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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Ihr wohl jetzt immer zu dritt? Kleiner Hase! Tue mir bitte den Gefallen und gehe bei Alarm wenigstens zu Kürbis runter, denn ich glaube, wir werden noch allerhand erleben und ich möchte vor allen Dingen die Gewissheit haben, dass Du nicht oben bleibst. Mutter meint es doch nur gut mit Dir und vier Treppen unterm Dach ist es doch besonders gefährlich. Da hast Du ja nun wieder mal etwas Leben in der Bude durch den Besuch von Frau Kolbes Schwester, vor allem wenn sie uns Alkohol besorgen kann, ist sie noch willkommener. Auch für Mutter bringt Dein Besuch etwas Ablenkung und die gönne ich Euch von Herzen. Es tut mir direkt leid, Dass Du durch das Schreiben an mich nicht mit fortgehen konntest. Als kleine Entschädigung kriegst Du jetzt per Gedanken zwei lange Süsse, oder ist Dir eine Kinokarte liebe. Dass es in Münster mies aussieht, glaube ich gern, hoffentlich ist Köhler Kurt noch gesund, er war doch dort bei der Flak. An Tante Gretchen habe ich gestern geschrieben, nun kommt noch Helenchen dran und dann bin ich wohl mit den Geburtstagsgrüssen durch. Der Kamerad, der bei Dir war, ist Schiegner, er war mit im Fluko Leipzig. Ich hatte Dir ja früher schon von ihm erzählt, dass wir uns immer in den Haaren hatten, aber jetzt vertragen wir uns ganz gut. Hintsch ist gestern auf eine Woche nach Hause, er bekam durch den Standort Halle telegrafisch Bescheid, dass seine Schwiegermutter ganz plötzlich verschieden ist.– So, das war der erste Brief und nun habe ich mir gleich eine Zigarette angesteckt. Was sagst Du überhaupt zu den neuen Steuern, ist das nicht eine Unverschämtheit, wenn wir von den Steuern wenigstens Zigaretten kostenlos bekämen, aber seit ich vom Fluko weg bin, habe ich nur welche in der Köthener Zeit bekommen. Und dabei zählen wir als Fronttruppen.
    Mit meiner vielen Post hast Du bloss wieder mächtig viel Arbeit gehabt, aber durch das prompte Erledigen ist mein arischer Nachweis bereits heute an die Abteilung nach Berlin gegangen, also nochmals vielen Dank. Das Schlafen ist doch nur gesund, und wenn man hier mit so viel Mann zusammenliegt, da ist es Sonntag, wo um 8 Uhr wecken ist, immer mit der Ruhe aus. Mit rohen Klössen hast du mir richtig Appetit gemacht, aber die stehen ja schon auf dem Urlaubsplan. Die Papiere waren alle in Ordnung, da bin ich ganz unbesorgt. Mittags liege ich jetzt auch immer eine Stunde auf der Bärenhaut. Es hat doch wirklich seine Vorteile, wenn man Unteroffizierdienste mitmacht, obwohl mir das ganze Gebrülle bei dem Exerzieren zum Halse heraushängt. Hier ist es jetzt nicht ganz mehr so kalt, aber da man mit dem Heizen in der Kaserne spart, habe ich immer ganz schön gefroren. Jetzt habe ich mir vor paar Tagen auf der Kammer noch eine vierte Decke geholt und da ist es wenigstens auf dem Holzwollsack schön warm. Für Hannas Grüsse besten Dank und tut sie mir wirklich leid. Wo steckt denn ihr Mann? Wohl im Osten? Ja, das ist wirklich schlimm und bin ich bloss froh, dass wir nicht auch dort eingesetzt werden. Kamerad Schügner seine Post habe ich aufgehoben, aber wenn wir morgen wegfahren, gebe ich sie an Kamerad Dresen, der behält sie so lange, bis Schügner wieder aus Urlaub kommt. Er hat ausnahmsweise zur Regelung von Familienangelegenheiten Urlaub bekommen. Ich habe gestern nochmals mit Kamerad Wolf (Urlaubsbearbeiter) gesprochen; er will zusehen, dass ich am 28. oder 29.12. fahren kann. Zu Weihnachten fahren die Verheirateten, die Kinder haben; doch darüber hatten wir ja schon gesprochen, wo Du hier warst. Dass Rank Walther und ich schon am 9.11. Unteroffiziere werden, glaube ich kaum, aber am 1.12. wird es bestimmt werden. Ob nun gross Grund zum Gratulieren ist, kleiner Strolch, weiss ich nicht, denn ich habe keine grosse Lust, der Vorteil liegt natürlich in der Geldfrage, und dass man nicht jeden Dreck mitzumachen braucht. Die Beförderung nach der Heimat wäre mir natürlich viel viel lieber gewesen, aber das kommt auch einmal. Vor Dezember ist jedenfalls mit keinem Urlaub zu rechnen und ab morgen fange ich mit Tage zählen an. Und dass wir es uns beide nett und gemütlich machen, darauf kannst Du Dich verlassen. Hoffentlich bekommst Du es mit mir nicht satt, wenn ich Dir immer am Rockzipfel hänge. Mit dem Schachspielen hast Du es einesteils mit Deinem Wink mit dem Zaunspfahl recht, aber wenn Du das Kasernenleben kennen würdest, da würdest Du auch verstehen, dass man da zu wenig Ruhe hat. Aber glaube mir, die Partie beginnt noch, ehe ich auf Urlaub

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