Hätte es vielleicht geschafft, alles stehen und liegen zu lassen und sich auf der Stelle abzusetzen.
    Aber da sah er durch eine offene Tür, wie Iris die Treppe herunterkam. Iris, aufrecht und schlank, mit blassem Gesicht, schwarzem Haar und grauen Augen. Iris, die bei weitem nicht so schön war wie Rosemary, aber dafür eine Persönlichkeit, wie Rosemary es niemals wäre.
    In jenem Moment hasste er sich selbst dafür, dass er Rosemarys oberflächlichen Reizen, und sei es auch nur in geringem Maße, erlegen gewesen war. Er fühlte sich wie Romeo gegenüber Rosalinde, nachdem er Julia begegnet war.
    Anthony Browne überlegte es sich anders.
    In Sekundenschnelle entschloss er

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