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Blausäure

Blausäure

Titel: Blausäure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Race!»
    Woraufhin Patricia jegliches Interesse an Race verlor und sich mit strahlendem Lächeln an Chief Inspector Kemp wandte.
    Mit wahrer Führernatur bugsierte sie die beiden aus dem Arbeitszimmer ihres Vaters hinaus auf ihr eigenes Zimmer.
    «Armer Papi», bemerkte sie, als sie ihrem Vater die Tür vor der Nase zuknallte. «Er explodiert immer so schnell. Aber eigentlich ist er ganz gut lenkbar.»
    Die nun folgende Konversation verlief ebenso freundlich wie ergebnislos.
    «Es ist wirklich zum Verrücktwerden», meinte Patricia. «Vermutlich die einzige Chance meines Lebens, je am Schauplatz eines Mordes gewesen zu sein – es war doch Mord, oder? Die Zeitungen hielten sich ja sehr bedeckt, aber wie ich schon am Telefon zu Gerry sagte, es muss sich um Mord handeln. Sich vorzustellen, dass da ein Kapitalverbrechen direkt vor meiner Nase geschah – und ich habe nicht einmal hingesehen!»
    Das Bedauern in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
    Die düstere Prophezeiung des Chief Inspector bewahrheitete sich: Tatsächlich hatten die beiden jungen Leute, die erst vor einer Woche ihre Verlobung gefeiert hatten, nur Augen füreinander gehabt.
    Beim besten Willen konnte Patricia nur mit ein paar Personen aufwarten.
    «Sandra Farraday sah sehr schick aus, aber das tut sie ja immer. Das war ein Kleid von Schiaparelli, das sie anhatte.»
    «Kennen Sie sie?», fragte Race.
    Patricia schüttelte den Kopf.
    «Nur vom Sehen. Er sieht ziemlich dröge aus, finde ich. So aufgeblasen! Wie die meisten Politiker.»
    «Kannten Sie sonst noch jemanden vom Sehen?»
    Sie schüttelte den Kopf.
    «Nein, ich habe keinen von ihnen je zuvor gesehen – jedenfalls nicht, dass ich wüsste. Um ehrlich zu sein, Sandra Farraday hätte ich vermutlich auch nicht bemerkt, wenn sie nicht das Schiaparelli-Kleid angehabt hätte.»
    «Sie werden sehen», sagte Chief Inspector Kemp beim Hinausgehen grimmig, «dass es beim jungen Tollington haargenau das Gleiche sein wird. Nur wird es bei ihm noch nicht einmal so ein Skipatelle-Dingsbums gegeben haben – klingt wie eine neue Nudelsorte –, das seine Aufmerksamkeit gefesselt hätte.»
    «Es ist wohl nicht anzunehmen, dass der Schnitt von Stephen Farradays Anzug ihm Herzklopfen bereitet haben dürfte», stimmte Race zu.
    «Nehmen wir also Christine Shannon dran», sagte der Inspektor. «Dann können wir die Außenseiter abhaken.»
    Wie Chief Inspector Kemp bereits ermittelt hatte, war Miss Shannon eine hübsche Blondine. Ihr gebleichtes und sorgfältig frisiertes Haar wellte sich um ein weiches, leeres Puppengesicht. Miss Shannon mochte zwar, wie Kemp festgestellt hatte, ein Dummchen sein – aber sie war angenehm anzusehen. Außerdem deutete eine gewisse Gerissenheit in ihren großen blauen Babyaugen darauf hin, dass sich ihre Dummheit nur auf intellektuelle Dimensionen bezog und dass sie, was gesunden Menschenverstand und den nötigen Instinkt in finanziellen Dingen anging, durchaus auf der Höhe war.
    Sie empfing die beiden Männer mit äußerstem Charme, wollte ihnen unbedingt Getränke servieren und nötigte ihnen, als diese abgelehnt wurden, Zigaretten auf. Ihre Wohnung war klein und auf billige Weise neumodisch eingerichtet.
    «Ich würde Ihnen zu gerne helfen, Herr Inspektor. Bitte fragen Sie mich alles, was Sie wissen wollen.»
    Kemp begann mit einigen konventionellen Fragen hinsichtlich des Verhaltens und Benehmens der Runde am mittleren Tisch.
    Sofort erwies sich Christine als ungewöhnlich scharfe und schlaue Beobachterin.
    «Die Feier lief nicht gut – das konnte man sehen. So steif wie nur was. Mir hat der alte Knabe direkt Leid getan – der Gastgeber, meine ich. Hat sich so angestrengt, dass alles nett lief – war nervös wie ‘ne Katze unter Strom –, aber was er auch tat, nichts konnte das Eis brechen. Die hoch gewachsene Frau, die rechts von ihm saß, wirkte so steif, als hätte sie ein Lineal verschluckt. Und das Mädchen zu seiner Linken war wütend, weil sie nicht neben dem ihr gegenüber plazierten, gut aussehenden dunklen Mann saß, das war deutlich zu sehen. Na, und der große Blonde neben ihr sah aus, als hätte er Magenprobleme, stocherte in seinem Essen herum, als würde es ihm gleich im Hals stecken bleiben. Die Frau neben ihm gab sich wirklich Mühe, hat sich ordentlich abgerackert mit ihm, dabei sah sie aus, als wäre sie selber kurz vorm Durchdrehen.»
    «Sie haben ja, scheint’s, eine ganze Menge beobachten können, Miss Shannon», sagte Colonel Race.
    «Ich will

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