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Bleib ungezaehmt mein Herz

Titel: Bleib ungezaehmt mein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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einer jungen Frau in purpurrotem Satin zu, die bereitwillig herbeieilte. Ihr Abendkleid war prächtig, die Spitze am Hals duftig, aber die Spitze saß leicht schief, und der Ausschnitt war so tief, daß er nur knapp ihre Brustspitzen verhüllte.
    »Hier entlang, Sir... Madam.« Sie nahm Judith kaum zur Kenntnis, schenkte Gracemere, der sie lüstern mit einem Finger unter dem Kinn kitzelte, jedoch ein verführerisches Lächeln.
    Sie gingen die Treppe hinauf in ein kleines Wohnzimmer, das genauso protzig eingerichtet war wie der Raum im Erdgeschoß. Ein Feuer brannte im Kamin; davor stand ein runder Tisch, der für zwei gedeckt war. Ein mit Kissen überladener Diwan war das einzige andere Möbelstück, abgesehen von einem geschnitzten Wandschirm in einer Zimmerecke. Dahinter verbarg sich der Nachtstuhl, wie Judith wußte. Räume wie diese waren so ausgestattet, daß sie allen Bedürfnissen in völliger Privatsphäre gerecht wurden.
    »Großer Gott, Bernard«, sagte Judith mit einem verblüfften kleinen Lachen. »Was für ein seltsamer Ort. Es sieht bald mehr nach einem Schlafzimmer statt nach einem Eßzimmer aus.«
    »Es ist ein sehr intimes Hotel«, erwiderte er, Wein in zwei Gläser einschenkend. »Einen Toast, meine liebe Judith.«
    Sie nahm das Glas. »Und worauf trinken wir, Sir?«
    »Auf Abenteuer und die gelungene Irreführung diktatorischer Ehemänner.« Er hob sein Glas und lachte ihr zu, als er trank.
    Judith nahm lächelnd einen Schluck, dann trat sie mit ihrem Glas ans Fenster und zog den Vorhang auf, um auf die Straße hinunterzuschauen. Im Schutz des Vorhangs holte sie das Päckchen aus ihrer Handtasche und schüttete den Inhalt in ihr Weinglas.
    »Gibt es viele solcher Hotels in dieser Straße, Bernard?« fragte sie im Ton unschuldiger Neugier, als sie sich wieder zu ihm umwandte und ihm ein großäugiges Lächeln schenkte. Sie trank ihr Glas mit einem einzigen Schluck aus. »Kann ich noch etwas Wein haben?«
    »Aber natürlich, meine Liebe.« Er kam mit der Karaffe zu ihr. Wenn sie sich wieder betrank, würde das der Sache diesmal nur noch mehr Würze verleihen. Wahrscheinlich würde sie sich nicht mehr erinnern, was passiert war, und er könnte sie für ihren Mann in eindeutig lädiertem Zustand vor Haustür deponieren.
    Judith hob ihr frisch gefülltes Glas, dann schnappte sie entsetzt nach Luft und stellte das Glas brüsk auf dem Tisch ab. Sie fuhr sich mit einer Hand an die Kehle, und ihr Gesicht nahm unter Gracemeres verblüfftem, erschrockenem Blick eine delikate Grünschattierung an. Mit einem plötzlichen Aufstöhnen floh Judith hinter den Wandschirm, von wo gleich darauf höchst unromantische und ganz und gar nicht damenhafte Geräusche ertönten.
    Marcus entschuldigte seine Frau bei seinen Gastgebern mit einer höflichen Notlüge. Er tat, was von ihm erwartet wurde, mischte sich unter die anderen Gäste, von denen er die meisten schon seit seiner Kindheit kannte, verzehrte ein mittelmäßiges Abendessen, genoß den recht guten Burgunder und folgte dann den übrigen Gästen zur Musikdarbietung ins Wohnzimmer.
    »Lord Carrington, was für ein unerwartetes Zusammentreffen !« Agnes Barret tauchte plötzlich am Arm ihres ältlichen Ehemannes auf, gerade in dem Moment, als die Harfenistin ihren Platz einnahm. »Wir konnten nicht eher kommen«, flüsterte sie und setzte sich neben den Marquis.
    »Wir hatten noch eine andere Dinnereinladung, konnten die Willoughbys aber nicht vor den Kopf stoßen. Sie sind gute alte Freunde meines Mannes.« Sie fächelte sich heftig Luft zu und blickte sich im Raum um, eifrig nickend und lächelnd, wenn sie Bekannte entdeckte.
    Marcus murmelte etwas Passendes. Er fand, daß sie wirklich eine sehr attraktive Frau war mit den schönen Augen, den hohen Wangenknochen und dem frechen Zug um ihre hübsch geschwungenen Lippen, der etwas seltsam Vertrautes hatte.
    »Lady Carrington ist nicht mitgekommen?« Agnes wandte sich zu Marcus um und lächelte ihn strahlend an.
    »Nein, sie hatte bereits eine Verabredung«, erwiderte er.
    »Ah.« Agnes runzelte die Stirn, als überlegte sie. »Nicht in der Jermyn Street, nein, natürlich nicht.«
    Eine böse Vorahnung kroch Marcus' Rückgrat herauf wie Flammen an einem geteerten Stab. »Das glaube ich wohl kaum, Madam.«
    Agnes schüttelte den Kopf. »Nein, natürlich nicht. Dumm von mir, aber ich hatte den unmißverständlichen Eindruck, ich hätte sie aus einer Kutsche aussteigen sehen... war wohl eine Täuschung des Lichts. Die

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