Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bliefe von dlüben: Der China-Crashkurs (German Edition)

Bliefe von dlüben: Der China-Crashkurs (German Edition)

Titel: Bliefe von dlüben: Der China-Crashkurs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Y. Schmidt
Vom Netzwerk:
das sogenannte Pinyin. Das ist für Anfänger und Halbchinesen wie mich zum Chinesischlernen gut zu gebrauchen. Etwas Pinyin zu beherrschen kann übrigens keinem schaden, auch dem nicht, der kein Chinesisch lernen will. Schließlich sollte man wissen, wie chinesische Namen ausgesprochen werden, allein um keinem Vertreter der zukünftigen Weltmacht Nummer eins zu nahe zu treten. Ein Bekannter von mir, der in Deutschland lebt, heißt mit Nachnamen Zhao. Das wird auf Chinesisch ungefähr wie «Dschao» ausgesprochen. «Die Deutschen aber», klagte mir Herr Zhao, «sprechen meinen Namen immer nur wie ‹Cao› aus.» Cao aber ist – entsprechend betont – das umgangssprachliche Wort für Geschlechtsverkehr treiben, und so heißt Herr Zhao in Deutschland nur «Herr Fick». Manchmal kommt es im Chinesischen eben doch auf die präzise Aussprache an.
Allerdings verstehen sich in China nicht nur die Sprecher unterschiedlicher Dialekte miss. So wird im Hongkonger Parlament, dem Legco, nur Kantonesisch gesprochen. Trotzdem kam es hier zu einem heftigen Disput, als sich im Januar 2009 Chief Executive Donald Tsang während einer aktuellen Fragestunde angeblich zu einem kantonesischen Schimpfwort hinreißen ließ, das sinngemäß so etwas wie «Bullshit» bedeutet. Im später veröffentlichten Protokoll war aber statt des Kraftausdrucks nur das Wort «Debatte» zu lesen. Der Abgeordnete Leung «Long Hair» Kwok-hung (vgl. «Im Spaßreservat», S.   82) forderte daraufhin den Rücktritt Tsangs, da er das Protokoll habe fälschen lassen. Ein Regierungssprecher dementierte und bekräftigte noch einmal, Tsang habe «Debatte» gesagt. Tatsächlich klingen im Kantonesischen die Worte «Bullshit» und «Debatte» so ähnlich, und tatsächlich ist es ja auch oft dasselbe. Donald Tsang kam jedenfalls dieser Gleichklang zu Hilfe, und er trat nicht zurück. Long Hair und ich aber wetten weiter: Er hat «Bullshit» gesagt.

27 Ich rieche, rieche Menschenfleisch
    Während der Olympischen Spiele in Peking kamen Tausende von ausländischen Journalisten nach China, die zuvor noch nie hier waren. Statt die Gelegenheit zu nutzen, sich erst einmal in unserer prächtig herausgeputzten Hauptstadt umzusehen, setzten sich einige von ihnen als Erstes an die Rechner im Olympiapressezentrum und klickten Dalai-Lama- und Falun-Gong-Seiten an. Als sie daraufhin nur die hierzulande übliche Fehlermeldung zu sehen bekamen («Connection interrupted»), schrieben sie feurige Artikel für die Zeitungen zu Hause, in denen sie die chinesische Internetzensur geißelten. Eigentlich aber hätten sie schreiben müssen: «Wir sind zu doof.» Wer nämlich nur ein bisschen über das Internet in China Bescheid weiß, der lädt sich Software runter, mit der man über Proxyserver sämtliche Internetblockaden des «Great Firewall of China» einfach umgehen kann. Zensur ist deshalb auch der falsche Name für das, was mit dem chinesischen Internet geschieht. Es sollte Fortbildungsmaßnahme oder Intelligenztest heißen.
     
    Nur die Ungebildeten müssen sich vorerst noch mit gefilterten Informationen begnügen. Das ist wahrscheinlich auch ganz gut so, sieht man sich einmal an, was auf den Seiten steht, die die Journalisten im Olympiapressezentrum unbedingt lesen wollten. Auf den gesperrten Falun-Gong-Seiten wie der deutschsprachigen minghui.de beispielsweise finde ich auf den ersten Blick nur wirres Zeug: «Alle störenden Gottheiten innerhalb der Drei Weltkreise, die sich an der Störung der Fa-Berichtigung beteiligt haben, umfassend auflösen», heißt es da fordernd, oder: «Multikultivierende, bitte lasst das menschliche Herz los.» Was diese Sätze bedeuten sollen, bleibt so dunkel, wie es klingt, denn die Links, hinter denen sich eine Auflösung verbergen könnte, funktionieren nicht – weder in China noch in Deutschland.
    Vielleicht sind daran Dämonen schuld, über die der in den USA lebende Falun-Gong-Boss Li Hongzhi in der Sektenbibel «Zhuan Falun» schreibt: «Mancher Dämon erscheint in Form von Informationen aus einem anderen Weltraum, damit irgendeine Sache in dem Moment, wo du dich zum Praktizieren hinsetzt, als Störung auftritt … Manchmal kommt es … zu Stimmengewirr wie zum Beispiel zu Geräuschen von Fußschritten, zum Zuknallen einer Tür, Hupen von Autos, Klingeln von Telefon usw., sodass du nicht in der Lage bist, zur Ruhe zu kommen.» Ja, diese Dämonen gibt es hierzulande tatsächlich sonder Zahl, und ich kenne sie sehr gut. Doch dachte ich

Weitere Kostenlose Bücher