Blick in Den Abgrund -3-
nichts zur Sache. Es ist eine lange und komplizierte Geschichte. Irgendwann erzähle ich sie dir.«
»Und ob du das wirst«, sagte Margot aufgeregt. »Ich platze vor Neugier.«
»Jedenfalls gehört sie zum Club, ob mir das passt oder nicht.« Davy zog eine Waffe aus seinem Hosenbund, legte sie aufs Bett und schlüpfte aus der Jeans. »Du kennst uns McClouds, diesen alten Clan von Geächteten. Bist du erst mal drin, bleibst du drin, ob zu Recht oder nicht. Es ist anstrengend.«
Margot musterte schaudernd die Waffe. »Mannomann, was für eine irre Familie!«
»Das kannst du laut sagen.« Davy öffnete den Reißverschluss des Kleidersacks. »Ich habe Erin dringend gebeten, sie nicht einzuladen«, brummte er. »Ich habe Connor angefleht, ein Machtwort zu sprechen. Und was passiert? Sie machen sie zur Brautjungfer und hängen sie an meinen Arm. Das ist meine Strafe, weil ich das Essen gestern versäumt habe. Ich werde diesen liebeskranken Trottel, der sich mein Bruder schimpft, zu Hackfleisch verarbeiten, sobald er aus den Flitterwochen zurück ist.«
Margot blinzelte. »Du, ich weiß nicht, wie ich dir das sagen soll, Davy, aber in Anbetracht der rechtlichen Stellung deiner heutigen Begleitung hast du wohl kaum das Recht, Kritik zu üben.«
»Das ist etwas komplett anderes!« Davy zerrte die Smokinghose vom Kleiderbügel und starrte Margot finster an, während er sich aufs Bett setzte, um sie anzuziehen.
»Tatsächlich? Und wieso?«
»Weil du unschuldig bist! Außerdem schwebst du in Gefahr. Und du bist mit mir hier. Niemand wird dir etwas tun. Sei ganz beruhigt!«
Seine Gewissheit amüsierte sie. »Du überschätzt deinen Einflussbereich, Davy. Ich freue mich über deinen Glauben an mich, aber es wird mir nicht gerade helfen, wenn mich jemand aus der Zeitung wiedererkennt.«
Davy hangelte nach seinem Smokinghemd. »Ich habe diese Zeitungsfotos gesehen. Mit deinen dunklen, nun längeren Haaren wirkst du völlig verändert.« Sein Blick glitt über ihren Körper und erfasste jedes Detail. »Du bist dünner, besitzt mehr Muskeln. Dein Kinn ist spitzer, deine Wangenknochen treten stärker hervor. Deine Augen sind ein Erkennungsmerkmal, aber die Fotos, die ich gesehen habe, werden ihnen nicht gerecht. Versuch einfach, nicht nervös zu wirken, dann hast du kein Problem. Jeder Mann im Saal wird dich anstarren, aber nicht aus den Gründen, die du befürchtest.«
Margot riss sich von seinem Anblick los, als er das gestärkte weiße Smokinghemd über seinem durchtrainierten Oberkörper zuknöpfte. Er sah in einem Smoking genauso gut aus wie splitterfasernackt. »Diese Hochzeit ist surreal. Wie eine dieser Sendungen, die nur im Kabelfernsehen laufen, weil sie zu schräg sind für die öffentlich-rechtlichen Sender.«
Davy quittierte das mit einem ironischen Lachen, während er ein Schulterholster für seine Waffe anlegte. »Bitte, Margot, mach dich jetzt fertig. Die Trauung soll in …« – er sah auf die Uhr – »… viereinhalb Minuten beginnen.«
»Schon gut.« Margot flüchtete sich mit ihrer Plastiktüte ins Bad und schloss die Tür. Das würde sie nie rechtzeitig schaffen.
Sie studierte ihr blasses, ängstliches Gesicht im Spiegel. Ihre unterschiedlich langen Haare bildeten einen zerzausten Heiligenschein – die herausgewachsene Erinnerung an das, was einmal ein Zweihundert-Dollar-Haarschnitt gewesen war. Das waren noch Zeiten.
Sie stieg aus ihren Klamotten und inspizierte erschrocken ihren Tanga, den Davy zerrissen hatte. Verdammt! Das Kleid war hauteng, und die Konturen der Baumwollschlüpfer, die sie in ihrer Tüte hatte, würden sich überdeutlich unter dem Rock abzeichnen. Ganz zu schweigen davon, dass sie keine Strümpfe, keinen Schmuck und nur wenig Make-up hatte. Sie stand vor einer modischen Herausforderung.
Egal. Wenigstens besaß sie ein vorzeigbares Kleid. Es bestand aus einem geriffelten, dehnbaren, komplett knitterfreien Material, das über einem schwarzen Unterkleid mit Spaghettiträgern getragen wurde. Es war von einer rauchgrauen Farbe mit einem dunkler werdenden Verlauf zu dem rüschenbesetzten Saum hin, bevor knapp unterhalb der Knie das Grau in Schwarz überging. Der runde Ausschnitt brachte ihr Dekolleté zur Geltung. Die Flügelärmel betonten ihre Arme, die zugegebenermaßen sehr hübsch aussahen. Ihr Lohn für die vielen schweißtreibenden Trainingseinheiten. Dumm nur, dass ihr Hintern sich an ihnen kein Beispiel genommen hatte, er war so ausladend wie immer. Ihr Po gehorchte seinen
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