Bleib cool Samantha
ausrechnen. Und einen Rückwärtssalto schlagen kann sie auch. Ich kann bloß nackte Männer zeichnen. Und das noch nicht mal besonders gut, weil ich mich auf die Einzelteile konzentriere statt aufs Ganze.
3. Meine Eltern mögen meinen Freund total und vertrauen ihm. Lucys Freund dagegen eher nicht. Also diskutieren sie immer stundenlang mit ihr und reden auf sie ein, dass sie einen besseren finden könnte als ihn etc. pp. Und für mich interessieren sie sich überhaupt nicht mehr.
2. Ich habe nur eine einzige Freundin, und zwar meine beste Freundin Catherine, die so süß und lieb ist, dass ich ihr auf gar keinen Fall erzählen kann, dass mein Freund am Thanksgiving-Wochenende möglicherweise mit mir schlafen will, weil sie dann total ausflippen würde. Das liegt auch daran, dass sie selbst momentan keinen Freund hat (wenn man den in Katar nicht mitzählt, was ich nicht tue), wohingegen Lucy ungefähr neun Millionen Freundinnen hat, denen sie alles erzählen kann, weil die total oberflächlich und gefühllos sind – wie Cyborgs.
Und hier ist der absolute Hauptgrund, warum Lucy es viel, viel besser hat als ich:
1. Sie hat ihr erstes Mal schon hinter sich und hat es bestens verkraftet, weil es anscheinend keine große Sache für sie war. Für mich ist es aber eine sehr große Sache, was bedeutet, dass ich wahrscheinlich Jungfrau bleibe, bis ich dreißig bin oder tot, je nachdem, was zuerst kommt.
4
»Also erzähl, wie sah er aus?«, wollte Catherine wissen.
Ich konnte nicht glauben, dass sie das tatsächlich wissen wollte. Ich meine, irgendwie schon, aber irgendwie eben auch nicht. Was vor allem daran lag, dass ich gar nicht so detailliert darüber reden wollte.
»Na ja, eben wie ein Penis«, antwortete ich. »Was glaubst du denn? Ich meine, du hast ja wohl schon welche gesehen, oder? Du hast mir doch erzählt, dass du mit deinen Brüdern als Kind immer nackt im Meer geschwommen bist.«
»Ja, schon«, sagte Catherine. »Aber da hatten sie ja noch keine… na, du weißt schon, Schambehaarung und so.«
»Okay«, stöhnte ich. »Mir wird schlecht.«
»Na ja, aber wenn es doch stimmt. Jetzt sag schon. Wie groß war er?«
Allmählich bereute ich es, das Thema überhaupt angeschnitten zu haben. Dabei hatte ich ihr nur davon erzählt, weil sie mich gefragt hatte, wie es im Aktzeichenkurs gewesen war und ich ihr nicht vorenthalten wollte, dass Akt-zeichnen im Grunde genommen nichts anderes bedeutet als Nackt zeichnen.
Was ich jetzt bitterlich bereute.
»Na ja, ich denk mal, er war durchschnittlich«, sagte ich.
»Wobei ich ja wahrlich nicht viel Erfahrung auf diesem Gebiet habe.«
»Ich bin jedenfalls echt froh, dass ich keinen habe«, sagte Catherine schaudernd. »Ich meine, kannst du dir vorstellen, wie das ist, wenn da immer so ein Ding an einem rum-baumelt? Ich frag mich, wie die damit überhaupt Rad fahren können?«
»Du, Sam?« Mal wieder typisch, dass Kris Parks sich ausgerechnet in diesem Moment in der Warteschlange der Schulcafeteria an uns heranpirschte und fragte: »Kann ich mal kurz mit dir reden?«
Kris gehört nicht gerade zu meinen Lieblingsmitschülerinnen. Und vor meiner Berühmtwerdung beruhte unsere Antipathie auch noch auf Gegenseitigkeit.
Aber nachdem mein Name ein paar Mal in den Abendnachrichten erwähnt worden war, beschloss Kris, dass ich ihre neue beste Freundin bin. Die Tatsache, dass mein Freund Präsidentensohn ist, wiegt für sie wahrscheinlich auf, dass ich kein einziges Kleidungsstück von Dolce & Gabbana besitze, was einen in Kris’ Augen normalerweise zu einem Paria macht, über die Rebecca und ich mal eine Doku gesehen haben.Also über die Parias in Indien,meine ich.
»Ich wollte dich nämlich fragen, ob du nächste Woche Zeit hast, die Turnhalle zu dekorieren«, sagte Kris mit einem affektierten Lächeln (Wort aus dem Fremdwörterlexikon, das »gekünstelt« bedeutet). »Also, für die Diskussionsrunde mit dem Präsidenten.«
»Klar, mach ich«, sagte ich, um sie schnell loszuwerden.
»Supi!«, quietschte Kris.Typisch, dass Kris solche Sachen wie »Supi« sagt. Das war fast so schlimm wie mein »Alles paletti«, nachdem ich zum ersten Mal in meinem Leben ein männliches Geschlechtsteil gesehen hatte. »Wir brauchen nämlich möglichst viele Helfer. Bis jetzt machen nur die Leute von der SMV mit. Und meine Freundinnen vom ›Richtigen Weg‹ natürlich. Ich finde das echt voll peinlich. Ich meine, dass der Präsident sich entschlossen hat, seine wichtige neue
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