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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Geschichte – oder zumindest in dem Zeitraum, auf den er durch die Datenreservoire der Kultur Zugriff hatte – war die Entwicklung eines Behemothaurums noch nie festgehalten worden.
    Uagen hätte fast alles dafür gegeben, um Zeuge eines solchen Prozesses zu sein und die Antworten auf all die vielen Fragen zu bekommen, doch um auch nur im Entferntesten darauf hoffen zu können, musste er sich für lange Zeit dieser Aufgabe verpflichten.
    Er nahm an, wenn er irgendetwas davon erreichen wollte, dann würde er in sein Heimatorbital zurückkehren und sich mit seinen Professoren, seiner Mutter, seinen Verwandten und Freunden und so weiter besprechen müssen. Sie erwarteten ihn in etwa zehn oder fünfzehn Jahren zurück, damit er dann für immer dort bleiben würde, aber er war einer jener Gelehrten, die ihr Leben ihrer Arbeit widmeten, und nicht einer von denen, die für eine bestimmte Zeit voller Hingabe irgendwelche Studien betrieben, nur mit dem Ziel, sich zu profilieren. Er empfand kein Gefühl des Verlustes bei solchen Überlegungen; nach seinen ursprünglichen humanoiden Maßstäben der Lebenserwartung hatte er bereits ein langes, erfülltes Leben geführt, als er erstmals beschlossen hatte, Student zu werden.
    Die lange Reise zurück nach Hause erschien ihm jedoch ein wenig erschreckend. Die Luftsphäre Oskendari stand nicht in regelmäßigem Kontakt mit der Kultur (und auch mit sonst niemandem, nebenbei bemerkt), und – soweit Uagen gehört hatte – das nächste Schiff mit planmäßigem Kurs in eine Richtung, die es irgendwo in die Nähe des Systems bringen würde, wurde frühestens in zwei Jahren erwartet. Es könnte zwar sein, dass irgendein anderes Schiff schon früher einmal vorbeikäme, aber er würde noch länger brauchen, um nach Hause zu kommen, wenn er die Reise auf einem fremden Fahrzeug antreten würde, immer vorausgesetzt, man würde ihn überhaupt mitnehmen.
    Selbst wenn er ein Kultur-Schiff nehmen würde, würde die Heimreise mindestens ein Jahr in Anspruch nehmen – das hieße also, ein Jahr, um dorthin zu gelangen, und was dann die Rückreise betraf… als er sich das letzte Mal erkundigt hatte, war für kein Fahrzeug der Kurs so weit im Voraus festgelegt gewesen.
    Man hatte ihm ein eigenes Schiff angeboten; das war vor fünfzehn Jahren gewesen, nachdem bekannt geworden war, dass ein lenkbares Behemothaurum sich damit einverstanden erklärt hatte, den Gastgeber für einen Kultur-Gelehrten zu spielen, aber ein Sternenfahrzeug für eine einzelne Person abzukoppeln, die es nur ein einziges Mal in zwanzig oder dreißig Jahren benutzen würde, war – nun ja – übermäßig verschwenderisch erschienen, selbst nach Kultur-Maßstäben. Dennoch, wenn er bleiben und möglicherweise seine Freunde und seine Familie niemals mehr lebend wiedersehen würde, dann hatte er keine andere Wahl, was seine Rückkehr betraf. Wie auch immer, er musste sich die Sache gründlich überlegen.
    Yoleus’ Unterkünfte Für Geladene Gäste waren an einer Stelle platziert, wo sie den Besuchern des Geschöpfes einen angenehmen und luftigen Ausblick boten. Nachdem Yoleus angefangen hatte, Muetenive den Hof zu machen und dem angebeteten Wesen mit wenig Abstand zu folgen – etwas unter und hinter dessen Rumpf –, waren die Unterkünfte schattig und bedrückend geworden. Viele Leute waren weggegangen, und nach Uagens Eindruck waren die verbliebenen Gäste ein stark von Klatsch und Tratsch besessener, überdrehter Haufen, während er seinerseits letztendlich ja hier war, um zu studieren. Deshalb verbrachte er weniger Zeit in geselligen Runden als früher und mehr Zeit entweder in seinem Arbeitszimmer oder er durchstreifte die weitläufigen Flächen des Behemothaurums.
    Er hing vom Laubwerk herab und arbeitete schweigend.
    Schwärme von Pseudonukleolen durchstreiften die Spin-Windungen um die beiden riesigen Gestalten herum; Säulen und Wolken aus unendlich kleinen dunklen Formen. Es war der Flug eines Pseudonukleolenschwarms, den Uagen auf der glyphographischen Tafel zu beschreiben versuchte.
    Schreiben war natürlich kaum das richtige Wort für das, was Uagen tat. Man schrieb nicht einfach nur auf eine Glypho-Tafel. Man griff mit dem Digitalstift in den Holo-Raum und schnitzte und formte und versah mit Farben und maserte und mischte und balancierte und markierte, alles gleichzeitig. Sogenannte Glyphos waren handfeste Poesie, gestaltet aus nichts Handfestem. Sie waren echte Zauberbanne, vollkommene Bilder, ultimative, System

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