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Blinde Angst

Titel: Blinde Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George D Shuman
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Hoffnung auf eine bessere Zukunft in ihr Verderben gelaufen.
    Jill dachte in diesen Tagen oft daran, welche Möglichkeiten sie selbst gehabt hätte, und welche sie nun noch hatte.

8
    Im Westen Haitis
    Contestus, nach dem gleichnamigen Heiligen benannt, war eine Bergkirche, von Sklaven auf dem Steinbruch gebaut, aus dem man das Baumaterial gewann. Die Franzosen mussten sich Sklaven aus Afrika für die Zucker- und Kaffeeernte holen, weil die Spanier vor ihnen die indianische Urbevölkerung schon sehr dezimiert hatten.
    Es hieß, dass der dunkle Mörtel, mit dem man den Marmor in den Boden und die Wände eingesetzt hatte, vom Blut der Afrikaner gerötet war. Ebenso hatte das Blut der Priester die Felsen der Monts de Cartache verfärbt, als sie rund hundert Jahre später in einem Aufstand in die Tiefe geworfen wurden. Dieser Aufstand von 1791 führte zur Gründung der ersten freien schwarzen Republik dieser Erde.
    Contestus verfiel im Laufe des folgenden Jahrhunderts zur Ruine. Die Türme wurden höchstens noch von Erforschern der Insel bewundert und bildeten einen Orientierungspunkt für die ersten Flugzeugpiloten. Im Jahr 1927 wurde die Kirche von dem mulattischen Kaffeemillionär Christian Rousseau gekauft. Der restaurierte die großartige Ruine aus Stein und Marmor zu einer Mischung aus einem mittelalterlichen Schloss – komplett mit Befestigungswall und Ritterrüstungen – und einem Landsitz, dessen alte Türme aus dem Urwald ragten. Der Landsitz thronte hoch über der Windward-Passage zwischen Haiti und Kuba.
    Der Steinbruch dahinter wurde aufgegeben; stattdessen wurden Pferdeställe und große Lebensmittellager für die Gäste und das Personal errichtet.
    Schließlich kam ein ehemaliger Landarzt an die Macht, und Haiti trat in seine dunkelste Epoche ein. In den folgenden dreißig Jahren wurde das Volk von den Duvaliers terrorisiert. Sie zerstörten das Land, plünderten seine Ressourcen und richteten die ganze Wirtschaft zugrunde. François »Papa Doc« Duvalier und später sein Sohn »Baby Doc« hinterließen ein blutiges Erbe, und Contestus wurde zu einem geheimen Zentrum des Terrors.
    Papa Doc Duvaliers Regentschaft war von absoluter Willkür und Korruption geprägt. Drei Jahre nachdem er als Präsident an die Macht kam, erlitt er einen schweren Herzinfarkt und lag daraufhin im Koma. Nachdem er neun Stunden bewusstlos war, stimmten seine eigenen Berater darin überein, dass er einen irreparablen Gehirnschaden erlitten haben musste. Als Papa Doc aus dem Koma erwachte, behauptete er, vom Voodoogott Baron Samedi besessen gewesen zu sein, dem Gott des Todes, der von den Haitianern als Totenkopf mit Zylinder dargestellt wurde. Duvalier verschwendete keine Zeit und ließ sich zusammen mit Jesus Christus porträtieren, der an seinem Thron stand und ihm die Hand auf die Schulter legte. Er begann wie Baron Samedi aufzutreten, trug einen Zylinder und sprach mit näselnder Stimme. Duvalier speiste den alten Mythos von den Zombies, die auf der Erde wandelten.
    1961 löste er die Armee des Landes auf, weil er einen Militärputsch befürchtete, und ersetzte sie durch eine Mischung aus Geheimpolizei und Spezialmiliz. Ihren Angehörigen gewährte er Immunität vor Strafverfolgung für künftige Verbrechen. Anstelle eines Gehalts durften sie das unter sich aufteilen, was sie von »Staatsfeinden« erbeuteten.
    Sie fanden viele »Staatsfeinde«.
    Im Jahr 1964 ließ Papa Doc den Kommandanten seiner Geheimpolizei hinrichten, weil ihm der Mann zu mächtig wurde, und darüber hinaus auch zahllose Zivilisten. Er erklärte sich selbst zum Präsidenten auf Lebenszeit und ernannte Jean Bedard, einen jungen Akademiker aus den Slums von Port-au-Prince, zum neuen Kommandanten der Geheimpolizei, die als Tontons Macoutes, die »bösen Onkel«, bekannt waren.
    Die Tontons Macoutes unter ihrem Kommandanten Bedard machten sich als Erstes daran, die mulattische Elite auszulöschen, die das Land beherrschte, und ihr Vermögen für den »Präsidenten« zu konfiszieren. Bedard führte seine Aufgabe mit erschreckender Effizienz durch.
    Die Macoutes, zehntausend Mann an der Zahl, verschonten niemanden, auch nicht Frauen und Kinder. Sie zogen von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf, brannten Häuser nieder, plünderten und vergewaltigten. Als sie Contestus erreichten – der Kaffeemagnat Rousseau war längst nach Frankreich geflüchtet –, ließ Bedard das Gelände von seinen mit Macheten bewaffneten Männern in Besitz nehmen, die stets mit

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