Bleib nicht zum Frühstück
nach Ansicht der älteren Wissenschaftler, immer noch eine Männerdomäne zu sein.«
Cal runzelte die Stirn. »Ich hatte gehofft, Sie fänden ein bißchen mehr heraus.«
»Cal, ich weiß, Ihnen wäre es am liebsten, wenn all das bereits seit gestern auf dem Tisch läge – aber es wird eine Weile dauern, wenn wir nicht wollen, daß jemand Verdacht schöpft.«
Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Sie haben recht.
Nehmen Sie sich soviel Zeit, wie Sie brauchen; aber sehen Sie zu, daß die Sache weitergeht. Sie haben vollkommene Handlungsfreiheit in dieser Angelegenheit. Jedenfalls muß etwas geschehen!«
»Alles klar.«
Sie sprachen noch ein paar Minuten über die Bedingungen des zu erneuernden Vertrages, aufgrund dessen Cal für eine Fast-Food-Kette warb, und über das Vertragsangebot, das ihm ein Sportartikelhersteller unterbreitet hatte; doch gerade, als er auflegen wollte, fiel ihm noch etwas ein.
»Schicken Sie morgen einen Ihrer Leute los, damit er mir einen Stapel Comic-Hefte besorgt. ›Soldier of Fortune‹ beispielsweise, irgendwas mit möglichst viel Action – und vielleicht noch ein paar Bugs Bunnys dazu. Ich brauche vier oder fünf Dutzend.«
»Comic-Hefte?«
»Ja.«
Brian fragte nicht weiter, obgleich Cal wußte, daß er den Grund für diesen eigenartigen Auftrag nicht verstand. Ihr Gespräch endete, und er begab sich auf die Suche nach der Frau, die sein Leben auf so hinterhältige Weise verändert hatte, in den oberen Stock.
Er verspürte nicht einmal den Hauch von Gewissensbissen wegen seiner Rachepläne. Auf dem Spielfeld hatte er zahlreiche Lektionen gelernt, von denen er besonders eine stets beherzigte. Spielte einem jemand übel mit, so mußte man doppelt so übel zurückschlagen, sonst würde man in Zukunft immer mehr schikaniert, und dieses Risiko wollte er um jeden Preis vermeiden. Er hatte nicht die Absicht, für den Rest seines Lebens über die Schulter zu gucken, um herauszufinden, was sie wohl als nächstes tat. Sie sollte ruhig sehen, wie weit sie bei ihm käme mit ihren Hinterfotzigkeiten.
Er fand sie im Kinderzimmer, wo sie, die Brille im Schoß, zusammengerollt im Schaukelstuhl kauerte. Im Schlaf sah sie sehr verletzlich aus, aber er wußte, daß das eine Täuschung war. Von Anfang an hatte sie sich einer kaltblütigen und berechnenden Vorgehensweise bedient und den Verlauf seines Lebens auf eine Weise manipuliert, die er ihr nie verzieh. Nicht nur den seines Lebens, ergänzte er, sondern obendrein noch den eines unschuldigen Kindes – was sicher noch schlimmer war.
Kinder mochte er immer schon. Seit über zehn Jahren verbrachte er einen Großteil seiner Freizeit mit sozial benachteiligten Sprößlingen, auch wenn er diese Arbeit sorgsam für sich behielt; unter gar keinen Umständen wollte er, daß jemand aus ihm so etwas wie einen Heiligen machte. Er hatte immer gedacht, daß alles in geordneten Bahnen verlaufen würde, ränge er sich tatsächlich einmal zu einer Heirat durch. Selber war er in einer einigermaßen stabilen Familie groß geworden, und die Beobachtung, daß es zwischen seinen Freunden und deren Ex-Frauen ein ständiges Hick-Hack um die Kinder gab, quälte ihn richtig. Er hatte sich geschworen, so etwas täte er einem Kind niemals an, aber Dr. Jane Darlington hatte diesen Grundsatz zunichte gemacht.
Näher herangekommen sah er, wie das Licht des Mondes ihrem Haar einen silbrigen Schimmer verlieh. Eine wilde Locke hatte sich weich an ihre Wange geschmiegt. Sie saß ohne Jacke da, und ihr Seidentop lag eng an ihrer Brust, die sich bei jedem Atemzug sanft senkte oder hob.
Im Schlaf sah sie jünger aus als in dem Augenblick, als er sie in der Rolle der phänomenalen Physikprofessorin erlebt hatte. Damals hatte sie so vertrocknet gewirkt, als wäre ihr Lebenssaft längst verdunstet; aber schlafend und im Mondschein wirkte sie taufrisch, vital, verjüngt, so daß er echtes Verlangen nach ihr empfand.
Seine körperliche Reaktion auf ihren Anblick verstörte ihn. Als er die ersten beiden Male mit ihr zusammengewesen war, hatte er nicht geahnt, was für eine hinterhältige Betrügerin sie war. Nun wußte er es, aber offenbar drang die Erkenntnis nicht bis in seine Lenden durch.
Abrupt leitete er die nächste Szene in ihrem unschönen Melodram ein: Er stellte die Spitze seines Schuhs auf den Rand des Schaukelstuhls. Der Stuhl schwang nach vorn, und sie fuhr erschrocken aus dem Schlaf.
»Zeit, ins Bett zu gehen, Rosebud.«
Sie riß die grünen Augen auf und
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