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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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sagt: »Ich habe letzte Nacht von dir geträumt.«
    »Von mir?«
    Er nickt. »Du bist sehr schön.«
    Ich erröte verlegen und fühle mich unbehaglich, weil er mir das erzählt.
    Seine Miene verdunkelt sich. »Du magst mich nicht besonders, oder?«
    »Doch, ich mag dich.« Meine Verlegenheit wächst, weil er spürt, dass ich mich in seiner Gegenwart unwohl fühle, und will ihn beruhigen. »Ich bin nur schüchtern.«
    Er lächelt erleichtert. »Bei mir brauchst du nicht schüchtern zu sein. Wir sind doch Freunde, oder?«
    Ich lächele zurück und entspanne mich ein wenig. »Klar, wir sind Freunde.«
    »Okay. Mach die Augen zu, und dann meditieren wir. Es wird cool, vertrau mir.«
    Ich schließe erneut die Augen, warte darauf, dass er zu chanten beginnt. Er umfasst mein Gesicht mit beiden Händen, hält mich fest und presst seinen Mund gegen meine Lippen. Sein Bart kratzt. Ich wehre mich, gerate bei dem ungewohnten Gefühl fremder Lippen an meinen in Panik. Seine Zunge gleitet in meinen Mund, der Geschmack lässt mich würgen. Voller Angst stoße ich ihn hart gegen die Brust. Er weicht zurück und sieht mich überrascht und verärgert, mit schmalen Lippen, an.
    »Hast du nicht gesagt, du würdest mich mögen?«
    »Das tue ich auch. Es ist nur … ich dachte, wir würden meditieren.«
    Seine Miene wird sanfter. »Das tun wir. Das ist eine besondere Meditation. Sie ist nur für dich bestimmt, und du darfst niemandem davon erzählen. Es muss unser Geheimnis bleiben.«
    Erneut empfinde ich heftige Angst. Das ist nicht richtig. Ich will aufstehen.
    Er packt meine Hand, sieht mich wütend an. »Was hast du vor?«
    »Ich will das nicht tun.«
    »Du hast keine Wahl. Nicht, wenn du willst, dass es deiner Mutter bessergeht. Du weißt doch, wie sie früher war, oder?«
    Ich hole tief Luft. Ich erinnere mich zu gut an die düsteren Stimmungen, an die ständigen Drohungen, sich umzubringen. Aaron muss mein Entsetzen erkannt haben, und in diesem Moment hat er mich. »Ich kann ihr helfen, Nadine. Und du kannst mir helfen.«
    Dann zieht er den Reißverschluss seiner Hose auf.

    Jetzt, Jahre später, beschrieb ich in allen Einzelheiten, was er getan hatte – und alles, was er mich tun ließ. »Er verlangte, dass ich ihn oral befriedige. Aber ich wusste nicht, wie, also befahl er mir, den Mund zu öffnen, und steckte ihn hinein. Und er hat mich angefasst, meistens meine Brüste. Er hat ständig gefragt, ob es mir gefällt – daran erinnere ich mich.« Ich erinnerte mich auch, wie viel Angst ich hatte, wie ich zitterte und weinte und nicht begriff, was geschah. »Als er fertig war, sagte er, dass meine Mom wieder krank werden würde, wenn ich irgendjemandem davon erzähle. Er sagte …« Ich öffnete die Augen. »Er sagte, dass sie sich umbringen würde.«
    Ich begann zu weinen und durchlitt erneut die Angst, die ich damals empfunden hatte, als ich glaubte, das Leben meiner Mutter läge in meinen Händen und dass sie, sobald ich einen Fehler machte, sterben würde. Dass sie unter dem Gewicht ihrer Traurigkeit und dunklen Gedanken am Ende zerbrechen würde. Dieses Gefühl begleitete mich während des Großteils meiner Kindheit. Sei brav, kümmere dich um deine Mutter. Aber wer hatte sich um mich gekümmert? Robbie, ja, aber er war ja selbst noch ein Kind gewesen.
    Ich war nur ein kleines Mädchen, das verängstigt und hilflos vor diesem Mann kniete. Ich wusste, dass das, was er tat, falsch war. Doch zugleich setzte sich ein entsetzliches, krankmachendes Gefühl der Scham in mir fest, die Überzeugung, schmutzig zu sein, die dumpfe Ahnung, dass etwas mit mir nicht stimmte.
    Die Polizistin verschwand kurz und kehrte mit einer Packung Taschentücher zurück. Ich versuchte nicht, meine Tränen aufzuhalten. Ich ließ sie und meine Trauer zu. Meine Trauer um das kleine Mädchen, das niemanden hatte, der es beschützte. Ich war auf übelste Weise ausgenutzt worden. Manipuliert durch Angst und Schuldgefühle, saß ich in der Falle und konnte nicht sagen: Nein, das ist nicht richtig, hör sofort auf . Und es gab niemanden, der mich hätte retten können, niemanden, der auch nur begriffen hätte, was geschah.
    Schließlich holte ich tief Luft, trocknete meine Tränen und putzte mir die Nase. Ich fühlte mich wie durch die Mangel gedreht, meine Kehle war immer noch wie zugeschnürt, doch ich versuchte, mich mit dem abzufinden, was er mir angetan hatte. Jetzt war mir klar, warum ich die Ereignisse ausgeblendet hatte. In Fällen von sexuellem

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