Bleib nicht zum Frühstück
hätten als zu einer Professorin für theoretische Physik. Trotzdem fand sie sie unwiderstehlich.
Sie öffnete den obersten Knopf ihrer Bluse und sah, wie der spitzenbesetzte Rand ihres schwarzen BHs zum Vorschein kam. Nach einem Blick in den Spiegel stieß sie einen Seufzer aus und knöpfte die Bluse wieder zu. Für den Augenblick reichte der überdimensionale Ohrschmuck erst mal.
Cal betrat die Diele, als sie die Treppe herunterstöckelte.
Er trug ein altes Stars-T-Shirt, durch das seine prachtvoll entwickelte Brustmuskulatur vorteilhaft zur Geltung kam, und eine Jeans, die so eng, zerschlissen und fadenscheinig war, daß er ebensogut auch gleich ganz ohne hätte erscheinen können.
Sein Blick traf sie wie eine leichte Brise an einem heißen Sommertag. Sie errötete, stolperte und klammerte sich Halt suchend ans Geländer.
»Ist irgendwas nicht in Ordnung?«fragte er in unschuldigem Ton.
Idiot! Er wußte ganz genau, was nicht in Ordnung war.
Er war die Verkörperung jeder sexuellen Phantasie. »Tut mir leid. Ich habe gerade über die Seilberg-Witten-Theorie nachgedacht. Ziemlich kompliziert.«
»Darauf wette ich!« Sein Blick gab ihr das Gefühl, daß die lange Zeit, die sie mit Ankleiden verbracht hatte, nicht vergeudet war. »Ein rückenfreies Oberteil konntest du offenbar nicht finden, was?«
»Sie sind alle in der Wäsche.«
Er lächelte, und als wieder das Grübchen in seiner Wange auftauchte, fragte sie sich, wie, in aller Welt, sie an dieses Exemplar geraten konnte. So wie er aussah, schien er geradewegs aus einem anderen Sonnensystem gelandet zu sein.
Da sie ihre Jacke vergessen hatte, machte sie kehrt.
»Und, kriegst du etwa jetzt schon Bammel?«
»Ich brauche eine Jacke.«
»Nimm das hier.« Er trat an den Garderobenschrank und zog ein graues Sweatshirt mit Reißverschluß hervor.
Sie trat näher, und als er es ihr um die Schultern legte, ließ er seine Hände einen Augenblick auf ihren Oberarmen ruhen. Er roch betörend nach Kiefernnadeln, Seife und typisch Cal Bonner: nach berauschender Gefahr.
Die weichen Falten des Sweatshirts fielen über ihre Hüften, und als sie an sich herunterblickte, wünschte sie sich, zu den Frauen zu gehören, denen Männergarderobe stand.
Hingegen sie sah wahrscheinlich höchstens wie ein Möchtegern aus. Da er jedoch nichts an ihr auszusetzen schien, fühlte sie sich recht ermutigt.
Er hatte den Jeep vor dem Haus geparkt, und wie immer öffnete er ihr zuvorkommend die Tür. Als er den Wagen anließ und die Einfahrt hinunterrollte, merkte sie, wie nervös sie war, und sie wünschte sich, er würde etwas sagen, was die Spannung brach. Statt dessen bog er in zufriedenem Schweigen in den Highway ein.
In der Stadt kamen sie an den bereits geschlossenen Geschäften und dem ebenfalls geschlossenen Petticoat Junction Cafe vorbei. Bei der Fahrt durch eine der Seitenstraßen entdeckte sie ein erleuchtetes Gebäude, vor dem eine Reihe geparkter Wagen stand. Dies war offenbar Cals Stamm-lokal, der Mountaineer.
Sie erreichten das Ende der Stadt und umrundeten den Heartache Mountain; doch gerade, als sie dachte, daß er mit ihr zu Annie fuhr, verlangsamte er das Tempo des Jeeps und bog in einen beklagenswert löchrigen Kiesweg ein. Das Licht der Scheinwerfer fiel auf ein verfallenes Gebäude, das nicht viel größer als ein Fahrkartenschalter war und das sich hinter einer schweren, quer über den Weg gespannten Kette befand.
»Wo sind wir?«
»Guck dich einfach um, dann weißt du es.« Er brachte den Wagen zum Stehen und zog eine Taschenlampe unter dem Sitz hervor. Dann kurbelte er das Fenster herunter und leuchtete in die Dunkelheit hinaus.
Sie beugte sich ein wenig vor und sah ein sternförmiges, von zerborstenen Glühbirnen gerahmtes, purpurfarbenes Schild, auf dem Pride of Carolina stand. »Das hast du dir für unsere erste Verabredung ausgesucht?«
»Du hast gesagt, daß du als Teenager nie in einem Autokino warst. Also wird es dafür allmählich höchste Zeit.«
Er grinste, als er ihre verblüffte Miene sah, löschte die Taschenlampe und stieg aus dem Wagen, um die Kette loszumachen, die ihn zum Anhalten gezwungen hatte. Hierauf fuhr er gemächlich weiter, wobei sie aufgrund der zahlreichen Schlaglöcher hin- und herflog.
»Meine erste Verabredung mit einem Multimillionär«, knurrte sie. »Und dann kommt so etwas.«
»Jetzt tu mir nicht weh und sag, du hättest den Film bereits gesehen!«
Sie lächelte und klammerte sich am Türgriff fest, damit sie
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