Blauwasserleben
Mann drehte ab.
Nach dem Einklarieren kauften wir frischen Fisch direkt von den
Fischern am Bootssteg â die Menschen auf den Kapverden leben hauptsächlich vom
Fischfang â, am ersten Tag Thunfisch, am zweiten Tag Barsch, den Stefan für den
Grill noch entschuppen musste. Am dritten Tag, während wir zwischen den Inseln
segelten, packte Stefan das Angelfieber. Und der »Käptân« war auch tatsächlich
erfolgreich. Der erste Fisch, den er fing, war ein Wahoo, ähnlich schlank und
torpedoförmig gebaut wie ein Barracuda, auch wenn seine näheren Verwandten
Makrelen und Thunfische sind. Stefan kriegte sich gar nicht mehr ein vor
Anglerstolz.
Kurz darauf flog Simon zurück nach Deutschland â er wollte
Weihnachten in seiner Heimat verbringen â und wir zogen weiter von Insel zu
Insel.
Die Küsten waren weitestgehend wild und unberührt, auf unseren
Wanderungen an den Stränden entdeckten wir kaum einmal einen Weg. In der Ferne
waren nichts als Sandberge zu sehen, kein Haus weit und breit. Nicht einem
einzigen Menschen begegneten wir.
Dafür entdeckten wir auf einer unserer Wanderungen riesige
Schildkrötenpanzer.
»Wie kommen die denn hier her?«, fragte ich.
»Keine Ahnung«, meinte Stefan.
Weil uns die gepanzerten Tiere nicht aus dem Kopf gingen,
entwickelten wir drei Theorien. Theorie eins: Es waren Schildkrötenmütter, die
nach ihrer letzten Eiablage erschöpft an diesem Strand starben. Theorie zwei:
Die Tiere wurden tot angespült (dagegen sprach, dass die Skelette eigentlich zu
hoch im Sand lagen). Theorie drei: Die Reptilien legten ihre Eier ab, danach
wurden sie abgeschlachtet und gegessen. Diese Annahme schien der Realität am
nächsten zu kommen, denn wir hörten öfter, dass Schildkröten und
Schildkröteneier bei der Bevölkerung auf dem Speiseplan stehen würden, aus
diesem Grund würde man verstärkt für den Schutz der Tiere werben. Uns hätte
natürlich Theorie eins am besten gefallen.
Ende Januar landeten wir vor Brava, der kleinsten der bewohnbaren
Kapverdischen Inseln, auch »die Unzähmbare« genannt. In der kleinen Bucht waren
wir die einzigen Segler, dadurch hatten wir zum ersten Mal intensiveren Kontakt
zur Bevölkerung. Jeden Tag kamen die Dorfkinder auf unseren Katamaran,
besonders die Jugendlichen aus der Ortschaft Tantum. Die Baju entwickelte sich zur Top-Hang-Out-Location.
»Kommst du mit, auf der Baju abhängen?«
»Klar komm ich mit!«
»Klasse, rumgammeln auf der Baju !«
Die Zahl der Kinder auf unserem Boot wuchs von Tag zu Tag. Am Ende
waren es bestimmt zehn Jungen und Mädchen, die sich regelmäÃig bei uns auf der Baju mit Cola und Keksen vergnügten.
Schade war, dass die Verständigung wegen unserer fehlenden
Portugiesischkenntnisse nicht so gut klappte. Einer der Jungen verstand zwar
mein Spanisch ein bisschen und versuchte auch immer wieder, den anderen Kindern
meine Worte zu übersetzen, doch das war sehr mühselig. Unweigerlich musste ich
an Nyhati denken und hoffte, dass ihre Englischkenntnisse ihr schon die eine
oder andere Tür geöffnet hatten. Mit den Kindern hier kommunizierten wir die
meiste Zeit mit Händen und FüÃen.
Waren sie alle anfangs noch sehr schüchtern und trauten sich kaum,
an Bord zu klettern, so änderte sich dies schnell. Nachdem sie vom Strand zu
unserem Schiff geschwommen waren, stiegen sie mutig unsere Badeleiter hoch,
erst die Ãlteren, dann die Jüngeren. Einige setzten sich an den Tisch, um dort
mit den von mir bereitgestellen Stiften auf Papier zu malen, andere lagen vorn
im Netz und lachten mit ihren Kamaraden.
Den Ãlteren brachte Stefan Saltosprünge ins Wasser bei, und schnell
war es das Highlight eines jeden Besuchs, von der Baju einen Salto zu machen. Einige ganz Unerschrockene sprangen sogar von dem
Sonnendach, dem höchstmöglichen Punkt, ins Wasser. Obwohl Stefan dies
vorgemacht hatte, angefeuert durch die groÃe Anhängerschar, sah er es nicht so
gern, denn das Bimini war nicht so robust gebaut, dass man hier Schlange stehen
konnte. SchlieÃlich machte er seinen Fans klar, dass der Sprung von hier oben
doch keine gute Idee sei. In ihren groÃen, dunklen Augen spiegelte sich
Trübsal. Das hielt aber nur kurz an, denn Stefan holte unsere Angel hervor, und
voller Begeisterung waren die Kinder nun mit der Angelroute beschäftigt. Obwohl
sie Fischerkinder
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