Bleib ungezaehmt mein Herz
Knie zitterten geradezu absurd. »Du hast mir Angst eingejagt!«
»Ich dachte, darum ginge es bei dem Spiel. Jäger und Beute... Opfer und Verfolger.« Er streichelte ihr Haar, wo es an seiner Brust lag.
»Sicher, darum geht es ja auch, aber ich habe nicht damit gerechnet, daß du mich so erschrecken würdest.« Sie richtete sich auf und legte die Hände auf seine Brust, ihr Lächeln ein perlmuttfarbenes Schimmern im dunklen Zwielicht. »Sebastian hat mich nie erschreckt, als wir früher als Kinder Verstecken gespielt haben. Ich hörte ihn immer kommen.«
»Vielleicht bringt Reife mehr Raffinesse mit sich«, murmelte er, auf seine bestrumpften Füße hinabblickend.
Judith folgte seinem Blick und brach in lautes Lachen aus. »Du hast die Schuhe ausgezogen!«
»Aufmerksam von dir... aber da ich dich jetzt gefunden habe, werte Gattin, schuldest du mir ein Pfand.«
Judiths Augen verengten sich. »Aber hättest du mich gefunden, wenn ich dich nicht auf mich aufmerksam gemacht hätte?«
»Das, fürchte ich, werden wir wohl niemals wissen.«
Judith kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe. »Trotzdem frage ich mich, ob diese Möglichkeit nicht an den ursprünglichen Bedingungen unserer Abmachung etwas ändert.«
Marcus schüttelte den Kopf. »Nein, meine Liebe, sie ändert nichts daran. Ich habe dich gefunden ... vollkommen, würde ich sagen.«
»Ich nehme an, das ist wahr.«
»Also fordere ich jetzt meine Belohnung.«
Judith lächelte. »Na schön. Und du kannst dein Pfand dann anschließend bezahlen.«
»Seit wann müssen Gewinner auch ein Pfand bezahlen?« fragte Marcus.
»Seit ich beschlossen habe, die Regeln aufzustellen«, gab sie zurück. »Wir hatten nicht abgemacht, daß der Gewinner alles bekommt.«
Eine ganze Weile später lag Judith in lustvoller Selbstvergessenheit und Hingabe im schimmernden Kerzenlicht ausgestreckt, den dicken Teppich der Bibliothek unter ihrem Rücken spürend. Marcus hielt ihre Hinterbacken mit den Händen umfaßt und hob sie hoch, um ihren Schoß mit der Zunge zu erforschen. Es gibt wohl keinen Unterschied im sinnlichen Genuß des Lustspenders und des Lustempfängers, dachte sie flüchtig, als sie ihre Hüften unter den feurigen, leidenschaftlichen Liebkosungen seiner Zunge, dem zärtlichen Spiel seiner Lippen vor- und zurückbewegte.
Im Haus herrschte absolute Stille, nur das Zischen und Prasseln des Kaminfeuers unterbrach das Schweigen. Judith fühlte seine Hitze auf ihren nackten Schenkeln, so wie sie die wachsende Glut in ihren Lenden spürte. Die Glut loderte zu einem mächtigen Feuer auf, als sie den Höhepunkt der Wollust erreichte. Judith lachte leise, spürte Marcus' warmen Atem auf ihrem Schoß, während er in ihr Lachen einstimmte, selbst ganz verzückt über ihre plötzliche Erleichterung.
Er rollte sich auf den Rücken und zog Judith mit sich, bis sie der Länge nach auf ihm lag, fühlte, wie sich die weiche Stelle zwischen ihren Schenkeln gegen seine erregte Männlichkeit preßte. Er spreizte ihre Beine, hob ihre Hüften an und drang langsam in ihr immer noch pulsierendes Fleisch ein. Judith schloß sich um ihn und richtete sich auf, bis sie rittlings auf ihm saß. Sie bewegte sich mit trägen, lustvollen Bewegungen auf ihm, schob die Hüften vor und zurück, trieb sie beide auf einen neuen Höhepunkt der Erregung zu.
Mit derselben Trägheit wandte sie den Kopf zur Verandatür um. Jenseits der Fenster erstreckte sich der mit Rauhreif überzogene Rasen, blaß im Mondschein glitzernd. Und Judith überkam das Gefühl, zum ersten Mal in ihrem Leben wirklich und vollkommen glücklich zu sein.
Früher war in ihrem Leben nie Raum für ungetrübtes Glück gewesen. Aber in diesem kostbaren Augenblick, eingehüllt in Leidenschaft, schien selbst Rache plötzlich ihren Reiz verloren zu haben... war irgendwie unwichtig geworden. Nur zu bald würden sie nach London zurückkehren, und sie würde sich wieder mit Gracemere befassen müssen, aber daran wollte sie jetzt nicht denken.
Sie legte ihre Lippen auf seine.
23. Kapitel
»Ich hoffe, Sie haben den Aufenthalt genossen, Judith.« Bernard Melville vollführte mit seiner Tanzpartnerin eine schwungvolle Drehung.
Judith seufzte. »Nein, es war unglaublich öde. Auf dem Land ist es so langweilig, und Carrington befaßte sich die ganze Zeit mit geschäftlichen Angelegenheiten.«
»Und trotzdem hat er darauf bestanden, daß Sie ihn begleiten?« Gracemere schüttelte den Kopf und schnalzte mißbilligend mit der Zunge. »Wie
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