Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
Vom Netzwerk:
könnte, sie fürchte ihn.
    Seit dem Gespräch im Turmzimmer in Chesney Wold liegt ihr ununterbrochen eine Sache auf der Seele. Sie ist jetzt entschlossen und bereit, die Last von sich zu werfen.
    Es ist Morgen in der großen Welt, das heißt, Nachmittag in der kleinen gewöhnlichen. Die Merkure, erschöpft vom Zumfensterhinaussehen, ruhen aus in der Vorhalle und lassen ihre schweren Köpfe hängen – diese prachtvollen Geschöpfe – gleich überreifen großen Sonnenblumen. Wie diese scheinen sie mit ihren Fangschnüren und dem übrigen glitzernden Behänge Wassertriebe angesetzt zu haben.
    Sir Leicester ist in der Bibliothek über dem Bericht eines Parlamentskomitees zur Hebung vaterländischer Interessen eingeschlafen.
    Mylady sitzt in dem Zimmer, wo sie dem jungen Mann namens Guppy einmal Audienz gegeben hat. Rosa ist bei ihr, hat nach dem Diktat ihrer Herrin geschrieben und ihr vorgelesen. Rosa ist jetzt mit einer Stickerei oder einer ähnlichen niedlichen Arbeit beschäftigt, und während sie sich darüber beugt, beobachtet Mylady sie schweigend. Nicht zum ersten Mal heute.
    »Rosa!«
    Die kleine Dorfschöne blickt munter auf. Aber als sie Myladys ernste Miene sieht, nimmt ihr Gesicht einen verlegnen und überraschten Ausdruck an.
    »Sieh mal nach, ob die Türe geschlossen ist.«
    »Ja.«
    Sie geht, überzeugt sich und sieht noch überraschter drein.
    »Ich will dir etwas anvertrauen, mein Kind. Ich weiß, daß ich mich auf deine Anhänglichkeit, wenn nicht auch auf dein Urteil, verlassen kann. In dem, was ich jetzt vorhabe, will ich dir gegenüber ohne alle Verkleidung erscheinen. Aber ich verlasse mich ganz auf dich. Verrate niemandem ein Wort von dem, was ich dir jetzt sage!«
    – Die schüchterne kleine Schöne verspricht mit innigem Ernst, sich des geschenkten Vertrauens würdig zu erweisen. –
    »Hast du bemerkt«, – Lady Dedlock winkt ihr, mit dem Stuhle näher zu rücken – »hast du bemerkt, Rosa, daß ich gegen dich anders bin als gegen irgend jemanden sonst.«
    »Ja, Mylady. Viel gütiger. Aber dann denke ich mir oft, ich kenne Sie eben, wie Sie wirklich sind.«
    »Du denkst oft, du kennst mich, wie ich wirklich bin? Armes Kind, armes Kind!«
    – Mylady sagt das mit einer Art Hohn – der jedoch nicht Rosa gilt –und sitzt dann eine Weile brütend da mit versonnenem Gesicht. –
    »Bist du überzeugt, Rosa, daß du mir ein Trost und eine Erquickung bist? Bist du überzeugt, daß es mir Freude macht, dich in meiner Nähe zu haben, bloß, weil du jung und natürlich bist und mich lieb hast?«
    »Ich weiß es nicht, Mylady; ich kann es kaum hoffen. Aber von ganzem Herzen wünsche ich, es wäre so.«
    »Es ist so, Kleine!«
    – Das freudige Erröten Rosas wird gehemmt durch den düstern Ausdruck Myladys. Schüchtern fragend blickt sie auf. –
    »Und wenn ich heute sagte: Geh! Verlaß mich! würde ich etwas sagen, was mir sehr schmerzlich wäre und mich ganz und gar einsam machen würde.«
    »Mylady, habe ich Sie beleidigt?«
    »Durchaus nicht. Komm zu mir!«
    – Rosa kniet vor Myladys Fußbank nieder. Wie damals in der Nacht nach dem denkwürdigen Gespräch mit dem Eisenwerksbesitzer legt Lady Dedlock mütterlich die Hand auf das dunkle Haar der Kleinen und läßt sie sanft dort ruhen. –
    »Ich sagte dir damals, Rosa, ich möchte dich glücklich machen, wenn ich überhaupt imstande bin, jemanden auf Erden noch glücklich zu machen. Ich habe jetzt Gründe, an denen du keine Schuld trägst, die es aber ratsam machen, daß du nicht mehr bei mir bleibst. Du darfst nicht hier bleiben! Ich bin fest dazu entschlossen. Ich habe an den Vater deines Geliebten geschrieben, und er wird heute hierher kommen. Ich habe es deinetwegen getan.«
    Weinend bedeckt das Mädchen die Hand ihrer Herrin mit Küssen und sagt, sie wisse nicht, was sie tun solle, wenn sie von einander scheiden müßten. Mylady küßt sie auf die Wange und gibt keine Antwort.
    »Mögest du unter bcssern Verhältnissen glücklich sein, Kind. Sei geliebt und glücklich!«
    »Ach, Mylady, ich habe mir manchmal gedacht – verzeihen Sie mir, daß ich mir eine solche Freiheit herausnehme –, daß Sie selbst nicht glücklich sind.«
    »Ich!«
    »Würden Sie glücklicher sein, wenn ich nicht mehr bei Ihnen bin? Bitte, bitte, bedenken Sie das noch einmal. Lassen Sie mich nur noch eine kurze Zeit bleiben.«
    »Ich habe dir gesagt, mein Kind, daß, was ich tue, nur deinetwillen geschieht. Es ist geschehen. So, wie ich jetzt zu dir

Weitere Kostenlose Bücher