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Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Titel: Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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anzutreffen. Der Täter müsste schon ziemlich dämlich sein, hier quasi auf die Polizei zu warten. Außerdem würde er kaum zu Fuß hier raus- kommen. Bis zur nächsten Ortschaft auf dieser Seite des Baches waren es gut zehn Kilometer. Bruchhausen war durch die Waldschlucht vielleicht sechs Kilometer entfernt, über Straßen aber fast zwölf. Ein einsamer Ort also, geradezu ideal, um sich mit einem Entführungsopfer zu beschäftigen. Aber auch ein Ort, den der Täter nicht durch Zufall gefunden haben konnte – wenn es diesen Täter denn gab.
    Doch davon ging Anou aus. Miriam Singer hatte auf sie einen grundehrlichen Eindruck gemacht, und wenn sie es ihr nicht erzählt hätte, wäre Anou nie auf die Idee gekommen, dass diese zierliche Frau intensives Selbstverteidigungstraining betrieb. Das wollte so gar nicht zu ihrer harmlosen, vielleicht sogar etwas scheuen Art passen.
    Aber was weiß ich schon über diese Frau , dachte Anou. Vielleicht hat sie schon eine Menge durchgemacht .
    Jedenfalls war sie beeindruckt davon, wie Miriam Singer sich geschlagen hatte. Sie mochte Frauen, die sich wehren konnten und auch in extremen Situationen einen kühlen Kopf bewahrten. So wie Nele. Die alte Nele, die sie bis vor einem halben Jahr noch gewesen war.
    In der Mitte des Hofes waren die Reifenspuren noch deutlicher. Dort hatte ein Wagen gewendet, offenbar in Eile, denn der Schotter war kreisförmig aufgeschoben und der nackte, gefrorene Boden darunter freigelegt.
    Jeder Stall verfügte über eine dem Innenhof zugewandte Metalltür. Anou entschied sich für die rechts von ihr. Sie ging hinüber, packte die Klinke und war überrascht, als die Tür sich tatsächlich öffnen ließ. Ein Blick auf das Schloss zeigte ihr, dass sich jemand daran zu schaffen gemacht hatte. Hier war eingebrochen worden.
    Sie zog ihre Waffe und trat ohne zu zögern ein.
    Da die schwere Tür von allein zufallen wollte, stellte Anou einen Holzblock dagegen, der offenbar für diesen Zweck neben der Tür lag. Sie musste ihn mit ein paar Tritten lösen, denn er war am Boden festgefroren. In der Tiefe des langgestreckten, fensterlosen Gebäudes ging das wenige Licht, das durch die Tür hineinfiel, verloren. Der Schalter neben der Tür funktionierte nicht; wahrscheinlich war der Strom abgestellt.
    Sie wagte sich zwei Schritte weit in die Dunkelheit.
    Plötzlich jagte ein Schauer ihren Rücken hinab, und ihr Magen verkrampfte sich.
    Nicht jetzt, auf gar keinen Fall. Komm schon, das hast du doch alles längst hinter dir gelassen.
    Statt zurückzuweichen, ging Anou noch einen Schritt weiter und versuchte dabei, die aufsteigende Panik zu ignorieren. Sie durfte sich davon nicht unterkriegen lassen, denn sonst würde Karel Murach nach all der Zeit doch noch einen Sieg davontragen.
    Anou, die noch nie einen Maststall von innen gesehen hatte, mutmaßte, dass hier Schweine gehalten worden waren. Der Raum war aufgeteilt in viele gleich große, quadratische Boxen, deren Mauern ihr bis an die Brust reichten. Unter der Decke verliefen dünne Rohre aus Edelstahl, ein Abzweig davon führte in jede Box.
    Sie ging zur ersten vor und sah hinein. Der Boden bestand aus einem Gitter aus Metall mit eng beieinander liegenden Streben. Die gesamte Box war erstaunlich sauber, trotzdem roch es nach Exkrementen und … irgendwas anderem.
    Anou rümpfte die Nase, wandte sich ab und schritt den Gang hinunter, der an der gesamten Längsseite des Gebäudes entlangführte. Die harten Sohlen ihrer Stiefel schabten über den Betonboden, und das Geräusch hallte in den dunklen Tiefen gespenstisch nach. Es klang, als riefe jemand nach ihr.
    Anouschka, komm … Komm zu mir …
    Hektisch suchte Anou in der Innentasche ihrer Jacke nach ihrer Stiftlampe, fand sie und schaltete sie ein.
    Sie leuchtete in jede Box, an der sie vorbeikam. Alle waren leer und sauber. Was hatte der Täter hier mit seinem Opfer gewollt? Lag es einfach nur an der Abgeschiedenheit und der Gewissheit, dass niemand Miriam Singer hätte schreien hören? Oder hatte diese Mastanlage in seinem Leben eine Bedeutung?
    Der Gang endete an einer Metalltür in der Stirnwand. Da die Gebäude nicht miteinander verbunden waren, musste diese Tür in einen separaten Raum führen. Anouschka probierte die Klinke – auch hier war nicht abgeschlossen. Die Scharniere der schweren Metalltür quittierten die ungewohnte Bewegung mit einem klagenden Laut.
    Mit der Waffe in Schussposition leuchtete Anou in den Raum. Er war schmal, nicht mehr als drei

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