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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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fühlte, daß der finstere Schatten von heute morgen zu schwinden begann. Er quälte mich nicht im Schlaf, und als das Licht des kommenden Tages mich weckte, war er verschwunden.
    Mein Liebling sollte um fünf Uhr nachmittags ankommen. Ich wußte die Zwischenzeit nicht besser zu verbringen, als durch einen langen Spaziergang die Straße entlang, die sie kommen mußte. So machten denn Charley und ich und Stubbs – Stubbs diesmal gesattelt, denn nach unsern Erfahrungen spannten wir ihn nie wieder ein – einen langen Ausflug auf diesem Weg und wieder zurück. Dann hielten wir große Umschau in Haus und Garten, um nachzusehen, ob alles in bestem Zustand sei, und hielten den Vogel als wichtigen Bewohner des Hauses bereit. Es mußten noch mehr als zwei Stunden vergehen, ehe sie ankommen konnte, und die Zwischenzeit erschien mir sehr lang, da ich wegen meines veränderten Aussehens voll banger Unruhe war. Ich liebte mein Herzenskind so sehr, daß ich in großer Sorge war, welchen Eindruck es auf sie machen würde.
    Wird sie wohl vorbereitet sein? dachte ich. Bei meinem Anblick nicht erschrecken und sich abgestoßen fühlen? Wird sie sich nicht vielleicht erst wieder von neuem an mich gewöhnen müssen?
    Ich kannte das offenherzige reizende Gesicht meines Lieblings zu gut, als daß ich nicht schon im voraus hätte gewiß sein müssen, sie würde den ersten Eindruck nicht vor mir verbergen können. Und ich überlegte mir, ob ich dann ganz für mich würde einstehen können, wenn es, wie es doch so wahrscheinlich war, wechselnde Empfindungen verraten sollte.
    Ja! Ich glaubte, ich werde es imstande sein. Nach der letzten Nacht glaubte ich es. Aber warten und warten und hoffen und harren und denken und grübeln sind eine schlimme Sache, und so beschloß ich denn, ihr wieder auf der Straße entgegenzugehen.
    Daher sagte ich zu Charley: »Charley, ich gehe allein auf der Straße spazieren, bis sie kommt.« Und da Charley stets im höchsten Maße alles billigte, was ich für gut fand, blieb sie zu Hause und ließ mich gehen.
    Aber als ich an den zweiten Meilenstein kam, hatten mich die öfters in der Ferne aufsteigenden Staubwolken so wiederholt in Aufregung versetzt, trotzdem ich mir sagte, es könne die Kutsche noch nicht sein, daß ich wieder umzukehren und nach Hause zu gehen beschloß. Und dann war mir so bange, die Kutsche möchte am Ende hinter mir herkommen, daß ich den größten Teil des Weges lief, um mich nicht einholen zu lassen.
    Wieder sicher zu Hause, hielt ich mir vor, was für Dummheiten ich gemacht hatte. Jetzt war ich ganz erhitzt, und die Situation war schlimmer anstatt besser.
    Endlich – ich glaubte, es sei noch mindestens eine Viertelstunde Zeit –rief mir Charley plötzlich zu: »Da kommt sie, Miß! Da ist sie schon!«
    Fast ohne es zu wollen, lief ich die Treppe hinauf in mein Zimmer und versteckte mich hinter der Tür. Und da stand ich zitternd, selbst noch, als ich meinen Liebling die Treppe heraufkommen und rufen hörte: »Esther, meine liebe gute Esther, wo steckst du denn? Mütterchen! Kleines altes Mütterchen!«
    Sie kam hereingerannt und wollte wieder hinauslaufen, als sie mich erblickte. Ach, mein Engel, mein Liebling! Der alte teuere Blick! Lauter Liebe, Zärtlichkeit und Zuneigung. Nichts sonst darin, nein, nichts, nichts.
    Ach, wie glücklich fühlte ich mich, wie ich auf dem Fußboden saß und neben mir mein süßes liebes Kind, das seine liebliche Wange an mein durch Narben entstelltes Gesicht schmiegte, es mit Tränen und Küssen bedeckte, mich hin- und herwiegte wie ein Baby, mich bei jedem erdenklichen Kosenamen rief und an ihr zärtliches Herz drückte.

37. Kapitel
Jarndyce kontra Jarndyce
    Wenn das Geheimnis, das ich zu bewahren hatte, nur mich betroffen hätte, würde ich es Ada anvertraut haben, bevor wir noch lange beisammen gewesen wären, so aber fühlte ich mich nicht einmal berechtigt, es meinem Vormund mitzuteilen, außer im äußersten Notfall. Es war eine schwere Bürde für mich, es so allein tragen zu müssen, aber meine Verpflichtung stand klar vor mir, und glücklich in der Liebe meines Herzenskindes, bedurfte ich keiner Ermutigung, stark zu bleiben. Oft, wenn sie schlief und alles ruhig war, erhielt mich die Erinnerung an meine Mutter wach, und ich fühlte mich tief bekümmert. Aber nie mehr wurde ich ein zweites Mal schwach, und Ada fand mich, wie sie sagte, so wie je. Sie berührte die Veränderung nicht, von der ich genug gesagt habe, und wenn ich es vermeiden

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