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Bleiernes Schweigen

Bleiernes Schweigen

Titel: Bleiernes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Fogli
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als sie, und sie hat ihn in ihrer Stammkneipe kennengelernt. Zwei Tage später sind sie miteinander im Bett gelandet. Nach einer Woche ist er das erste Mal verschwunden. Als er wieder aufgetaucht ist, hat er sofort klargestellt, dass sie weder Fragen noch Ansprüche stellen dürfe.
    Um es noch einmal ganz deutlich zu machen, ist er handgreiflich geworden. Dann hat er ihr das Koks gegeben und sie haben gefickt. Die ganze Palette. Zehn Tage später ist er wieder verschwunden. Doch als er dann wiederkam, hat sie die Klappe gehalten.
    »Du bist pünktlich.«
    Die Stimme kommt aus dem Dunkel. Er lehnt an der Mauer unter dem Vordach und raucht.
    »Überrascht dich das?«
    Er tritt aus dem Schatten. Grinst. Drecksack, denkt sie. Dann geht sie auf ihn zu, umarmt und küsst ihn.
    »Schieß los.«
    »Es kommt keiner. Nur ein Typ im Rollstuhl, ich glaub, es ist der V…«
    Er unterbricht sie.
    »Nicht mal die Tochter?«
    »Ich wusste gar nicht, dass er eine hat.«
    Er nickt. Zieht an der Zigarette. Der Saphirring glitzert im Licht der Straßenlaterne.
    »Worüber reden sie?«
    »Über nichts Besonderes. Das Übliche …«
    Er macht einen Schritt nach vorn.
    »Worüber reden sie?«
    »Ehrlich … über nichts. Dasselbe Zeug, das alle reden: das Wetter, Fußball, ein bisschen Politik …« Er grinst. »… den Krankenhausaufenthalt.«
    »Weißt du, wer ihn so zugerichtet hat?«
    »Das haben sie ihn gefragt.«
    »Die Polizei?«
    »Ja, so ein Typ, ich weiß nicht mehr …«
    »Der Name ist mir wurscht. Red weiter.«
    »Er meint, er wisse es nicht. Die sind wohl von hinten gekommen. Er hat niemanden gesehen. Die haben ihm Zeug aus der Garage geklaut, aber er hat davon nichts mitgekriegt.«
    Er nickt. Raucht zu Ende. Denkt nach.
    »Wie lange ist er noch da?«
    »Zwei, drei Tage vielleicht. Dann wird er nach Hause geschickt.«
    »Dann sehen wir uns übermorgen. Um die gleiche Zeit.«
    »Ich weiß nicht, ob die Schicht …«
    Er kommt näher. Auf Kussnähe. Steckt ihr das Erhoffte in die Tasche. Sie berührt seine Hand und das Briefchen.
    »Dann tausch sie«, raunt er. Seine Lippen streifen ihre.
    Er dreht sich um, öffnet den Regenschirm und verschwindet in der Dunkelheit.
    Sie schlüpft rasch wieder hinein und schließt die Tür. Lehnt sich mit dem Rücken gegen das Glas. Schlägt die Hände vors Gesicht. Einen Moment lang glaubt sie, in Tränen ausbrechen zu müssen. Dann lacht sie.
    »Ganz ruhig«, flüstert sie. »Bleib ganz ruhig.«
    Sie steckt die Hand in die Tasche, spürt das Plastik und dessen Inhalt unter den Fingern. Weich, unberührt. Sie atmet tief durch und schaut hinaus. Der Regen fällt.
    Du kannst es schaffen, denkt sie und kehrt auf ihre Station zurück. Weshalb ihn der Patient aus der Zwölf so brennend interessiert, geht sie nichts an. Er wird wiederkommen, das ist das Einzige, was zählt.
     
    Ich fliehe.
    Ich fliehe vor der Dunkelheit, die mich verfolgt und Gestalt annimmt. Vor dem Nichts, das die Dinge hinter mir in einen Abgrund des Schweigens zieht. Sie auslöscht, erstickt, verbirgt. Sie frisst.
    Ich fliehe vor dem Trommeln in meinem Ohr. Vielleicht ist es das Blut. Die Angst. Die Furcht, dass etwas passieren muss. Oder passiert ist.
    Ich fliehe in einer Geisterstadt, die nicht die meine ist, die keiner Stadt gleicht, in der ich je gelebt habe oder gewesen bin. Eine Stadt ohne Menschen. Eine Stadt ohne Dinge. Eine Stadt aus Häusern und Geräuschen, in der niemand lebt, der sie hervorbringt. Eine Stadt ohne Wahrheit.
    Ich fliehe, ohne mich umzudrehen, und als ich mich umdrehe, ist das Schwarz nah und kalt und dicht und tot.
    Ich fliehe ohne ein Ziel, allein mit dem Wunsch, mich lebendig zu fühlen, zu spüren, dass etwas am Leben geblieben ist. Zu glauben, dass ein Überleben möglich ist.
    Wie geht es dir?
    Die Stimme kommt von weit her. Eine Frau.
    Wie geht es dir?
    Sie ist ganz nah, neben mir, leicht wie der Morgen und zart wie der Frühling.
    Wie geht es dir?
    Ich öffne die Augen. Mein Herz setzt aus, mein Atem stockt. Sie wirkt besorgt.
    Ich lächle. Ich hatte vergessen, dass sie mich duzt.
    »Mir geht’s gut.«
    Arianna trägt eine rote Bluse und Jeans. Ihr Haar ist zum Pferdeschwanz gebunden, die Brille ist nicht dunkel genug, um ihren Blick zu verbergen. Sie versucht zurückzulächeln und setzt sich auf die Bettkante.
    »Ich war bei dir zu Hause. Deine Nachbarin hat mir gesagt, dass du hier bist.«
    Hier ist das Zimmer Nummer zwölf in der Neuen Poliklinik, eine Mischung aus Ferienanlage und Stanley

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