Blind Date mit Folgen - Roman

›Room2Chat‹ ein. Diese letzte Aussage von FEUER33 konnte sie nicht auf sich sitzen lassen. Ihr Holz war überhaupt nicht nass, sondern trocken und sehr brennbar. Es benötigte nur den richtigen Zünder. Dies musste sie ihm unbedingt schreiben.
    Bald nachdem sie die Zeilen abgeschickt hatte, erhielt sie bereits eine Antwort. Um diese Zeit war er im Chat? Sie war sich nun fast sicher, dass er allein lebte.
     
    FEUER33:
    Hallo, hier ist ja eine alte Bekannte! :-) Kannst du auch nicht schlafen, dass du dich zu solch später oder besser gesagt früher Stunde hier herumtreibst?
     
    Jetzt war der Moment, dies zu klären. Sie trank einen großen Schluck Kaffee und biss herzhaft in ein Brot.
     
    von SECRETS an FEUER33:
    Ja, ich hab Mühe mit dem Schlaf. Und du? Gibt es bei dir keine bessere Ablenkung als den Chat …?
     
    Das war zwar etwas sehr direkt, schließlich ›kannte‹ sie ihn erst seit ein paar Stunden. Aber was spielte das für eine Rolle, hier war sie anonym und konnte fragen, was sie wollte.
    Die Antwort dauerte diesmal etwas länger.
     
    FEUER33:
    Meine Ablenkung schläft. Und die zweite Ablenkung schläft im Kinderzimmer nebenan.
     
    Maira stockte und für einen kurzen Moment machte sich ein negatives Gefühl breit. Aber wieso nicht, wieso sollte er nicht verheiratet sein und Familie haben?
     
    FEUER33:
    Enttäuscht? Hast du selber keine Kinder?
     
    Nein, wieso sollte sie enttäuscht sein? Wie lächerlich. Was bildete er sich ein? Sie hatten ja kaum zwei Worte ausgetauscht.
    Aber warum dann plötzlich diese dumpfe Empfindung?
    Sie aß ihr Brot auf und machte sich über das Müsli her. Während sie genussvoll auf den knusprigen Schokoflocken kaute, überlegte sie sich die Antwort.
     
    von SECRETS an FEUER33:
    Nein, ich hab keine Kinder. Enttäuscht? Etwas. Versteh’ mich nicht falsch, ich bin nicht auf der Suche nach meinem Traummann. Aber ich hätte nichts dagegen, ein kleines Feuer zu entfachen. Es sollte wohl nicht mit dir sein. Trotzdem, danke für die Ehrlichkeit.
     
    Schon wieder gab sie zu viel von sich Preis, Mist, aber die Enter-Taste war bereits gedrückt. Mit ›Feuer‹ meinte sie ja nicht nur Sex, sondern Schmetterlinge im Bauch, Kribbeln, Herzklopfen. Am besten die ganze Palette auf einmal. Maira war überzeugt, dass man dafür nicht unbedingt große Liebesgefühle benötigte, es musste einfach knistern.
     
    FEUER33:
    Wenn du unseren Chat nun abbrechen willst, kann ich es verstehen. Aber du hast doch sicher selber einen Freund oder Partner …
     
    Maira klärte ihn in knappen Zeilen über ihren Singlestatus auf und entschied dann, dass dies nicht die Art von Konversation sei, die sie um diese Zeit brauchte. Eigentlich gab es den richtigen Zeitpunkt für dieses Gespräch gar nicht.
    Sie war sich ihrer eigenen Schroffheit bewusst, konnte es aber nicht mehr ändern. Sollte er doch denken, was er wollte. Sie wünschte FEUER33 einen guten Start in den Tag und wartete seine letzte Antwort ab.
     
    FEUER33:
    Moment noch, warte … Jetzt bist du böse. Schau, ich bin nicht hier, weil ich Dates suche, denn ich bin glücklich in meiner Ehe. Ich chatte, wenn ich alleine sein will, aber doch nicht ganz. Es ist wie ein kleines Refugium vom Alltag. Und mit dir macht es wirklich Spaß. Es ist speziell. Ich hätte es vielleicht von Anfang an unterlassen sollen, aber ich konnte es nicht. Wo wohnst du eigentlich?
     
    Wo sie wohnte? Was sollte sie nun davon halten? Spaß machte es also. Ihr machte es ja selbst Spaß, aber diese Art von Vergnügen wollte sie nicht am Computer ausleben, deshalb schrieb sie:
     
    von SECRETS an FEUER33:
    Weißt du, im Gegensatz zu dir bin ich hier, um … um jemanden zu treffen, mit dem ich eine schöne Zeit verbringen kann. Ich mag nicht stundenlang chatten, wenn dabei nichts rauskommt. Das klingt vielleicht oberflächlich, aber so ist es. Also, was machen wir?
    PS: ich finde es auch speziell …
     
    FEUER33:
    Sagst du mir, wo du wohnst?
     
    Als Maira ihm ihren Wohnort nannte, kam ein Smiley zurück, denn er wohnte in Berlin, was nicht gerade um die Ecke lag. Er hatte ganz vergessen, dass ›Room2Chat‹ natürlich im gesamten deutschsprachigen Raum genutzt wurde. In Zürich kannte er nur den See und die Altstadt, erklärte ihr aber, dass er sich geschäftlich häufig in München – nur eine knappe Flugstunde entfernt – aufhielt. Trotz der Wende, die das Gespräch genommen hatte, war Maira entmutigt. Er war nicht nur vergeben, er wohnte auch noch zu weit weg.