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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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etwas unternehmen, wenn der Anrufer mich verbal belästigte. Solange er wieder auflegte, ohne etwas zu sagen, konnten sie nichts machen.
    »Es gab einen Grund, warum Sie das Zentrum verlassen haben«, sagte ich behutsam. »Ich glaube, wenn Sie wirklich hätten bleiben wollen, hätten Sie einen Weg gefunden, Heather zu überzeugen. Sind Ihnen möglicherweise selbst Zweifel gekommen über einige der Methoden und Vorstellungen des Zentrums?«
    Daniel zuckte zusammen und verzog das Gesicht, während er mit seinen Gefühlen rang.
    »Daniel, ich weiß, dass Sie leiden und dass Sie Teil von etwas sein möchten, das Ihrem Leben einen Sinn verleiht, das allem einen Sinn verleiht, aber das Zentrum ist es nicht.«
    Noch ehe ich den Satz beendet hatte, schüttelte er bereits den Kopf und weigerte sich, mir oder den Zweifeln zuzuhören, die sich in seine Gedanken schlichen.
    »Sie verstehen nicht. Der ganze Sinn besteht darin, der Methode zu vertrauen und daran zu glauben, dass man auf dem Weg zur Erleuchtung ist.« Er stand auf, doch ehe er ging, blieb er neben meinem Stuhl stehen. Ohne mich anzuschauen, sagte er: »Ich gehe zurück.«

    Am nächsten Abend suchte ich nach der Arbeit erneut nach Lisa. Als eine obdachlose Frau mir von einem leerstehenden Haus downtown erzählte, in dem sie möglicherweise wohnte, schöpfte ich neuen Mut, doch als ich dorthin kam, war das Haus verlassen. Ich überlegte, ob ich versuchen sollte, den Laden der Kommune zu finden, aber ich brauchte eine Pause vom ständigen Nachdenken über diesen Ort. Als ich in einem Schaufenster einen blauen Angoraschal entdeckte, der wunderbar zu Lisas Augen passen würde, blieb ich stehen. Ich betrat den Laden, berührte die weiche Wolle und wünschte, ich könnte ihn ihr zum Geburtstag am nächsten Wochenende kaufen. Aber vermutlich würde man ihn ihr auf der Straße stehlen, wenn sie ihn nicht vorher verkaufte. Ich öffnete ein Fläschchen Parfüm, inhalierte das waldige Aroma und dachte daran, wie aufgeregt sie gewesen war, als ich ihr zum ersten Mal ein Parfümset schenkte. Mochte sie immer noch süße Düfte oder gefiel ihr mittlerweile eher etwas Herberes?
    Während ich in dem Laden herumstöberte, schwelgte ich in Erinnerungen daran, wie ich aus jedem Geburtstag ein Fest zu machen versuchte, als sie noch kleiner war. Ich backte besondere Kuchen, schmückte das Haus von oben bis unten und sang aus vollem Hals Ständchen für sie. Dabei fiel mir ein, dass wir in der Kommune keinen einzigen Geburtstag gefeiert hatten – Aaron sagte, wir seien alterslos. Unvermittelt empfand ich eine heftige Wut auf meine Eltern, über die Entscheidungen, die sie getroffen haben, weil sie uns im Stich gelassen hatten. Dann fragte ich mich, ob Lisa wohl ebenso empfand. Wofür gab sie mir die Schuld? Für ihre Drogenabhängigkeit? Den Tod ihres Vaters?
    Als ich schon halb draußen war, entdeckte ich einen Stoffhund, einen Husky, der ein wenig wie Chinook aussah. Lisa war längst zu alt für Kuscheltiere, doch ich kaufte ihn trotzdem.

    Am nächsten Morgen rief Steve Phillips im Krankenhaus an. Als ich ihn zurückrief, drückte ich ständig die falschen Tasten und musste ein paarmal von vorne anfangen. Vor lauter Hoffen und Bangen, was ich wohl erfahren würde, war ich ganz aufgeregt.
    »Ich habe die Namen für Sie«, sagte er.
    »Das ging ja schnell. Ich weiß Ihre Mühe sehr zu schätzen.«
    »Mein Freund hofft schon lange auf einen Durchbruch in diesem Fall. Die Mädchen heißen Tammy und Nicole Gelsinki. Er hat mit Tammy gesprochen. Sie lebt in Victoria und ist bereit, sich mit Ihnen zu unterhalten, aber sie ist ziemlich nervös. Haben Sie was zu schreiben?«
    Ich notierte mir Tammys Nummer, während er mir berichtete, was Mark ihr über mich erzählt hatte und dass Tammy nicht verraten hatte, wo Nicole lebte. Ob es ihr leichter fallen würde, mit mir anstelle der Polizei zu reden?
    Als er fertig war, sagte ich: »Sind Sie mal draußen bei der Kommune gewesen?«
    »Klar, und ich habe mich mal umgesehen.« Mein Magen zog sich zusammen, als ich an meinen letzten Besuch dort dachte. »Aber an der Stelle, die Sie beschrieben hatten, war mit bloßem Auge nichts zu erkennen. Wir bräuchten einen Spürhund, der dort mal ein bisschen rumschnüffelt.«
    Das Wort »Spürhund« traf mich hart. Ich brauchte ein paar Sekunden, um mich wieder zu sammeln. »Die Polizei wird sich die Sache wohl nicht näher ansehen, oder?«
    »Wenn Sie mir mehr Informationen beschaffen, könnte ich

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