Blind Date mit Folgen - Roman
ins Schlafzimmer, wo sie sich Jeans und T-Shirt überstreifte. Dann hastete sie zurück zum Laptop und suchte im Internet nach der nächsten Maschine, die an diesem Abend nach München flog.
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Sie hatte ihm den Israeli auf dem Silbertablett geliefert! Was für eine verwegene Show, die er damals abgezogen hatte. So viel Chuzpe hätte er dem Typen nie und nimmer zugetraut. Sich selbst auszulöschen, so ganz von der Welt zu verschwinden. The next Uri Geller. Er sollte es mal mit der Show versuchen.
Die Wanduhr bei der Rezeption zeigte 18 Uhr. Der Zeitpunkt war günstig. Jetzt musste er Deborah mit seinem Teil der Erzählung einlullen und sie für sein späteres Vorhaben ,präparieren‹. Er hatte nur eine Chance und durfte sich keinen Fehler leisten, denn intelligent, wie er sie einschätzte, würde sie Unstimmigkeiten in der Geschichte sofort bemerken.
Während er auf sie wartete, bestellte er neue Drinks, für sich einen schwachen Gin Tonic, für sie einen Scotch. Deborah kam zurück und setzte sich auf das Zweiersofa neben ihm. Eine Wolke aus Seife breitete sich aus.
»Dass sie sich nach all den Jahren im Chat treffen, ist schon fast beängstigend«, nahm er den Faden einen Moment später wieder auf. »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das erzählen soll, aber …« Er bremste sich theatralisch und rang nach den richtigen Worten. Er musste genau auf ihr Herz zielen, ihre empfindlichste Stelle treffen, um in ihr den Wunsch nach Rache zu entfachen.
»Bitte, Sven, ich muss alles wissen.« Sie lehnte sich vor und sah ihn inständig an. Deborah war ihm nun so nahe, dass er beinahe ihren Atem auf seinem Gesicht spürte.
»Ich möchte Sie nicht noch mehr verletzen, Deborah. Doch ich verstehe Ihren Drang nach der Wahrheit. Sie haben ein Recht darauf.« Bevor er weitersprechen konnte, kam der Kellner mit den neuen Getränken und stellte sie auf den Tisch.
»Ich muss mit dem Trinken aufhören, mir ist schon ganz heiß«, meinte sie und tatsächlich leuchteten ihre Wangen rot. Er nickte verständnisvoll und rührte auch sein Glas für eine Weile nicht an.
Jetzt oder nie.
»Es ist von Anfang an alles von Ihrem Mann ausgegangen«, begann er und setzte dabei den geübten, mitfühlenden Sprechstundeblick für Frauen ab 50 auf. Dass sie dieses Alter noch nicht erreicht hatte, spielte keine Rolle. »Er war es, der Maira, oder besser SECRETS, im Chat angesprochen hat, mit ihr zu flirten begann und schon kurz darauf ein Treffen vorschlug. Ein …«, er unterstrich das Wort mit einer langen Pause, »eindeutiges Treffen.« Voilà. Wie wenn man einem Patienten eine schlechte Nachricht überbrachte. Er wollte sie nicht schonen, sie hatte Prügel verdient, weil sie seine Frau war.
Äußerlich nahm sie seine Worte gefasst auf und sah ihn mit regloser Miene an, also sprach er weiter.
»Maira war neu im Chat, ich glaube, mit ihrem Mann hatte sie einen ihrer ersten Chats überhaupt. Sie war nicht auf der Suche nach einem Date, sie wollte sich einfach unterhalten. Sie haben Maira ja gesehen, sie hat kein Blind Date nötig, sie könnte jeden Mann haben, den sie wollte. Aber Yaron, ich meine, Alex hat so lange darauf gedrängt, bis sie sich überzeugen ließ.« Kurze Pause. Weiter. »Es war Maira von Anfang an klar gewesen, dass er ein Sexabenteurer suchte, deshalb wollte er sie gleich am Abend im Hotelzimmer treffen und nicht am Nachmittag auf einen Kaffee oder in einer Bar oder sonst wo, wie sie es vorgeschlagen hatte … und wie es üblich wäre. Übrigens, einer der Gründe, warum sie zusagte, war sein Charme und Witz und wie er im Chat mit ihr flirtete. Das hat ihr gefallen. Das waren so in etwa Mairas Worte. Und ganz abgeneigt war sie einem Techtelmechtel nicht, sie ist ja seit Langem solo. Sie hat ihn zwar gefragt, ob er eine Frau oder Familie hatte, allerdings verneinte er dies vehement.« Er beobachtete die Wirkung seiner Worte. Immer noch keine Regung. Nicole Kidmans Miene war ausdruckslos.
»Deborah, soll ich aufhören?« Nein, erzählen Sie weiter, würde jetzt kommen. Da wettete er drauf.
»Nein, erzählen Sie weiter. Ich will alles hören.«
»Na, jedenfalls haben sie sich getroffen, und das schon vor zwei Wochen. Sie verbrachten Zeit im besagten Hotelzimmer, haben es aber verlassen, als sie … fertig waren. Es hat nicht länger als zwei Stunden gedauert. Deborah, sie sind einfach zu spät gekommen.« Er wollte endlich eine Reaktion, einen Ausbruch sehen! Ihre versteinerte Miene ging ihm langsam auf die Nerven. Nun
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