Blind Date mit Folgen - Roman
von der Stirn. Seine Hände bebten und er musste aufpassen, die Flüssigkeit nicht zu verschütten. Sie fuhr nach München und er konnte sie nicht aufhalten.
Ohnmächtig hatte er mitansehen müssen, wie sie dem Typen hinterher höselte. Er wollte sie von ihrem Plan abbringen, doch er musste unauffällig vorgehen und wartete deshalb, bis sie sich wieder bei ihm meldete, um ihr ›Abenteuer‹ – oder was auch immer es für sie darstellte – mit ihm zu besprechen. Aber sie rief ihn nicht mehr an. Vielleicht hatte sie Stress im Büro. Aber für den anderen hatte sie Zeit?! Er war sogar bei ihr vorbeigefahren und wollte ihr seine Liebe ein für allemal gestehen, es hätte nicht viel gefehlt. Sein Bauchgefühl hielt ihn jedoch zurück, es war nicht der richtige Zeitpunkt. Mit ihrem egoistischen Verhalten überschritt sie jetzt aber die Grenze! Wie ein Stück verdorbenes Fleisch ließ sie ihn fallen, für einen anderen. Seit der Kindheit, seit seiner Mutter hatte ihm niemand mehr so eindeutig gezeigt, dass er nichts wert war.
Nach dem Verschwinden seiner Mutter lebte er zuerst in Jugendheimen, dann bei seinem Vater, den er wegen seiner vielen Geschäftsreisen selten zu Gesicht bekam. Das hatte ihm nichts ausgemacht, denn es war seine Mutter, die er trotz ihres Versagens liebte und die ihm alles bedeutet hatte. In Maira war – viele Jahre später – etwas von ihr zu ihm zurückgekehrt, sie hatte das Loch der Einsamkeit gestopft und wurde zu seinem neuen Lebensmittelpunkt. Von Anfang an suchte er ihre Bewunderung und Anerkennung, oft verzweifelt. Je länger sie ihm ihre Liebe vorenthielt, desto mehr wuchs seine Besessenheit. Sie gehörte ihm.
Svens Finger gruben sich durch das Hemd in den Bauch, denn er verspürte plötzlich den starken Drang, seine Faust ins Aquarium zu schmettern. Er drückte so fest, dass es schmerzte. Durch dieses selbstverletzende Verhalten zwang er sich zur Ruhe.
Sven schob die Abdeckung beiseite, als das Telefon klingelte. Er hielt mitten in seiner Bewegung inne. Das Blut in seinen Ohren rauschte.
Wer konnte das sein …? Einen Augenblick stand er unbeweglich, dann schüttelte er die Starrheit ab, und während es weiterklingelte, öffnete er die Wodkaflasche und leerte unter Pacinos wachem Blick den ganzen Inhalt ins Wasser. Er sah fasziniert zu, wie sich die Alkoholwolke verteilte und wartete neugierig auf die Wirkung. Fast tat es ihm um die geschenkten Fische leid, aber die Investition hatte sich definitiv gelohnt, denn jedes Mal war sie ihm um den Hals gefallen und er hatte dabei ihre weichen Brüste an seinem Körper gespürt.
Das Telefon klingelte zum sechsten Mal. Er hoffte, dass die Fische spätestens bis zu Mairas Rückkehr mausetot waren. Bis jetzt tat sich noch gar nichts, die Tiere schwammen frischfröhlich weiter. Es würde wohl seine Zeit brauchen. Er schob das Abdeckglas wieder zu und begab sich in Mairas Schlafzimmer. Je länger es dauerte, desto qualvoller würde es sein.
Das Klingeln hatte aufgehört und der Anrufbeantworter sprang an: »Ihr seid bei Maira. Nachricht hinterlassen oder nochmals versuchen, danke!« Beschwingt drang Mairas Stimme aus dem Lautsprecher. Das Gerät machte einige Spulgeräusche, dann begann jemand zu sprechen:
»Bella, wollte nur einen Willkommensgruß bei dir deponieren, damit du eine vertraute Stimme hörst, wenn du von München heimkommst. Ich denk an dich, ciao meine Liebe!«
Das war Eveline, die zweite Hälfte der Fondue-Connection, wie er Maira im Doppelpack mit ihrer Freundin nannte. Fondue, weil das Schweizer Käsegericht beim Essen lange, unappetitliche Fäden zog und schwer verdaulich war. Genauso traf dies auf Eveline zu: schleimig und nur in beschränktem Maße genießbar. Er hatte weder sie noch Fondue je gemocht. Er fühlte sich von ihr beobachtet und sie gab ihm immer das Gefühl, für Maira nicht gut genug zu sein. Ständig versuchte sie, Maira mit irgendwelchen Idioten zu verkuppeln, statt einzusehen, dass der Richtige längst da war. Eveline sollte sich mehr um ihren eigenen Kram kümmern, sonst würde ihm der Geduldsfaden einmal reißen, aber soweit er wusste, besaß sie keine Haustiere. Na ja, es gab noch andere Möglichkeiten.
Er legte sich auf Mairas Bett unter den Baldachin und nahm ihr Foto aus seiner Brieftasche, die er immer in seiner schwarzen Jeans trug. Mit geschlossenen Augen fing er an, es langsam über seinen Körper zu reiben. Er hörte sein langes Stöhnen, als die schnelle Erlösung kam. Die
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