Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
will die Daumen halten, damit er es schafft. Hast Du meinen Brief und Karte, welche ich gestern auf den Hauptbahnhof geschafft habe erhalten? Das Geld mit dem Geldbriefträger kam gerade, als ich schweren Herzens die Treppe hinunterstieg, um auf der Post 50 M abzuheben. 263 M ist doch fabelhaft, was? Was meinst Du, ist da wohl der Ausgleich von Januar bis März dabei, oder haben die das Geld, was bei der Kompanie für Dich bereitliegt, wieder zurückgeschickt. Da wäre es aber bald zu wenig. Du schreibst, daß meine 50 M und von Mutter 35 M noch dort liegen. Hast Du denn da die 110 M, von Grete 80 und mir 30 schon bekommen, sonst müssen die auch noch dort liegen. Da wird es ja nun mit Sachen schicken vorläufig nichts werden, vielleicht klappt es in Frankreich. Ist es nicht schön, wenn Ihr jetzt so in der Gegend rumkommt? Du reist doch auch gerade so gern als ich. Freilich ist zwischen richtigem Reisen und Euren Transporten ein großer Unterschied. Aber trotzdem, Ihr seht doch was von der Welt. Ich glaube Dir das auch ganz gern, daß alle Eure Sachen verdrecken, aber was wollen wohl alle die armen Kerle sagen, die von einer Front an die andere gekommen sind und noch Ungeziefer mit sich rumschleppen müssen. Übrigens ist Bambergs Arthur nun auch weggekommen. Ilse war jetzt nochmal acht Tage bei ihm und nun ist er auch auf großer Fahrt. Wohin? Die sind da gerade vier Wochen ausgebildet worden. Ich will nun heute Abend mal rüber gehen, denn ich nehme an, Ilse wird ziemlich geknickt sein; ich kann ihr das gut nachfühlen, denn das Ungewisse hat man doch auch schon alles durchgemacht. Vielleicht kommt er vorläufig nur zur Besatzung und nach dem Norden. Heute mit diesem Brief gebe ich ein 100 Gramm Päckchen mit Feiertagszigaretten auf und auch von Papa die Zigarrenkisten wieder gefüllt. Hoffentlich kommt beides an. Ich möchte Dir ja so gern einen Kuchen schicken, aber leider. Halt mir bloß die Daumen, daß wir endlich mal Eier bekommen. Heute ist Dienstag, und bis jetzt sieht es noch nicht so aus, als ob. Daß Ihr dort immer noch Wehrmachtbetreuung habt, ist doch eigentlich nett. Und schlecht sind die Darbietungen doch anscheinend auch nicht. Die drei Wochen werden schon auch noch rumgehen, die große Hälfte habt Ihr doch schon wieder geschafft, und dann drücken wir weiter die Daumen und es wird schon alles richtig werden. Wie war es denn nun in Appeldoorn beim Doktor? Hast Du nun Einlagen bekommen? Heute schreibe ich Dir nun schon früh, denn Du weißt ja daß ich mir das jetzt leisten kann, da ich zu Hause bin. Es ist mir alles ein bißchen langweilig, denn ich bin das überhaupt nicht gewöhnt. Früh stehe ich um 7 – ½ 8 Uhr auf, heute allerdings als Ausnahme habe ich es verpennt und habe bis 9 Uhr geschlafen. Dann trinke ich Kaffee, dann räume ich auf und mache sauber, da wird es inzwischen 10 Uhr, da mache ich mich auf die Socken und trollere irgendwohin, von ½ 1 – ½ 2 ist Sonnen auf dem Balkon, dann Essen holen bei Stöhrs. Am Nachmittag Strümpfe stopfen oder eine ähnliche Buddelei, und der Abend ist immer riesig langweilig. Gestern Abend waren Frau Leonhard und Berthold bei mir. Frau Leonhard hatte einen prima Apfelkuchen mitgebracht und haben wir gefressen, daß es nur so eine Lust war. Heute früh gehe ich nicht spazieren, da ich Deinen Brief schreibe, dafür wollen wir heute Nachmittag, Vater, Mutter und ich, einmal nach dem Wildpark gehen. Abends gehe ich spielen, und so ist wieder ein Tag rum. Wenn ich nächste Woche das Wäschepaket von Kröhns bekomme, will ich mal meine Schätze zusammenzählen und dann das Restliche noch kaufen gehen. Nach dem Kinderwagen gehen wir dann nach Ostern, das schrieb ich Dir ja schon. Bei uns herrscht jetzt wieder ein herrliches Wetter (toi toi toi), aber trotzdem ist es noch sehr kalt. Was stellst Du die Feiertage an? Habt Ihr da dienstfrei? Ich weiß noch nicht, was ich mache, am zweiten werde ich vielleicht mal mit zu Kunads gehen. Gestern habe ich auch endlich Lisa ihre 20 M wiedergegeben, die sie mir mal lange vor Weihnachten gepumpt hat, und auch gleich die 20 M für Frau Leonhard. Also stehen wir wieder schuldenfrei da.
Nun will ich für heute schließen, kleiner Mann. Bleibe mir recht gesund und verlebe ein Osterfest so schön es eben geht und sei recht vielmals gegrüßt und geküßt und denke mal an Deine
kleine Lenifrau.
Heute werde ich mir mal ein paar Blumen kaufen, ist das leichtsinnig? Man merkt daß Grete nicht da ist, da waren immer
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