Blick in Die Angst
Lisa angetan hatte, aber sobald ich einmal angefangen hatte zu reden, konnte ich nicht mehr aufhören. Als ich Robbie erzählte, dass ich glaubte, jemand würde mein Haus beobachten, und ihm von den Drohanrufen berichtete, wurde sein Mund zu einer schmalen Linie.
Zum Schluss sagte ich: »Ich habe Angst um Lisa. Sie ist im Moment so verletzlich, aber ich habe auch ein schlechtes Gefühl wegen Joseph. So, wie er aussah … Er war knapp davor, auszurasten. Ich glaube nicht, dass es viel braucht, um ihn dazu zu bringen.«
Als ich fertig war, starrten wir beide eine Zeitlang hinunter in den wirbelnden Fluss. Weit unter uns drehte sich ein einzelner Baumstamm, in einem Strudel gefangen, immer wieder im Kreis.
Robbie räusperte sich. »Ich weiß, was damals in der Kommune passiert ist.«
Ich drehte mich zu ihm. »Was meinst du?«
»Aaron … die Art, wie er dich angesehen hat. Es hat mir nicht gefallen, wenn du allein mit ihm warst.«
Ich erinnerte mich, wie oft Robbie uns unterbrochen hatte, wenn Aaron mit mir sprach, und wie sehr ich mich schämte und fürchtete, er könnte mein Geheimnis herausfinden. Ich hatte Robbie angeschnauzt, mich in Ruhe zu lassen – und das tat er.
Robbie fuhr fort: »Du hattest recht. Willow und ich waren mehr als Freunde.« Er wurde rot. »Ich schätze, man könnte sagen, sie war die erste Frau, aus der ich mir wirklich was gemacht habe – und auch die letzte.« Er schwieg und schluckte ein paarmal deutlich. »Sie kam aus Alberta.«
Diesen Teil hatte ich also richtig in Erinnerung gehabt. Viel Trost brachte mir das nicht.
»Ihre Eltern waren tot, und sie war bei einem Onkel und einer Tante aufgewachsen, aber ich glaube, dass der Onkel ihr mal an die Wäsche wollte und sie deswegen abgehauen ist.«
»Weißt du, ob sie die Kommune tatsächlich verlassen hat?«
Er schaute zu beiden Enden der Brücke, dann auf Brew, als fiele es ihm leichter, es ihm zu erzählen.
»Am Strand bei Masons Laden habe ich sie zum ersten Mal gesehen. Ich habe mir ihr geflirtet und sie überredet, mit mir in die Kommune zu kommen, wir hätten gutes Gras dort. Also hat sie ihre Freunde verlassen und ist zu mir in den Truck geklettert … Sie hat mir vertraut.«
Ich hielt den Atem an, weil ich spürte, dass das, was Robbie mir im Begriff war zu erzählen, seinen ganzen Mut erforderte. Eine Bewegung von mir könnte den Fluss seiner Worte stoppen, möglicherweise für immer.
»Aber ich hab’s vermasselt. Ich hab sie im Stich gelassen.«
Als er lange Zeit schwieg, flüsterte ich: »Was ist mit ihr passiert?«
»Er hat sie vergraben.« Robbie sah mich an, und die Qual in seinem Blick brach mir das Herz. Er schaute weg, blinzelte heftig und räusperte sich.
Das Blut rauschte laut in meinen Ohren. Alles um mich herum verschwamm und wirkte wie in weite Ferne gerückt. Der Fluss war nur noch ein gedämpftes Summen. »Sie ist tot?«
Er nickte. »Aaron wollte ihre Weste haben. Sie wollte sie nicht hergeben – ich hab ihr gesagt, das Stück sei es nicht wert, ihn zu verärgern. Er war schon wütend auf sie, weil sie ihm widersprochen hatte, als es darum ging, die Bäume mit Nägeln zu spicken. Ich hatte sie gewarnt, dass er es als Vorwand benutzen würde, um sie dazu zu bringen, die Kommune zu verlassen.« Er lachte bitter auf. »Ich dachte, das wäre das Schlimmste, was ihr passieren könnte.«
Ich dachte daran, wie ich Robbie und Willow zum Fluss hinunter gefolgt war, nachdem sie sich mit Aaron gestritten hatte. Ich hatte mich gefragt, worüber sie wohl gesprochen hatten. Jetzt wusste ich es.
Robbie fuhr fort: »Sie sagte ihm, dass er nicht der Einzige sei, der anderen Menschen helfen könne. Er hasste das. Am nächsten Tag haben wir uns ebenfalls gestritten, weil sie von Aarons Scheiß die Schnauze voll hatte und auf jeden Fall weggehen wollte. Sie wollte, dass ich mit ihr komme, aber ich wollte nicht, nicht ohne dich und Mom.«
Als Robbie schwieg, fragte ich mich, wieso Mom am Ende doch gegangen war. Wirklich nur wegen des Sozialamts?
Er redete weiter. »Willow sagte, sie würde dich mitnehmen. Sie wollte nicht sagen, warum, nur, dass du dort nicht sicher seist.«
Ich war erschüttert. Ich dachte daran, wie jung Willow gewesen war, erst siebzehn, und ihr Mut berührte mich und machte mich traurig.
»Ich sagte ihr, ich würde die Cops anrufen und sie anzeigen, weil sie von zu Hause davongelaufen war. Sie wurde sauer und sagte, sie hätte Besseres von mir erwartet. In dem Moment bin ich durchgedreht und
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