Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod
den Kopf. »Das stimmt nicht. Ich habe Hinweise darauf gefunden, aber nicht die Fotos selbst. Das werden Sie bei Durchsicht der Mails selbst herausfinden. Zu mehr bin ich noch nicht gekommen. Ich habe den Fall ja erst seit ein paar Tagen.«
Jetzt war es Nele, die in seinen braunen Augen nach der Wahrheit suchte. War er ein Mörder? Hatte er damals seinen Kollegen erschossen, um etwas zu vertuschen? Sie konnte nicht anders, als sich auch diese Fragen zu stellen, zusätzlich zu denen, die Daniela betrafen.
Er hielt ihrem Blick stand, blinzelte kaum, und seine Hände lagen ruhig auf der Tischplatte. Beim BKA wurden sie gut ausgebildet in Verhörtaktiken. Sie würde aus diesem Mann immer nur so viel herausbekommen, wie er ihr freiwillig gab.
»Das ist nicht viel«, sagte Nele.
»Da gebe ich Ihnen Recht.«
»Sie dürfen ab sofort nicht mehr an dieser Sache arbeiten, es laufen jetzt offizielle Ermittlungen.«
»Hören Sie auf damit«, sagte Seitz gelangweilt. »Sie wissen doch genau, dass Sie es mir nicht verbieten können. Solange ich den Auftrag der Eltern habe, mache ich auch weiter.«
»Ich werde mit den Eltern reden.«
»Das hätten Sie schon viel früher tun sollen, zu einem Zeitpunkt, als die Eltern die Hilfe der Polizei gesucht haben. Da stießen die Gersteins aber auf taube Ohren. Jetzt ist es zu spät. Das Mädchen ist tot. Den Täter zu finden wird für die Eltern die Katastrophe nicht abmildern.«
»Dann werden die Eltern Sie auch nicht weiter beschäftigen.«
Er zuckte mit den Schultern. »Kann schon sein. So ist eben der Job.«
Nele beugte sich vor. »Und mein Job ist es, den Täter zu finden, der dem Mädchen das angetan hat. Sie können sich vielleicht vorstellen, wie die Leiche aussieht, aber Sie können sich nicht vorstellen, welche entsetzlichen Qualen das Kind aushalten musste, bevor sie endlich sterben durfte. Das ist mit Abstand das Widerlichste, was ich je gesehen habe, und ich werde dieses Schwein finden, glauben Sie mir. Sie können dabei helfen oder es lassen, aber finde ich heraus, dass Sie uns Informationen vorenthalten, dann mache ich Ihnen das Leben zur Hölle. Dann können Sie ihre Sachen packen und nach Ecuador auswandern. Das schwöre ich Ihnen bei allem, was mir heilig ist.«
Einen Moment herrschte eisiges Schweigen.
»Dann kann ich also gehen?«, fragte Seitz schließlich und hatte wieder dieses kleine Lächeln im Mundwinkel, das Nele so auf die Palme brachte.
Sie hätte ihn gern dabehalten, wenigstens vierundzwanzig Stunden, wusste aber, dass sie dafür nicht genug in der Hand hatte. Eine Klage wollte sie wegen des Mistkerls auch nicht riskieren.
»Bring ihn raus«, sagte sie zu Anou und verließ den Vernehmungsraum, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Alex war stinksauer.
Die Dunkelhaarige hatte ihn bis vor die Tür des Präsidiums begleitet und ihm auf seine Frage, wie er nach Hause kommen sollte, den Weg zur nächsten Bushaltestelle erklärt. Zum Abschluss hatte sie ihm noch ihre Karte überreicht und gesagt: »Falls Ihnen doch etwas einfällt.«
Mit ihrer exotischen Schönheit war sie eigentlich genau der Typ Frau, auf den er abfuhr, aber in dem Moment hätte er ihr gern einen Tritt in den hübschen Arsch verpasst.
Er hatte fast fünfzehn Minuten bis zur Bushaltestelle gebraucht, nur um dort festzustellen, dass es keinen Bus gab, der zu ihm hinausfuhr. In die Nähe, ja, aber von dort würde er noch einmal mindestens eine Viertelstunde zu Fuß gehen müssen. Und das bei dem Wetter!
Der kalte Wind kühlte zwar seinen erhitzten Kopf, und die Bewegung half, seinen Blutdruck zu senken, trotzdem hatte ihm schon der Weg hierher gereicht. Der Sturm trieb die Schneeflocken waagerecht durch die Luft, man konnte kaum etwas sehen, außerdem waren die Bürgersteige rutschig.
Im Schutz der Bushaltestelle zog Alex sein Handy hervor und wählte Jördis’ Nummer. Vielleicht waren die beiden ja schon zurück von ihrem Einkaufsbummel.
Es meldete sich niemand.
Carlas Nummer hatte er leider nicht.
»Verfluchte Scheiße!«, sagte er laut und widerstand der Versuchung, das teure iPhone aufs Pflaster zu schmettern.
Stattdessen nutzte er es dazu, ein Taxi zu rufen. Die Fahrt würde ihn ein kleines Vermögen kosten, und das nur, weil diese blöde Blondine ihn nicht ausstehen konnte.
Selbst wenn sie ihn eingesperrt hätte, hätte sie von ihm keine Informationen zu dem …
Alex erstarrte.
Siedend heiß fiel ihm ein, dass er die DVD in der Lade seines Computers vergessen hatte.
Das
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