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Bleischwer

Bleischwer

Titel: Bleischwer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Wünsche
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Anspannung löste. Irgendwann schlief
er, übernächtigt wie er war, auf dem Fahrersitz ein. Er erwachte völlig
verfroren erst am frühen Morgen, mit der Gewissheit, was zu tun war. Wenigstens
von Jule wollte er sich noch verabschieden, um ihr für ihre Diskretion und
Loyalität zu danken. Danach würde er das Land verlassen. Belgien und die
Niederlande waren nicht weit. Vielleicht würde er dort irgendwie Fuß fassen
können.
    Mit
steifen Gliedern stakste er durch das Morgengrauen und ließ sich dabei vom
Hauch des nahenden Frühlings auf den Wangen kitzeln. Es herrschte Totenstille
im ›Eifelwind‹. Er begegnete keiner Menschenseele. Die wenigen Dauercamper, die
noch vor Ort waren, schliefen. Schnell erreichte er den Maiwald’schen
Stellplatz.
    Zu dem
Zeitpunkt hatte Michael Faßbinder keine Ahnung, dass Jule bereits gestern
Nachmittag gemeinsam mit ihrem Ehemann abgereist war. Zumal ihr blauer Twingo
immer noch unberührt auf dem Parkplatz stand.
    Er
betrat das zugewachsene Grundstück durch das halb offene Tor in der Hecke und
näherte sich Pavillon und Wohnwagen. Obwohl keine Lichter brannten, spürte er deutlich eine menschliche Präsenz.
    Nun
wusste er auf einmal nicht mehr, wie er vorgehen sollte. Auf keinen Fall wollte
er Jörg Theisen begegnen. Als er mit dem Ehepaar in der Euskirchener
Polizeistation fast zusammengestoßen war, hatte er begriffen, dass Jule und er
eine Einheit bildeten. Und er hatte den Besitzanspruch des fremden Mannes
deutlich wahrgenommen: Lass die Finger von meiner Frau. Auf keinen Fall wollte
er dem Typen in die Quere kommen. Der war Anwalt und per se gefährlich. Aber
hielt er sich überhaupt noch auf dem Campingplatz auf? Sein Audi parkte
immerhin nicht mehr neben der Hecke.
    Vorsichtig
spähte Michael durch jedes Fenster des alten Tabbert. In den Anbau ging er
nicht. Trotzdem wurde ihm schnell klar, dass Jule fort war. Also wandte er sich
ab, um den Stellplatz zu verlassen. Dann aber fiel ihm etwas ein. Er umrundete
den Pavillon und ging zu der Wurzel des alten Weinstocks. Der Schnee war auch
hier vollständig geschmolzen und man konnte die Wunde, die das scharfkantige
Metall der Schaufel in Stamm und Erdboden gerissen hatte, trotz Jules
Vertuschungsversuch noch erstaunlich gut erkennen. Micha hockte sich hin und
strich mit den Fingern über die Stelle. Würde Hermann womöglich bei seinen
Kontrollgängen bemerken, dass hier gegraben worden war? Würde er glauben, sein
Großneffe habe sich schlussendlich doch noch mit der Beute aus dem Bankraub
davon gemacht?
    Mitten
in seine Überlegungen brach plötzlich das Inferno los. Erst kam ein Rauschen
auf, dann stand der Pavillon lichterloh in Flammen. Gierig schlugen feurige
Zungen durch die Bretterwände nach draußen. Michael roch Benzin. Er machte
einen Sprung nach hinten, gerade als die Äste und Zweige des Weinstocks Feuer
fingen. Trotzdem versengten ihm die Flammen die Hosenbeine. Er wich weiter
zurück, stieß gegen die prall gefüllte Regentonne und warf dabei den Eimer um,
der daneben stand. Ohne groß zu überlegen griff er danach, füllte ihn in der
Tonne und goss das Wasser in das inzwischen hoch aufzüngelnde Feuer.
    Im
selben Moment stürzte der alte Anbau in sich zusammen, einer der brennenden
Balken krachte direkt auf Michaels ausgestreckte Hände. Der Schmerz war
unerträglich. Er ließ den Eimer fallen, sprang zurück und rannte Richtung Bach.
Bloß weg hier.
    Eine
Sekunde später explodierte der Wohnwagen. Michael wurde von der Wucht der
Detonation zu Boden gerissen, rappelte sich auf und flüchtete weiter zum
Bachbett. Über ein paar glitschige Steine gelangte er ans andere Ufer. Dort
ließ er sich fallen und tauchte beide Arme bis zu den Ellbogen ins fließende
Wasser. Das tat gut. Erst jetzt wagte er einen erneuten Blick zum Stellplatz.
Der Kirschbaum stand in Flammen. Hier kam jede Hilfe zu spät. Michael konnte
nur hoffen, dass das Feuer nicht auf die benachbarten Stellplätze übergriff.
Denn auch dort befanden sich Gasflaschen in den Caravans. Gut, dass die Wiesen
feucht vom geschmolzenen Schnee und die Grundstücke großzügig geschnitten
waren.
    Lange
lag Michael so auf dem Waldboden mit den verbrannten Händen im Wasser. Und dort
machte er eine merkwürdige Entdeckung.
    Nicht
weit entfernt von ihm am Ufer des Baches blitzte und blinkte etwas im rötlichen
Schein des Feuers. Neugierig kroch er näher. Es war ein rechteckiger, silberner
Gegenstand, der sich zwischen zwei Steinen im flachen Wasser verfangen

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