Bleib nicht zum Frühstück
offenbar unmöglich, sie anzusehen. »Ich bin – das ist äußerst schmeichelhaft.«
Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. »Ich glaube nicht, daß du dich dadurch geschmeichelt fühlst. Viel eher erschreckt dich meine Ehrlichkeit zu Tode. Und außerdem denke ich, daß du meine Liebe nicht erwiderst.«
»Was, zum Teufel, sollen denn überhaupt so viele Worte?« Er stapfte um seinen Schreibtisch herum. »Wir kommen besser miteinander zurecht, als jeder von uns jemals erwartete, und wir bekommen ein gemeinsames Kind.
Warum müssen wir jetzt auch noch von Liebe anfangen?
Ich habe dich gern, und meiner Meinung nach ist das genug.« Erschöpft ließ er sich in seinen Sessel fallen, als sähe er das Gespräch als beendet an.
Aber sie gab immer noch nicht auf. Vielleicht hatte sie im Verlaufe der letzten Monate einen gewissen Mut erlangt oder auch bloß Trotz – aber es wurde Zeit, daß er ihrer Beziehung noch etwas anderes zugestand als Sex und ein bißchen Spaß. »Ich fürchte, Zuneigung reicht mir als Grundlage für eine gemeinsame Zukunft nicht aus.«
Ungeduldig winkte er ab. »Warten wir doch, was uns die Zukunft bringt. Im Augenblick will sich doch keiner von uns beiden festlegen.«
»Als wir das letzte Mal darüber gesprochen haben, gingen wir davon aus, daß es direkt nach der Geburt des Babys zur Scheidung kommt. Bleibt es dabei?«
»Bis dahin ist ja wohl noch eine Menge Zeit. Woher soll ich wissen, was ich bis dahin empfinde?«
»Aber du hast immer noch vor, dich scheiden zu lassen?«
»Ursprünglich war das mein Plan.«
»Und jetzt?«
»Wie soll das einer von uns wissen? Am besten nehmen wir jeden Tag so, wie er kommt.«
»Ich will die Zeit aber nicht mehr in Tagen messen.«
»Tja, momentan muß es eben genügen.«
Er blockte alles ab, aber sie kam mit dem bisherigen Schwebezustand nicht mehr zurecht. Tränen stahlen sich in ihre Augen, doch sie blinkte sie zurück. Sie mußte sich aus der Affäre ziehen, solange sie noch ihre Würde besaß, doch in aller Aufrichtigkeit.
»Aber mir genügt es nicht mehr, Cal. Ich hatte nicht die Absicht, mich in dich zu verlieben — freilich hast du mich nicht darum gebeten –, aber es ist nun mal passiert. Es scheint mein Schicksal zu sein, alles zu verpfuschen, was dich betrifft.« Sie fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen.»Ich kehre nach Chicago zurück.«
Er schoß aus seinem Sessel hoch. »Den Teufel wirst du tun!«
»Sobald das Baby geboren ist, werde ich mich bei dir melden; aber bis dahin wäre ich dir dankbar, wenn du dich nötigenfalls an meinen Anwalt wenden würdest. Selbstverständlich werde ich dir keine Steine in den Weg legen, was das Besuchsrecht und ähnliche Dinge betrifft.«
»Du rennst weg!« bellte er. »Dir fehlt einfach der Mumm, hierzubleiben und die Dinge zu klären.«
Nur mit Mühe bewahrte sie ihre Beherrschung. »Was gibt es denn da noch zu klären? Du willst dich immer noch von mir scheiden lassen, wenn das Baby geboren ist.«
»Das eilt doch gar nicht.«
»Aber du hast es immer noch vor.«
»Und wenn schon? Wir sind Freunde, und es gibt keinen Grund, jetzt so grundsätzlich zu werden, finde ich.«
Voller Schmerz fand sie bestätigt, was ihr im Grunde ihres Herzens bereits klar gewesen war. Er betrachtete ihre Ehe nicht als dauerhaft, sondern zögerte das Ende lediglich ein wenig hinaus. Sie trat in den Flur hinaus.
Innerhalb einer Sekunde stand er neben ihr. An seiner Schläfe pochte eine Vene, und seine Miene verriet bodenlosen Zorn. Sie war nicht im geringsten überrascht. Ein Mann wie Cal war es nicht gewohnt, die Pistole auf die Brust gesetzt zu bekommen.
»Wenn du dir einbildest, daß ich dir nachlaufen werde, irrst du dich! Sobald du aus dieser Tür gegangen bist, sehe ich unsere Ehe als beendet an. Dann bist du für mich gestorben, klar?«
Sie nickte und blinzelte abermals die Tränen fort.
»Ich meine es ernst, Jane!«
Ohne ein weiteres Wort machte sie kehrt und verließ sein Haus.
Cal blieb nicht stehen, um zuzusehen, wie sie die Einfahrt hinunterfuhr. Statt dessen trat er die Tür ins Schloß und stapfte in die Küche, wo er eine Flasche Scotch aus der Speisekammer klaubte. Einen Moment lang überlegte er, ob er das Zeug trinken sollte oder ob ein gezielter Wurf der Flasche gegen die Wand das Gebot der Stunde war. Er wollte verdammt sein, ehe er sich von ihr zu etwas, zu dem er noch nicht bereit war, drängen ließ.
Mit einem Ruck drehte er den Verschluß auf und hob die Flasche an seinen
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