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Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch

Titel: Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dia Reeves
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von jungen Leuten träge über die Straße quälte. »Portero wurde um den Fountain Square herum gebaut. Man kann in der Oberstadt, oberhalb des Squares, in der Unterstadt, unterhalb des Squares, oder ganz tief in der Unterstadt leben.«
    Ich dachte darüber nach. »Wo wohnst du?«
    »Du und ich wohnen in dem Square. In der Mitte von allem.«
    »Gibt es auch die Nebenstadt? Kann jemand neben dem Square wohnen?«
    » Du könntest das wahrscheinlich, Frem.«
    Es machte mir gar nichts aus, dass er mich so nannte, da ich jetzt bekam, was ich wollte. Ich machte das Fenster auf und ließ mich von der warmen, stickigen Luft umwehen. Ich konnte die Elektrizität in der Luft riechen, als sich ein blauer Blitz in der Ferne über den Baumwipfeln entlud. Was für ein stürmischer Teil des Landes, in den ich gezogen war. Stürmisch und gefährlich.
    »Gibt es da auch Monster, wo wir gerade hinfahren?« Ich konnte kaum glauben, dass ich so eine Frage in der echten Welt laut stellte.
    »Nur eins«, sagte Wyatt, während er einen Radiosender suchte. »Eins von der verstohlenen Sorte. Wir suchen es schon seit zwei Jahren.« Als Welcome to the Jungle aus den Lautsprechern plärrte, drehte er auf. Es war, als würde er mit mir zum Einkaufszentrum fahren.
    »Brauchen wir keine Waffen?«
    »Ich habe mein Faustmesser«, grinste er. »Ganz handlich, das Mistding.«
    »Brauche ich keine Waffe?«
    »Du wirst nichts machen«, sagte er. »Nur zusehen.«
    Wyatt parkte den Wagen vor einem kleinen, schachtelförmigen Haus hinter einem Maschendrahtzaun. Er nahm etwas aus dem Handschuhfach – ein Foto, glaube ich – und dann stiegen wir aus.
    Unkraut wucherte auf dem Gehweg und kitzelte mich am Knöchel. Ich hoffte jedenfalls, dass es Unkraut war. Das einzige Licht in der tintenschwarzen Straße kam von einer anämischen Vordachlampe, die vor uns glühte. Wir gingen auf die Haustür zu, und ich strich mir das Kleid glatt, als Wyatt an der Tür klingelte.
    Ein seltsames Zeichen markierte die weiße Tür, ein Quadrat mit drei Wellenlinien darin. »Was ist das?«
    »Eine Glyphe«, sagte er knapp und starrte konzentriert auf die Tür und das, was hinter ihr liegen mochte. »Mein Ältester, der Typ, der mich angerufen hat, hat die Tür markiert, damit der Geruch nicht rausgeht.«
    »Welcher Geruch?«
    Ein Mann mittleren Alters mit einem riesigen Bauch öffnete die Tür. Gestank drang aus dem Haus und überfiel uns wie eine randalierende Armee.
    » Dieser Geruch«, sagte Wyatt.
    »Mortmaine!« Die weibliche Stimme des dicken Mannes hätte komisch sein können. Aber sie war es irgendwie nicht. »Gibt’s einen besonderen Anlass?« Er lugte mit gespielter Angst aus der Tür. »Lauert ein Höllengeschöpf in den Azaleen?«
    »Guten Abend, Melissa«, sagte Wyatt höflich.
    Melissa?
    »Das ist meine Freundin Hanna.«
    Wyatt musste mir mit dem Ellenbogen in die Rippen stoßen. »Äh, ja. Hi. Melissa.« Ich biss die Zähne beim Sprechen zusammen, weil ich verhindern wollte, dass der Gestank in meinen Mund drang.
    »Dürfen wir reinkommen?«, fragte Wyatt.
    Der dicke Mann winkte uns rein, und ich hatte keine Ahnung, wie ich meine Beine dazu bringen sollte, Wyatt ins Haus zu folgen, während mein Gehirn mir zuschrie, ich sollte schnell abhauen. Im Haus bei geschlossener Tür hatte der Gestank etwas so Zersetzendes, dass er mir den empfindlichen Stoff meines Kleides zerfressen könnte. Ich zog das Taschentuch, das immer in meinem BH steckte, heraus und hielt es mir vor die Nase. Und wenn der dicke Mann deshalb beleidigt war, dann war es eben so.
    Fast so schrecklich wie der Geruch war der Zustand des Hauses. Fliegenschwärme surrten durch die Dachsparren, und Käfer krabbelten über die verzogenen Holzdielen. Alles sah irgendwie klebrig aus – die großen Sitzmöbel, der präparierte Fisch, der an der Wand hing. Sogar das Licht schien irgendwie krank zu sein, es flackerte und wurde nicht richtig hell.
    »Setzt euch.«
    Wyatt zog mich auf eine dunkle Couch, die wahrscheinlich irgendwann einmal weiß gewesen war. Ich saß auf der äußersten Kante. Und war äußerst nervös. Anders als Melissa – hieß er wirklich Melissa??? –, der entspannt war wie ein Sommertag.
    »Wollt ihr vielleicht was Kaltes zu trinken?«, fragte er.
    »Nein, da …«
    »Ja, das wär toll«, sagte Wyatt. »Danke.«
    Als der dicke Mann in der Küche verschwand, drehte ich mich zu Wyatt, der seine Karten durchblätterte und leise Welcome to the Jungle vor sich hin trällerte.
    »Bist du

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