Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
und als ich sie nach einer kleinen Ewigkeit wieder öffnete, ließ ich meinen Blick über die Möbel und kahlen Wände seines Zimmers gleiten. Mit der Ausstattung von Lucys Raum im Hinterkopf, wirkte Noahs Zimmer trostlos und langweilig. Leblos. Unbedeutend. Überhaupt nicht wie er.
Oder nahm er sich selbst so wahr? Eine Frage, die mir beim ersten Betreten seines Zimmers schon einmal durch den Kopf gespukt war, die ich jedoch bis zu diesem Zeitpunkt erfolgreich verdrängt hatte.
Noah ließ das Plektrum über die Saiten der Gitarre gleiten und schien ganz vertieft in seinen Song zu sein, während in mir die Neugierde aufloderte. Als der letzte Akkord der Melodie verklungen war und ich zu sprechen wagte, kam vorerst nur ein einziges Wort über meine Lippen: „Wunderschön.“
Er lächelte.
Mein Blick wanderte erneut zu dem kleinen Plastikplättchen zwischen seinen Fingern, das mich an etwas erinnerte. Schnell zog ich das Plektrum, das er am Vortag noch als Anhänger seiner Kette getragen hatte, aus meiner Jeanstasche und hielt es ihm entgegen. „Das hast du gestern vergessen, in deiner Eile.“
Noah biss sich auf die Unterlippe, vielleicht ein wenig beschämt, bevor er den Knoten des dünnen Lederbandes um seinen Hals löste, das Plektrum geschickt daran auffädelte und ... meine Hand ergriff. Wie in Zeitlupe drehte er die Innenfläche nach oben und legte das Band samt Plektrum hinein. „Behalt es! Wie willst du sonst spielen?“
„Noah ...“, erwiderte ich gerührt.
Er lachte und zuckte im selben Moment mit den Schultern. „Es ist nur ein dummes Stück Plastik, Emily!“
Tro tz der wenig romantischen Worte gaben ihn seine unsicheren Augen preis. Nein, es war nicht nur ein dummes Stück Plastik. Es war mit Sicherheit das erste Geschenk, das er seit langer Zeit zu machen gewagt hatte. Und ich wollte nichts mehr, als mich zu revanchieren. Ehe ich überhaupt erst ins Grübeln kommen konnte, hatte ich mich bereits vorgebeugt und ihm einen schnellen Kuss auf die Wange gedrückt. „Danke.“
Bei der Berührung meiner Lippen zuckte er ein wenig zusammen und senkte seinen Blick danach schnell auf die Gitarre in seinem Schoß. Als ich mir jedoch das Band um den Hals legte u nd mich recht ungeschickt dranbegab, es in meinem Nacken zu verknoten, spürte ich plötzlich Noahs Hände, die behutsam meine Haare bündelten, sie über meine Schulter nach vorne legten und dann, in einer sanften Streichelbewegung, die meinen ablösten.
Als er das Band verkn üpft hatte, küsste er für einen winzigen Augenblick meinen Nacken.
Ich schloss meine Augen ... und öffnete sie schnell wieder, als ich so gerade noch bemerkte, wie sich die Frage, die zuvor eigentlich in mir gebrannt hatte, unter der zärtlichen Berührung seiner Lippen verabschieden wollte. „Noah?“
„Hm?“
„Warum ist dein Raum so ... unpersönlich eingerichtet?“
„Unpersönlich?“, hakte er nach und sah sich um, als würde er seinem Zimmer zum ersten Mal Beachtung schenken. Für einen Moment überkam mich die Angst etwas Falsches gesagt zu haben, doch dann zuckte er gleichgültig mit den Schultern. „Ich weiß, was du meinst. Nun, ich denke, ich habe mir darüber einfach noch nie Gedanken gemacht.“
„Aber Joe und Marie haben dich doch sicher gefragt, wie du deine Wände gestrichen haben willst.“
Noah legte die Gitarre neben sich ab und dachte eine Weile lang nach. „Ja“, sagte er dann. „Ich sagte, es solle so bleiben. Es war mir nicht wichtig.“
Ich nahm all meinen Mut zusammen und wagte mich auf bisher unbekanntes Terrain vor. „Weißt du, was ich denke?“
„Was?“
„Wir sollten dein Zimmer streichen.“
Sein Blick wurde skeptisch, doch ich ließ mich nicht beirren. „Welche Farbe magst du?“
Er überlegte und blickte sich dabei erneut um. „Keine Ahnung, ... grün vielleicht?“
„Grün ist toll!“, rief ich – erleichtert, dass er sich überhaupt auf meine Idee einließ. „Grün steht für die Natur, für die Hoffnung und i m Christentum sogar für die Auferstehung.“
Ich brabbelte. Und dem Gesetz der Serie folgend bedeutete das, dass ich nicht mehr weit davon entfernt war, etwas durch und durch Bescheuertes von mir zu geben. Also hielt ich abrupt inne, sobald ich mir meines Wortschwalls bewusst wurde.
„Oh!“, sagte Noah nur. „Auferstehung, hm? ... Dann vielleicht doch kein Grün.“
„Wieso?“, fragte ich neugierig. „Bist du nicht gläubig?“
Warum auch immer, aber das entlockte ihm ein kurzes
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