Blick in Die Angst
wusste, dass das nur vernünftig war, aber das besänftigte meine Ängste nicht. Mich an der Tür von Kevin zu verabschieden löste erneut leichtes Unbehagen in mir aus, doch er zog mich einfach für eine Umarmung an sich und küsste mich auf die Wange.
Ehe er sich zum Gehen wandte, sagte er: »Du sagst Bescheid, wenn du bereit für ein Abendessen bist, okay?«
Ich nickte und sah von der Ecke meiner vorderen Veranda zu, wie er die Auffahrt hinunter zu seinem Auto ging, das er auf der anderen Straßenseite geparkt hatte. Ein Stück die Straße runter hörte ich einen anderen Wagen starten und mit quietschenden Reifen anfahren. Ein Truck donnerte an meinem Haus vorbei, gerade als Kevin das Ende der Auffahrt erreicht hatte. Ein paar Schritte weiter auf die Straße, und er hätte ihn erwischt. Ich schnappte nach Luft und umklammerte das Geländer. Er drehte sich um, unsere Blicke trafen sich. Hast du gesehen, wie knapp das war? Er winkte mir zu, keine-Sorge-alles-in-Ordnung, aber mein Herz hämmerte immer noch, als er davonfuhr.
Ich war fast sicher, dass es derselbe Truck war, der vor ein paar Tagen vor meinem Haus das Tempo gedrosselt hatte.
Ich rief Corporal Cruikshank an und erzählte ihr von dem Wagen. Ich erzählte ihr auch, dass ich ihn schon einmal gesehen hatte, und berichtete von dem Fußabdruck, den ich in meinem Garten gefunden hatte, und von den Anrufen, bei denen einfach aufgelegt wurde. Sie ließ sich eine Beschreibung des Trucks geben, aber ich war mir nicht einmal sicher, was das Modell oder die Marke anging. Sie sagte, ich sollte beim nächsten Mal versuchen, mir das Kennzeichen zu merken, und dass ich auf meine Umgebung achten sollte, wenn ich aus dem Haus ging.
Ich duschte und machte das Bett, während ich mir die ganze Zeit einzureden versuchte, dass der Truck vermutlich einem der College-Kids gehörte, die am Ende der Straße wohnten. Sie rasten oft hier entlang, und ich machte mir Sorgen, dass sie eines Tages tatsächlich einen Menschen oder ein Tier anfuhren. An dem Abend, als ich den Truck draußen gesehen hatte, hatten sie wahrscheinlich gerade nur eine SMS geschrieben oder die Musik eingestellt. Doch es fiel mir schwer, das zu glauben.
Ich hatte an dem Tag frei, also widmete ich mich der Hausarbeit. Am Nachmittag fuhr ich zum Monkey House, für den Fall, dass die Drogenabhängige gelogen hatte und Lisa immer noch dort war. Ich sah sogar wieder im Gebäude nach, aber jetzt hauste in dem Zimmer, in dem ich Lisa gefunden hatte, jemand anders. Ich machte einen kurzen Abstecher zum Krankenhaus, um ein Buch aus meinem Büro zu holen, wobei ich mich fragte, ob ich Kevin wohl über den Weg laufen würde. Doch ich sah keine Spur von ihm.
Ich räumte gerade nach dem Abendessen auf, als das Telefon klingelte. Die Rufnummer war unterdrückt.
»Hallo?«
Ich wiederholte es mehrmals, erhielt aber nur ein Schweigen zur Antwort. Ich sagte: »Lisa? Bist du das?«
Dann klickte es.
Ich legte den Hörer auf, ein dumpfes Gefühl in der Magengrube. Was, wenn es Lisa gewesen war? Was, wenn sie verletzt war oder krank und nicht sprechen konnte? Erneut erwog ich, zur Kommune zu fahren und zu verlangen, sie sehen zu dürfen. Ich dachte über Kevins Worte nach, vorsichtig zu sein. Verdammt. Ich musste wissen, ob es ihr gutging.
Ich war gerade dabei, meine Handtasche und die Schlüssel einzusammeln, als das Telefon erneut klingelte. Dieses Mal war es Steve Phillips.
»Ich hab meinen Freund mit dem Spürhund erwischt. Er wollte ohnehin ein wenig mit dem Hund trainieren, also kommt er morgen nach Shawnigan. Wir gehen bei der alten Kommune spazieren und lassen ihn ein wenig rumschnüffeln.« In seiner Stimme lag ein Hauch von Erregung. »Möchten Sie uns begleiten?«
»Gerne.« In mir keimte neue Hoffnung auf. Wenn sie etwas auf dem Gelände fanden, könnten sie Aaron vielleicht eher verhaften. Wenn es genug schlechte Presse gab, würden vielleicht sogar die Retreats gestoppt werden. Ich erzählte Steve, was gestern geschehen war.
»Möglicherweise haben sie Lisa ganz gezielt ausgesucht«, sagte er. Ich musste mich auf die Bank in meiner Diele setzen, die Furcht riss mir buchstäblich den Boden unter den Füßen fort. »Aber vielleicht hat Ihre Tochter diese Drogenabhängige auch nur dazu gebracht, Ihnen diese Geschichte zu erzählen, um Sie loszuwerden. Ich habe einen erwachsenen Sohn. Mit Anfang zwanzig war er ein echter Teufelsbraten. Er hat immer genau das Gegenteil von dem gemacht, was ich wollte – nur,
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