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Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch

Titel: Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dia Reeves
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dann, sie hätte eine Amnesie, aber ich glaube, Rosalee war eher so nach dem Motto drauf«, er unterbrach sich und schaute über seine Schulter, bevor er flüsterte: »Scheiß auf die Bürgermeisterin. Ich kann gehen, wohin ich will, wann ich will und zu wem ich will. Scheiß auf ihre Regeln.«
    Das konnte ich mir bei Rosalee gut vorstellen, sie interessierte sich überhaupt nicht für anderer Leute Regeln, Zuneigung oder Gefühle, aber warum ein Junge, der so anspruchsvoll war wie Wyatt – oder besser gesagt: warum eine ganze Stadt solche Qualitäten toll finden konnte, verstand ich nicht.
    »Und deshalb finden alle Rosalee so großartig? Weil sie sich gegen die Bürgermeisterin gestellt hat?«
    »Die Bürgermeisterin, die dich sogar noch nach deinem Tod kontrollieren kann?«, erinnerte er mich.
    Ich schwieg eine ganze Weile und dachte über alles nach, was mir Wyatt gesagt hatte: Türen in eine andere Welt, eine Bürgermeisterin mit Macht über die Toten, ein Schlüssel aus Knochen. Ich ließ das alles auf mich wirken und stellte fest, dass ich lächelte. Es war richtig gewesen, nach Portero zu kommen. Diese Stadt war noch verrückter, als ich in meinen schlimmsten Träumen sein würde.
    »Also ist meine Mutter die Allerhärteste von Portero«, sagte ich. Ich umarmte das Merkwürdige und ließ mich zurückumarmen.
    Wyatt sah mich mit diesem spöttischen Frems-sind-so-lahm-Ausdruck an, den ich mittlerweile so sehr hasste und der mich sofort wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Er zeigte mit dem Suppenlöffel auf mich. »Du kannst nicht einfach von Rosalee profitieren. Wenn du Respekt willst, musst du ihn dir verdienen.«
    »Das stimmt«, sagte ich nachdenklich. »Das stimmt allerdings.«

    »Also ich fand den Film gut«, sagte Wyatt, als wir aus dem Standard kamen. Es war jetzt ganz dunkel und die Luft war feucht. Die Straße war voll mit Leuten, die nach dem Kino nach Hause gingen. »Ich weiß nur nicht, warum er Außer Atem hieß. Der war ja nun echt nicht so rasant. Diese Jean Seberg allerdings schon eher.«
    Ich hakte mich bei ihm unter. »Ein Miststück. Sie hat ihren Freund bei der Polizei verraten. Ich würde so etwas nie tun.«
    »Das war doch ihre Pflicht.«
    »Scheiß auf die Pflicht. Außerdem war sie echt doof. Einfach schwanger zu werden.«
    »Sie war verliebt!«
    »Sie hatte Langeweile. Du bist vielleicht ein Romantiker.«
    »Was stimmt nicht daran, romantisch zu sein? Ich geh doch nicht ins Kino, um die Realität zu sehen. Davon hab ich jeden Tag wirklich genug. Und du hast vielleicht Nerven, mir vorzuwerfen, ich sei ein Romantiker. Schau dich doch mal an.«
    Wyatt zog mich unter eine verschnörkelte Straßenlaterne und wirbelte mich an der Hand herum, als wäre er ein Cowboy und ich sein Lasso. Ich konnte nicht mehr aufhören zu lachen, mein Rock kräuselte sich schamlos, und staubflügelige Motten tanzten über unseren Köpfen.
    »Schau dir den Petticoat an«, sagte er. »Man muss schon irgendwie romantisch sein, um auch nur einen zu wollen .«
    »Das hat nichts mit Romantik zu tun, sondern mit Stil.« Als er aufhörte, mich herumzuwirbeln, schlang ich meine Arme um seinen Hals. Mit meinen hohen Schuhen war ich so groß wie er und konnte ihm direkt in die Augen sehen.
    Menschen schlurften außerhalb des Laternenlichts an uns vorbei durch die Dunkelheit, aber ich konnte sie nicht sehen. Wen musste ich schon sehen, solange sich Wyatt mit mir im Licht versteckte?
    Ich schob seinen Kragen beiseite und biss ihm in den Hals.
    »Hey!« Er wich zurück und hielt eine Hand schützend über den Biss. Er lachte. Nervös. »Warum hast du mich gebissen?«
    »Weil ich es wollte.« Ich zog seine Hand weg, damit ich den Abdruck auf seiner Haut sehen konnte. Wie die kleinen Rillen von meinen Zähnen seinen Hals zeichneten, erregte mich. »Hast du was dagegen?«
    Darüber musste er lange nachdenken. »Bist du ein Vampir oder so was?«
    Ich musste über ihn lachen, nicht weil er Angst vor Vampiren hatte – soweit ich wusste, war diese verrückte Stadt voll von ihnen –, sondern weil er so verklemmt war. Ich presste meine Hüften gegen seine, und wieder kicherte er nervös.
    »Vampire sind doch lahm.« Ich öffnete die oberen beiden Knöpfe seines Hemds. »Findest du mich lahm?«
    »Nein«, sagte er schnell und knöpfte sein Hemd wieder zu. »Aber was machst du da? Du kannst mich doch nicht hier ausziehen.«
    Wie eine alte Jungfer. Ich knöpfte sein Hemd wieder auf. »Ich zieh dich nicht aus. Ich will

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