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Bleischwer

Bleischwer

Titel: Bleischwer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Wünsche
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sich gegeben hatte und sank sichtlich erschüttert in
ihren Sessel zurück.
    »Meinst
du, Stefan hat herausgefunden, dass sie ihn mit der Krebserkrankung belogen
hat? Ist er etwa doch ihr Mörder?«, murmelte sie.
    »Nein«,
widersprach Jule mit fester Stimme. »Er war es nicht, ganz sicher nicht! Das
darfst du nicht glauben!«
    »Aber
wer dann?«
    Jule
räusperte sich. »Keine Ahnung«, gestand sie. »Ich dachte, du hättest eine Idee.
Deshalb bin ich hergekommen.«
    Melanie
starrte sie fassungslos an. »Das ist ja die Höhe«, murmelte sie. »Du wusstest
von Anfang an, wer ich bin? Du wolltest mich nur aushorchen?«
    Jule
bemühte sich, ein möglichst zerknirschtes Gesicht zu machen. »Ja, tut mir
leid«, gab sie zu. »Ich dachte, du weißt etwas, was Michael und mir
weiterhelfen könnte. Wir wollen Stefans und Sonjas Mörder finden. Und das nicht
nur, damit Micha von der falschen Verdächtigung befreit wird. Er trauert um
seinen Freund, weißt du. Er muss den finden, der das getan hat. Es tut mir
wirklich leid, Melanie, dass ich dich belogen habe. Ich wusste doch nicht, wie
du zu Stefan Winter stehst. Die meisten Menschen hegen wenig Sympathien für zu
lebenslänglicher Haft verurteilte Mörder.«
    »Das
stimmt«, gab Melanie zu. »Weil sie die Geschichte dahinter nicht kennen. Für
mich war er nie ein Mörder. Meiner Meinung nach ist die Situation damals
eskaliert. Klar, Stefan hatte einiges auf dem Kerbholz. Er war kriminell, zu
schwach und zu haltlos, um einen geraden Weg zu gehen, aber kein kaltblütiges
Ungeheuer.« Sie straffte sich. »Ist schon okay, Jule. Ich verzeih dir.
Hauptsache, du bist ab jetzt ehrlich zu mir.«
    Jule
nickte heftig und atmete erleichtert auf, als sich plötzlich ihr Handy meldete:
›We are family‹ von Sister Sledge dudelte es blechern. Irgendein
Familienmitglied versuchte, sie zu erreichen. Hastig kramte sie in den Untiefen
ihrer Handtasche. Endlich bekam sie das flache Gerät zu fassen.
    ›Jana ruft
an!‹ verkündete das Display.
    »Hi,
Jana, hör zu, ich habe gerade gar keine Zeit … «,
wiegelte Jule energisch ab, doch die Schwester ließ sich nicht so schnell
abwimmeln. Herrliche Zeiten im ›Eifelwind‹, als sie das Mobiltelefon für Wochen
abgestellt hatte!
    »Jule!
Du musst sofort herkommen! Hilf mir!« Schrill und atemlos drang es aus dem
Lautsprecher. »Ein brutaler Typ hält mich gefangen und behauptet, du hättest
ihm erlaubt, bei Mama und Papa zu wohnen … «
    Oh
nein! Jana war in Driesch. Was zum Teufel hatte sie dort zu suchen?
    »Was
machst du in Mamas Haus? Ich habe dir doch gesagt, dass ich mich ab sofort um
die Blumen und die Fische kümmere!«, schimpfte sie ohne nachzudenken. Kleine
Schwestern waren einfach eine Plage.
    »Ich
wollte mir nur die Gartenkralle ausborgen«, schniefte Jana. »Also brauchte ich
den Schlüssel fürs Gartenhäuschen. Und als ich reinkomme, liegt da dieser
fremde Mann auf dem Sofa. Jule, er hat mich mit einem Messer bedroht … «
    Im
Hintergrund hörte sie, wie Micha lauthals protestierte.
    »Bleib,
wo du bist!«, rief Jule unnötigerweise, denn offensichtlich würde ihr Freund
Jana sowieso nicht gehen lassen. »Ich bin sofort da. Keine Panik!« Ungehalten
drückte sie auf den Aus-Knopf und richtete sich seufzend an Melanie. »Ich muss
weg. Leider«, erklärte sie säuerlich.
    »Ein
Notfall?«, fragte die Kosmetikerin besorgt.
    »So was
Ähnliches.« Jule verdrehte die Augen. »Wir bleiben in Kontakt, ja? Wenn dir
noch etwas einfällt, z. B. mit
wem deine Schwester in der Zeit vor ihrem Tod noch Kontakt hatte, dann meld’
dich einfach, okay?«
    »Mach
ich, aber nur, wenn du mich im Gegenzug auf dem Laufenden hältst«, beschwor
Melanie sie.
    Jule
nickte. »Einverstanden«, versprach sie und kritzelte ihre Mobilfunknummer auf
eine von Melanies ausliegenden Visitenkarten. »Hier, bitte. Und kein Wort zu
irgend jemandem!«
    »Natürlich
nicht!«
     
    In ihrem Elternhaus fand Jule
eine völlig aufgelöste Jana und einen teils wütenden, teils zerknirschten
Michael vor.
    Hastig
versuchte sie, die Wogen zu glätten.
    »Wer
ist dieser Penner?«, wollte Jana schluchzend wissen. Zusammengesunken hockte
sie auf dem Sofa. »Er sagt, er sei ein Freund von dir! Ist er etwa dieser
Michael vom ›Eifelwind‹? Der, den die Polizei sucht?«
    Jule
holte tief Luft, setzte sich neben sie und streichelte hilflos die bebende
Schulter der kleinen Schwester.
    »Das
stimmt, er ist es«, bestätigte sie sanft. »Ich habe ihm erlaubt, hier

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