Blick in Den Abgrund -3-
sagte? Danke, aber ich verzichte. Und wie haben Sie mich überhaupt gefunden? Ich habe keinen Eintrag im … oh! Mein Gott!«
Er hielt eine große Papiertüte hoch. Köstliche Aromen entströmten ihr.
»Enchiladas«, erklärte er. »Tamales. Gefüllte Pfefferschoten. Tacos mit gegrilltem Schweinefleisch. Shrimps in Butter und Knoblauch. Und …« – er hob die andere Hand – »… ein Sechserpack eisgekühltes Bier.«
Sie hielt sich am Türpfosten fest. Der Duft der reichhaltigen, würzigen Speisen raubte ihr fast das Bewusstsein. Mist – sie sollte wenigstens so viel Stolz haben wie ihr Hund. Mikey verriet seine Prinzipien niemals für Futter.
Sie schluckte krampfhaft. »Äh …«
Der leichte Anflug eines beinahe amüsierten Lächelns veränderte die Züge seines schmalen Gesichts. »Wenn Sie mich wegschicken, werfe ich alles vor Ihren Augen in die Mülltonne«, warnte er sie. »Nur um Sie zu ärgern.«
»Das ist krank und niederträchtig.«
»Ja, ich weiß. Mein Plan war, hier zu sein, bevor Sie zu Abend gegessen hätten. Ich weiß, wie ich mich fühle, wenn ich zwei Kurse hintereinander gegeben habe.«
»Fünf, um genau zu sein«, berichtigte sie.
Seine Augen wurden groß. »Fünf? Hut ab! Das ist eine reife Leistung.«
»In zwei verschiedenen Fitnesscentern. An manchen Tagen mehr als fünf. Benimm dich, Mikey! Er hat mexikanisches Essen dabei. Beiß ihn nicht, solange wir nichts davon abbekommen haben!«
Mikey stellte sich auf die Hinterbeine und schnüffelte an der Tüte. Anschließend beschnupperte er McClouds Schuhe und Knöchel und bellte einen schrillen Befehl.
»Mikey hat Sie soeben reingebeten«, übersetzte Margot. »Er liebt Shrimps.«
Ein träges Grinsen breitete sich auf Davys Gesicht aus und brachte ein paar umwerfende Lachfältchen zum Vorschein, zusammen mit einem Aufblitzen verführerischer Sinnlichkeit, das ihr den Atem verschlug. »Mikeys Einladung ist nicht genug. Ich will Ihre.«
Margot zwang sich, Luft zu holen. Sie war ausmanövriert.
»Na schön, dann rein mit Ihnen«, grummelte sie.
Faris’ Magen überschlug sich förmlich vor nervöser Aufregung, als die Tür hinter McCloud zufiel. Er zwang sich, auszuatmen und klar zu denken. Er musste geduldig sein, sich in Erinnerung rufen, wie verzweifelt sie war, wie wehrlos und allein. Marcus hatte ihn angewiesen, ihr Haus zu durchsuchen und ihr Telefon zu verwanzen, um herauszufinden, mit wem sie in Kontakt stand, und bislang war die Antwort gewesen: mit niemandem. Sie hatte ganz allein in ihrem heruntergekommenen Mietshaus auf dem Capitol Hill gelebt und darauf gewartet, dass er sie zu der Seinen machte. Bis zu diesem Abend.
Er schlich durch die Dunkelheit zu seinem Beobachtungsposten in dem überwucherten Rhododendron neben ihrem Küchenfenster. Zwei Wochen zuvor hatte er in die Mitte einen Hohlraum hineingehackt und die Äste entfernt, die ihm die Sicht versperrten. Dies war nicht das erste Mal, dass Faris Davy McCloud bemerkte. Er hatte den Mann dabei ertappt, wie er Margaret mit lüsternem Gesichtsausdruck beim Verlassen des Fitnesscenters, in dem sie arbeitete, beobachtet hatte.
Aber Faris durfte seine Anonymität nicht gefährden, indem er in Margarets Haus stürmte und McCloud in blutige Fetzen riss. Marcus würde ihm niemals vergeben, wenn er in diesem Ausmaß die Kontrolle verlöre.
Abgesehen davon verfügte McCloud über gute Beziehungen. Ehemaliger Soldat, angesehener Privatdetektiv, enge Kontakte zur örtlichen Polizei, Bruder beim FBI. Diskretion war vonnöten. Faris würde etwas Spezielles für ihn vorbereiten. Etwas Leises, was nicht zurückverfolgt werden konnte, etwas sehr Persönliches – und sehr, sehr Schmerzhaftes.
Er starrte mit brennenden Augen durch das Fenster. Er war entsetzlich verletzt gewesen, als sie aus dem Hotelzimmer geflüchtet war, ohne auf ihn zu warten. Doch er hatte ihr vergeben. Trotz der Probleme, die sie ihm dadurch verursacht hatte. Der Abdruck, den Caruso versteckt hatte, war der Schlüssel zu Marcus’ Plan, und Faris hatte in seiner Dummheit die einzige Person, die das Versteck kannte, entwischen lassen. Marcus war unglaublich wütend gewesen. Die Erinnerung daran ließ Faris noch immer erschaudern.
Die Situation war nun heikel. Es hatte zermürbend lange gedauert, sie aufzuspüren, und die Zeit war knapp geworden. Marcus kochte vor Ungeduld. Faris würde sich nicht noch einmal von ihr zum Narren halten lassen. Er liebte sie, aber wenn es nötig war, konnte er sehr streng sein.
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