Bleib nicht zum Frühstück
Mund. Der Scotch brannte ihm im Hals.
Wenn sie es so wollte, dann gut. Er wischte sich die Lippen mit dem Handrücken ab. Es wurde höchste Zeit, daß er sein gewohntes Leben wieder aufnahm.
Doch statt sich besser zu fühlen, hätte er am liebsten den Kopf in den Nacken gelegt und losgeheult. Er nahm einen weiteren Schluck und hätschelte seinen Groll gegen das elende Flintenweib.
Ihr hatte er mehr geboten als einer Frau zuvor – seine Freundschaft, verdammt noch mal –, und was tat sie? Sie warf sie ihm vor die Füße, nur weil er nicht bereit war, vor ihr auf die Knie zu sinken und freiwillig um lebenslange Strafen wie das Aussuchen verdammter Tapeten zu betteln!
Der Griff seiner Hand um den Flaschenhals verstärkte sich. Er gäbe ganz bestimmt nicht nach. Es gab jede Menge Frauen, die jünger waren und hübscher, Frauen, die es nicht notwendig fanden, sich wegen jeder Kleinigkeit mit ihm anzulegen, die tun würden, was er sagte, und ihn ansonsten in Ruhe ließen. Das schwebte ihm vor! Eine junge, schöne Frau, die ihn in Ruhe ließ.
Nach dem dritten Schluck kehrte er in sein Arbeitszimmer zurück, wo er sich dann endgültig vollaufen ließ.
Jane brachte es nicht übers Herz abzureisen, ohne sich von Annie zu verabschieden. Ebensowenig konnte sie sich jetzt schon ihrer Trauer ergeben, so daß sie kräftig blinzelte und zitternd einatmete, während sie auf den Heartache Mountain zufuhr. Lynns Wagen war dankenswerterweise nirgends zu sehen, denn so konnte sie Annie Lebewohl sagen, ohne jede feindselige Zeugin.
Das Haus sah ganz anders aus als an ihrem Ankunftstag.
Cal hatte es weiß gestrichen sowie die schief hängenden Fensterläden und die ausgetretene Vordertreppe repariert.
Als sie eintrat und Annies Namen rief, verdrängte sie die Erinnerung an die Fröhlichkeit, die ihre gemeinsame Arbeit begleitet hatte.
Als sie die Küche erreichte, sah sie durch die Fliegentür, daß Annie draußen in der Sonne saß und grüne Bohnen aus einer Tonschale in ihren Schoß schnippelte. Während Jane die rhythmischen Bewegungen der alten knorrigen Finger beobachtete, hätte sie ihr am liebsten die Schale abgenommen und selber weitergemacht. Bohnenschnippeln war eine Arbeit, die die Technik in keiner Weise beeinflußt hatte. Bereits vor Hunderten von Jahren hatten die Frauen diese Verrichtung ebenso gemacht. Mit einem Mal kam es ihr vor, als brächte das Brechen der Bohnen etwas Solides in ihr Leben zurück, als erführe sie durch diese Tätigkeit eine Verbindung zu all den Frauen der Vergangenheit, die im Laufe der Geschichte Bohnen geschnippelt und den Herzschmerz überlebt hatten, den ihnen gewissenlose Kerle bescherten.
Sie biß sich auf die Lippe und trat entschlossen durch die Tür.
Annie hob den Kopf. »Wurde auch langsam Zeit, daß du dich mal wieder blicken läßt.«
Sie setzte sich auf den Stuhl neben Annie und betrachtete die Schale, unter der eine alte Zeitung für die Abfälle ausgebreitet war. In diesem Augenblick erschien ihr der Inhalt der Schale als kostbare, unabdingbare Voraussetzung für ihr Wohlgefühl. »Kann ich das übernehmen?«
»Aber verschwende nichts!«
»In Ordnung.« Mit zitternden Händen griff sie nach der Schale in Annies Schoß, und mit größtmöglicher Konzentration beugte sie den Kopf, zog eine Bohne heraus und schnippelte vorsichtig die Enden ab. Offenbar machte sie es richtig, denn Annie äußerte keine Kritik. Sie ließ die Stipsel in ihren Schoß fallen und brach sorgfältig die Bohnen in mundgerechte Stücke.
»Das sind gekaufte Bohnen. Die aus meinem Garten schmecken wesentlich besser.«
»Ich wünschte, ich wäre lange genug hier, um sie zu probieren.« Ihre Stimme klang beinahe normal. Ein wenig tonlos vielleicht. Ein wenig angespannt. Aber passabel.
»Sie werden, lange bevor Cal wieder ins Trainingslager muß und ihr wieder nach Chicago fliegt, reif sein.«
Jane sagte nichts. Statt dessen nahm sie eine weitere Bohne aus dem Topf, vergrub ihren Daumennagel in einem Ende und trennte es ab.
Während der nächsten Minuten kümmerte sie sich ausschließlich um das Gemüse, während Annie ein Rotkehlchen beobachtete, das von einem Ast ihres Magnolienbaums zum nächsten hüpfte. Doch statt mittels Annies Ruhe und der Wärme der Sonne auf ihrer Haut einschließlich der Wiederholung dieser durch und durch weiblichen Tätigkeit Frieden zu finden, unterminierten sie ihre Abwehrmechanismen, bis sie schließlich ihre Fassung verlor.
Eine Träne quoll ihr aus dem Auge, rann
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