Blick in Den Abgrund -3-
mit Rotzedernholz vertäfelt und mit Tatamis ausgelegt, und durch die lange Fensterreihe schimmerte das Mondlicht. Er brachte sich in der Mitte des Raums in Position.
Der Kranich fliegt in den Himmel … Der Kranich streckt die rechte Kralle aus … Der Kranich kühlt seine Flügel … Sein Körper beherrschte die Figur so gut, dass er über die Bewegungen nicht nachdenken musste. Er versuchte, seinen Kopf leer zu halten, aber immer wieder füllte er sich mit Gedanken. Sanft verdrängte er einen nach dem anderen, bevor eine Sekunde später der nächste hochploppte und seinen Platz einnahm.
Der träge Tiger streckt das Hinterbein … Selbst als er mit Fleur zusammen gewesen war, hatte er sich nicht so gefühlt. Fleur war zerbrechlich und kaputt gewesen. Sie hatte seinen Beschützerinstinkt geweckt. Emotional ungefestigt, wie er damals gewesen war, hatte er dieses Gefühl mit Liebe verwechselt.
Der Kranich bewacht die Höhle … Der Kranich schießt in die Höhe und tritt nach hinten … Der Kranich beschützt sein Nest … Auch sie war schön gewesen, auf eine zarte Weise. Er erinnerte sich, wie sachte der Sex mit ihr gewesen war. Wie er sie gehalten hatte, als wäre sie aus mundgeblasenem Glas.
Der wilde Tiger sieht zurück …
Nicht zu vergleichen mit dem, was sich gerade mit Margot im Schlafzimmer abgespielt hatte. Seine Wildkatze. Seine Pantherfrau. Er konnte von Glück sagen, dass er unversehrt war.
Zurück zu Der wilde Tiger hebt den Kopf … und er hatte schon wieder einen Ständer. Dies war seine Prüfung. Der goldene Drache streckt die linke Klaue aus …
Die Tür zum Wohnzimmer wurde geöffnet. Margots Silhouette zeichnete sich gegen das Licht ab. Sie war in seinen riesigen Frotteebademantel gehüllt.
»Ach«, sagte sie. »Hier bist du.«
»Hier bin ich«, echote er, da ihm nichts Besseres einfiel.
Sie trat ein, schloss die Tür hinter sich, sodass sie allein im Mondschein waren, und beobachtete, wie er Die Wasserschlange schwimmt an die Oberfläche vollendete. Er hielt abwartend inne.
»Trainierst du immer mitten in der Nacht?«, fragte sie.
»Oft. Ich schlafe nicht besonders gut. Das hier ist ein prima Ersatz.«
»Ich auch nicht. Vielleicht sollte ich es mal versuchen.« Sie sah ihn an, ihre Augen waren gehetzt wirkende dunkle Teiche im Mondlicht. »Es tut mir leid, dass ich die Klappe so weit aufgerissen habe«, sagte sie. »Ich wollte nicht, dass du sauer wirst.«
»Ich war nicht sauer.«
»Und ob du das warst! Stinksauer. Alter Lügner.«
»Ich werde nicht wieder mit dir streiten, also fang gar nicht erst an.«
Margot senkte den Blick. »Ich tue es schon wieder«, murmelte sie. »Ich scheine nicht aufhören zu können, dich zu ärgern. Es ist wie ein innerer Zwang.«
»Was für eine Ehre«, spottete er.
Sie ließ ein kurzes, niedliches Lachen hören, auf das eine beklommene Stille folgte.
Er schwieg beharrlich, bis er es nicht mehr ertrug. »Willst du etwas von mir?«
Er bereute seine Worte sofort. Sie waren eine Einladung zur Intimität. Das Letzte, womit er zu diesem Zeitpunkt umgehen konnte.
Margot trat näher. »Gestern Abend, als ich in dein Dojo kam und sah, wie du Kung-Fu trainiert hast …«
»Ja?«, hakte er ein paar nervenaufreibende Sekunden später nach.
»Du warst so unglaublich«, flüsterte sie. »Als wärst du meinen wildesten Fantasien entsprungen. Du kamst mir fast irreal vor.«
Er hatte keinen Schimmer, was er darauf sagen sollte. Sein Gesicht brannte. Kaum zu glauben, dass er tatsächlich genug Blut besaß, dass es ihm auch noch in den Kopf steigen konnte, während seine Lenden schon wie verrückt pochten. Er war dankbar für das kaschierende Halbdunkel.
»Äh, danke.«
Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper. »Du warst so sexy, dass ich meine Sorgen vergaß und mir vorstellte, dass …«
»Ja?« Sein Herz wummerte wieder in hartem Stakkato. »Hör um Himmels willen auf, mich auf die Folter zu spannen. Spuck es einfach aus!«
»Dass ich eine Kampfsportlerin wäre, wie dieses Mädchen aus Matrix . Trinity. In einem hautengen schwarzen Lederanzug.« Ihre Stimme war verträumt und hypnotisch. »Ich würde mich auf dich stürzen und dich zu Boden ringen, meinem Verlangen gleich dort auf der Matte nachgeben.«
»Oh … wow!«
Sie ließ ein selbstironisches Lachen hören. »Aber ich bin keine Kung-Fu-Kämpferin. So viel zu dieser Fantasie.«
»Du verfügst über andere Geheimwaffen.«
»Meinst du?« Sie kam näher und streichelte seine nackte Brust. Ihre
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