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Blauwasserleben

Blauwasserleben

Titel: Blauwasserleben
Autoren: Heike Dorsch
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tatsächlich passiert. Ich habe nichts zusammengesponnen, um mich
wichtigzumachen.
    Die Polizisten werden jetzt noch aktiver als zuvor, ihre Körper
spannen sich, sie sind hoch konzentriert bei der Sache, während sie alles in
Augenschein nehmen. T-Shirt und Fesseln lassen sie an Ort und Stelle liegen. In
der Nacht wird es noch regnen – die meisten der Spuren sind danach verwischt.
    Später wird ein Sondereinsatzkommando von zwanzig Leuten aus Papeete
Millimeter für Millimeter die Bucht absuchen. Sie werden noch unsere
Taschenlampe finden und das T-Shirt, das Arihano getragen hat. Die Plastikplane
und die anderen Fesseln bleiben verschwunden, es ist anzunehmen, dass der Täter
sie wieder in seinem Rucksack verstaut hat, nachdem ich ihm davongelaufen bin.
Und niemand spürt meine weißen Crocs auf.
    In meinem Kopf kreist die Frage nach dem Verbleib meiner Schuhe. Ich
nehme mir vor, sie dem Täter zu stellen, sollte ich einmal mit ihm konfrontiert
werden. Die Psychologin, die ich einige Wochen später in Deutschland aufsuchen
sollte, sagte mir: »Die Frage steht stellvertretend dafür, dass Sie alle Einzelheiten
wissen wollen.«
    Â»Wir müssen noch ins Dorf«, sagt der Einsatzleiter. Es ist
verständlich, dass sie nach Hakau’i wollen, hatte ich ihnen ja erzählt, dass
Stefan und ich Arihano dort getroffen haben, als er aus einem der größeren
Häuser getreten war.
    Â»Kann ich nicht vorher auf unseren Katamaran und mir andere Sachen
anziehen?«, frage ich. Daphnes T-Shirt schlabbert an meinem Körper herum, ich
habe keine Unterwäsche an, ihre Schuhe sind mir viel zu groß. Doch die
Polizisten sagen, während sie mich von oben bis unten mustern: »Das passt doch!
Wir dürfen keine Zeit verlieren, wir sollten sofort los.« Ein Gefühl der
Verlorenheit steigt in mir auf.
    Die drei Gendarmen laufen voraus, ich stolpere hinterher. Als
Einzige habe ich keine Taschenlampe, als wir die Siedlung erreichen. Ihre
Pistolen sind im Anschlag. Einer von ihnen, ein Riesenkerl, der bislang nichts
gesagt hat, schiebt mich hinter seinen Rücken und raunt mir auf Französisch zu:
»Du bleibst hinter mir.« Da ich seine Worte verstanden habe, tapse ich hinter
ihm her, hinter seinem Rücken, wie er es befohlen hat, barfuß in Daphnes Crocs.
Ich habe das Gefühl, als würde ich alles, was vor sich geht, beobachten, ohne
Teil des Geschehens zu sein.
    Alles ist dunkel, in keinem Fenster brennt ein Licht. Wie spät mag es sein? , überlege ich. Bestimmt weit nach
Mitternacht. Genau weiß ich das aber nicht, ich schätze, ein, zwei Uhr.
    Â»Welches Haus?«, fragt der Anführer des Trios.
    Ich zeige auf das Gebäude, aus dem Arihano herausgekommen war.
    Der Gendarm schaut mich komisch an. »Da wohnt kein junger Mann«,
sagt er, »nur ein älteres Ehepaar.« Wieder tauchen Zweifel auf. Hinterher
stellt sich heraus, dass in dem Haus tatsächlich nur ein älteres Paar lebt,
dieses aber für einige Zeit fort musste und den Täter, der ein Neffe ist,
gebeten hatte, auf es aufzupassen. Jetzt aber ist es leer, jedenfalls macht
niemand auf, obwohl an allen Fenster und Türen geklopft und gerüttelt wird.
    Vielleicht weil der Einsatzleiter denkt, ich hätte ihm Unsinn
erzählt, geht er hinüber zum Nebenhaus, klopft dort an. Ein Mann, sichtlich
verschlafen, streckt seinen Kopf zur Tür heraus. Die beiden unterhalten sich
auf Französisch, ich verstehe nichts. Dabei gucken sie mich ständig an. Die
Hunde im Dorf bellen laut und hektisch, unruhig geworden ob der ungewohnten
nächtlichen Geräusche. Die beiden anderen Polizisten stehen ausdruckslos da,
haben ihre Waffen weiterhin im Anschlag. Die Atmosphäre ist gespenstisch.
    Was der von den Polizisten aufgeweckte Mann berichtet hat, teilt man
mir nicht mit.
    Als Nächstes suchen wir den Fischer Tainui und seine Frau auf. Die
beiden liegen vor der Hütte in ihrem Bett, über ihnen der Sternenhimmel.
Erschrocken fahren sie hoch, als sie merken, dass da etwas nicht stimmt. Sie
sitzen auf ihrer Matratze, wir stehen.
    Der Einsatzleiter fragt: »Ist euch ein Mann bekannt, der hier im Ort
auf das Haus des älteren Ehepaares aufpasst?« Aha, denke ich, das muss der
ältere Gendarm von dem Mann erfahren haben, den er geweckt hat. Der Leiter
erwähnt noch den Namen des Paares, aber er ist mir so fremd, dass ich ihn nicht
behalte.
    Schweigen.
    Der Polizist
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