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Blauwasserleben

Blauwasserleben

Titel: Blauwasserleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Dorsch
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waren, hatten viele von ihnen noch nie eine Angelroute
gesehen, da ihre Väter mit Netzen oder Schleppleinen fischten.
    Eines Abends, die Kinder waren längst wieder bei ihren Familien,
erinnerte ich mich an ein Gespräch, das Stefan und ich kurz nach unserem
Kennenlernen in Schweden geführt hatten. Wir waren bereits ein Paar, da fragte
mich Stefan, ob ich später im Leben eigentlich Kinder haben wolle.
    Meine ältere Schwester hatte schon Kinder, für meine Freundinnen war
es selbstverständlich, dass sie eines Tages eine Familie haben würden, zu der
auch Kinder gehörten. Ich jedoch hatte diesen Wunsch nie verspürt. Manchmal
hatte ich den Eindruck, dass mir ein »Mutter-Gen« fehlte. Wie Stefan wollte ich
Abenteuer erleben. Kinder bedeuteten Sesshaftigkeit, einen geregelten Alltag,
all das war mir fremd. Kinder hieß, Verantwortung zu übernehmen, doch dazu war
ich noch nicht bereit. Heute glaube ich: Dadurch, dass Stefan und ich uns so
früh gefunden und gebunden hatten und wir beide von Anfang an keine Kinder
wollten, bestärkten und beeinflussten wir uns gegenseitig in unserer Sehnsucht
nach Freiheit. Auf den Kapverden kamen wir dem Elternsein für ein paar Tage
recht nahe.
    Am Morgen saßen wir beim Frühstück beisammen, als Stefan sagte:
»Übermorgen geht’s los. Wir sollten uns noch ordentlich die Füße vertreten und
spazieren gehen, denn in den kommenden zwei Wochen werden wir dazu nicht in der
Lage sein.« Bewusst hatten wir uns dafür entschieden, die Tour über den
Atlantik zu zweit zu machen. Es hatte genügend Anfragen von Mitreisewilligen
gegeben, die wir allesamt abgelehnt hatten. Das Abenteuer Ozeansegeln – wir
wollten es allein durchstehen, ohne auf andere Rücksicht nehmen zu müssen. Es
war nicht einzuschätzen, wie Menschen, selbst wenn man meinte, sie gut zu
kennen, über einen langen Zeitraum auf engstem Raum ohne eine
Ausweichmöglichkeit reagieren würden. Ich wusste aus Erfahrung, wenn ich Zeit
für mich wollte, war es das Meer, das mich auffing. Dann ging ich schnorcheln
oder schwamm an den Strand, um dort spazieren zu gehen. Das war bei einer
längeren Segelstrecke nicht möglich.
    Wir beschlossen, vor unserem großen Start noch einige Früchte
einzukaufen und überlegten, ob wir ein geeignetes Tauschobjekt an Bord hatten.
    Â»Wie wäre es mit der alten Nähmaschine meiner Oma?«, fragte Stefan.
    Â»Die alte Nähmaschine deiner Oma …« Es dauerte ein wenig, bis der
Gedanke durchgesickert war. Auf ihr hatte ich in der Türkei die bunten Bezüge
unserer Kissen genäht. Danach hatten wir sie auf der Baju behalten, zu wertvoll, um sie einfach zu entsorgen, aber zu kompliziert, um sie
zu benutzen. In Gibraltar hatte ich mir eine neue gekauft. Es stimmte, was
Stefan sagte. Was sollten wir noch mit dem Gerät? Es bedeutete nur zusätzliches
Gewicht, das wir einsparen konnten. Um gut und sicher zu segeln, hatte ein
Katamaran leicht zu sein und leicht zu bleiben. Oft genug hatte ich das zu
hören bekommen.
    Eine Stunde später brachten wir die alte Maschine in dem Karton der
neuen an Land. Am Strand kam Alberto auf uns zu, ein Einheimischer, mit dem wir
uns angefreundet hatten und den Stefan bereits von unserem Vorhaben berichtet
hatte.
    Alberto schleppte die schwere Nähmaschine den Berg hinauf, dahinter
lag Tantum, jenes Dorf, in dem er wohnte. Immerhin war es ein Weg von rund
dreißig Minuten, Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Was waren wir froh,
dass er sich geradezu aufgedrängt hatte, das schwere Gerät zu tragen.
    Vor einer kleinen Fischerhütte blieb er stehen. Er bat uns
einzutreten, in dem Wohnzimmer sollte ich einer Frau zeigen, wie die
Nähmaschine funktionierte. In einer Ecke stand ein weißes Doppelbett, auf dem
Teddybären ordentlich drapiert waren, gegenüber befand sich der Tisch, auf den
wir die Nähmaschine stellten, um den Tisch standen vier samtbezogene Stühle.
Weiterhin machte ich in dem Raum einen Wandschrank mit unzähligen bunten
Porzellanfiguren, einem Fernseher und einem DVD -Gerät
aus, unter denen Häkeldeckchen hervorschauten. Ganz im Stil meiner Oma, dachte
ich.
    Alberto saß auf einem der rotsamtenen Stühle, hinter ihm stand eine
junge schwarze Frau. Dies sei Alicia, erklärte er. Sie trug ein blaues viel zu
großes T-Shirt und einen knielangen schwarzen Rock mit roten und

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